INV-BRI935 Unterer Sennhof, 1850 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BRI935
Signatur Archivplan:BRI935
Titel:Unterer Sennhof
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Brittnau
Ortsteil / Weiler / Flurname:Unterer Sennhof
Adresse:Sennhofstrasse 373
Versicherungs-Nr.:373
Parzellen-Nr.:102
Koordinate E:2634545
Koordinate N:1234441

Chronologie

Entstehungszeitraum:1850
Grundlage Datierung:Inschrift (Hauseingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Ländlicher Oberschichtbau

Dokumentation

Inschriften:1850 (Hauseingang)
Würdigung:1850 durch den wohlhabenden Landwirt Friedrich Däster errichtetes prächtiges Bauernhaus im Unteren Sennhof. Der äusserlich im Originalzustand erhaltene Wohnteil ist ein überaus stattlicher, spätklassizistischer Mauerbau mit prägendem Mansarddach. Der breitgelagerte, von Ecklisenen gefasste Baukörper ist streng axial gegliedert und regelmässig durchgestaltet. In der fünfachsigen Strassenfassade setzt das profilierteTürgewände mit dem kunstvoll beschnitzten Biedermeiertürblatt aus Eichenholz einen wichtigen Akzent. Der nördlich anschliessende Scheunentrakt wurde 1963 erneuert (nicht Teil des Schutzumfangs).
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Bezeichnung "Sennhof" lässt darauf schliessen, dass es sich ursprünglich um einen Lehenhof handelte, zu dem der adelige Grundherr das Vieh stellte, während der Pächter eine Sennerei betreiben und der Grundherrschaft einen Teil der daraus gewonnenen Produkte abliefern musste [1].
1520 verkaufte Jörg von Büttikon den Hof an das Kloster St.Urban. In der zweiten Hälfte des 16.Jh. muss das riesige Gehöft aufgeteilt worden sein, denn damals unterschied man einen unteren, mittleren und oberen Sennhof. Um 1760 gelangte der Untere Sennhof in Besitz von Jakob Däster vom Weiler Saal in Balzenwil. Von dessen Sohn Hans Jakob Däster (1777-1863) gelangte das Anwesen noch zu Lebzeiten an Jakob Däster (1805-1870). Im Testament vom 12. Juni 1847 ist von einem hölzernen, mit Stroh gedeckten Haus mit gemauerter Scheune, Speicher und Ofenhaus die Rede. Gemäss Michaeliskarte von 1840 dürften die alten Gebäulichkeiten auf der gegenüberliegenden, östlichen Strassenseite gestanden haben, wo sich heute verschiedene neuere Ökonomiebauten befinden.
1850 liess sich Jakob Däster westlich der alten Hofanlage ein neues, stattliches Bauernhaus errichten, dessen prominente Ausstrahlung vom Wohlstand der Familie zeugt. Im Brandkataster von 1850 ist es als "Wohnhaus und Scheune von Mauer, 2 gewölbten Kellern, eingemachte und beschindelte Laube, Mansarddach mit Wohnung, unter Ziegeldach", mit einem aussergewöhnlich hohen Versicherungswert von 13'000 Franken, verzeichnet [2]. Jakob Dästers Nachkommen, die beiden ledigen Gebrüder Jakob (1826-1886) und Friedrich Däster (1831-1897), bewirtschafteten das über hundert Jucharten grosse Gut gemeinsam. Nach Jakobs Tod 1886 übersiedelte Friedrich Däster in das 1859 erbaute Käsereigebäude [3] und verpachtete den Hof. Später überschrieb er sämtliche Liegenschaften sowie einen grösseren Geldbetrag der Kulturgesellschaft Zofingen für den Bau der "Dästerschen Rettungs- und Erziehungsanstalt für Knaben". Diese wurde 1898 auf dem angrenzenden Gemeindegebiet von Vordemwald eröffnet und 1931 in ein Alters- und Pflegeheim umgewandelt.
Der nordseitig anschliessende Scheunentrakt wurde 1963 von Grund auf erneuert (nicht Teil des Schutzumfangs).
Beschreibung:Das stattliche bäuerliche Wohnhaus erhebt sich als behäbiger Mauerbau unter mächtigem Mansarddach, das mit Teilwalm und Ründe ausgestattet ist. Mit seiner Eingangsseite steht es traufständig zur östlich gelegenen Sennhofstrasse, während aber die südliche Stirnfront mit dem vorgelagerten Bauerngarten als eigentliche Schaufassade ausgebildet ist. Unter dem Vorschermen der Rückseite duckt sich eine geschlossene, früher schindelverschalte Obergeschosslaube, abgestützt auf schlanke toskanische Holzsäulen mit schützendem Klebdach (Säulen bei der letzten Renovation durch Vierkant-Holzpfosten ersetzt) [4].
Der annähernd quadratische, von gequaderten Ecklisenen und einem verkröpften Gurtgesims gegliederte Baukörper ist streng symmetrisch durchgeformt. Für die Hausteinpartien wurde ein lokaler grünlicher Sandstein verwendet. Die axial angeordneten Rechteckfenster sind mit Ladenfalz und kräftig profilierten Blockbänken versehen. Eine klassizistische Formensprache zeigt auch das zentral gelegene Hauptportal, dessen profilierte Türumrahmung von einem Gesimse mit Zahnschnittfries bekrönt wird. Das Baujahr 1850 erscheint in Metallziffern am Oblicht der zweiflügligen Tür, welche noch über die originalen zierbeschnitzten Füllungen und hübsche Messingbeschläge verfügt.
Das Hausinnere erschliesst ein Stichgang mit zugehörigem Treppenhaus. Die Küche befindet sich in der Mitte der rückwärtigen Haushälfte; ehemals verfügte sie über einen direkten Zugang von der Hausrückseite her. Die Hauptwohnräume Stube und Nebenstube liegen an der südlichen Stirnseite und werden durch einen gemeinsamen, von der Küche aus beschickten Kachelofen aus den 1940er Jahren beheizt. Zur Scheune hin schliessen zwei weitere Kammern an, wovon die eine heute als Vorraum des verlegten hinteren Hauseingangs dient. Im Obergeschoss ist die Raumeinteilung erheblich verändert; nennenswerte historische Ausstattungseile sind keine erhalten. Das Dachgeschoss diente ehemals als Lagerraum, ehe es in den 1980er Jahren zu Wohnzwecken ausgebaut wurde. Unter der Stube und Nebenstube verläuft quer zur Firstrichtung ein tonnengewölbter Keller, welcher über einen Innen- und einen Aussenzugang verfügt (Hausinneres gemäss Kurzinventar von 1997).
Anmerkungen:[1] Zur Geschichte des Sennhofs in Brittnau vgl. Brack/Buchmüller 1978, S. 73-74; Buchmüller 2000, S. 11-20.
[2] Staatsarchiv Aargau; CA.0001/0913-0916, Brandkataster Gemeinde Brittnau, 1850-1937.
[3] Von diesem gegenüber dem Hauptbau stehenden Haus sind nur noch die Kellergewölbe erhalten; darüber erhebt sich ein Neubau mit Garagen und Schopf (gemäss Kurzinventar von 1997).
[4] Typenähnliche Laubenkonstruktionen finden sich beim 1808 datierten Landhaus Strählgasse 12 (Kantonales Denkmalschutzobjekt BRI003) sowie beim stattlichen Bauernhaus Zofingerstrasse 47 um 1800 (Bauinventarobjekt BRI918). Im Ortsteil Riken der Nachbargemeinde Murgenthal zeigt das stattliche Bauernhaus Gamper (Kantonales Denkmalschutzobjekt MUT002) eine ähnliche Konstruktion.
Literatur:- Alfred Brack/Kurt Buchmüller, 150 Jahre Sparkasse Mättenwil 1828-1978, Jubiläumsschrift über Entstehung und Entwicklung, ergänzt mit dorfgeschichtlichen Beiträgen, Brittnau 1978.
- Kurt Buchmüller, Vom Rittergut zur Dästerschen Rettungsanstalt, vom Mittelalter bis in die Gegenwart, in: Dichtung und Wahrheit, der Sennhof in Licht und Schatten der Geschichte, Vordemwald 2000, S. 11-20.
- Rudolf Weber, Von der Rettungsanstalt zum Pflegeheim, in: Dichtung und Wahrheit, der Sennhof in Licht und Schatten der Geschichte, Vordemwald 2000, S. 21-48.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2: Fricktal und Berner Aargau, Baden 2002, Abb. 688.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau; CA.0001/0913-0916, Brandkataster Gemeinde Brittnau, 1850-1937.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=31752
 

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