Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1899 - 1900 |
Grundlage Datierung: | Literatur |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Wohn- und Geschäftshaus |
Epoche / Baustil (Stufe 3): | Historismus |
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Dokumentation |
Autorschaft: | Gottlieb Belart (iun.), Baumeister, Brugg |
Inschriften: | 1900 (Konsolenfries am Eckerker) |
Würdigung: | Das 1899 nach Plänen des Brugger Baumeisters Gottlieb Belart errichtete Wohn- und Geschäftshaus ist ein historistischer Sichtbacksteinbau mit der zeittypischen Vielfalt an Materialien und Gestaltungselementen. Dank des in wesentlichen Zügen im original erhaltenen Erscheinungsbildes stellt es einen wichtigen Zeugen der Stadterweiterung am Ende des 19. Jahrhunderts dar. Als prägender Bestandteil eines Ensembles mit den Wohn- und Geschäftshäusern am Bahnhofplatz (Bauinventarobjekte BRU922 und 923) vermittelt es den ankommenden Bahnreisenden den Eindruck einer geschlossenen urbanen Blockrandbebauung. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Als in Brugg im ausgehenden 19. Jh. der industrielle Aufschwung einsetzte, entstanden an der südlichen Ausfallstrasse nach Aarau, der Bahnhofstrasse, einige villenartige Wohnhäuser sowie einzelne Wohn- und Geschäftshäuser (vgl. Bilddokumentation). Diese Entwicklung ist durchaus typisch für die Entstehung von Neuquartieren in der zweiten Hälfte des 19. Jh. in der Schweiz. Das 1899/1900 erstellte Doppelwohn- und Geschäftshaus an der Bahnhofstrasse 20/22 zeichnete der Brugger Baumeister Gottlieb Belart junior, der wahrscheinlich auch als Projektverfasser des ähnlich instrumentierten "Bazar-Huuses" (Bauinventarobjekt BRU919) an der Annerstrasse verantwortlich zeichnete. Bauherr war für die nördliche Haushälfte der Buchdrucker Eduard Epprecht und für die südlichere Haushälfte der Kaufmann Jean Ruppli. Dieser besass eine "Goldleisten und Spiegelfabrik", handelte mit Haushaltsartikeln und verkaufte an der Hauptstrasse Farben, Spiegel und Tapeten. Die beiden Obergeschosse wie auch die vielgestaltige Dachlandschaft sind bis heute in weitgehend unverändertem Zustand erhalten. Etwas grössere Veränderungen hat die Schaufensterpartie im Sockelgeschoss erfahren. In neuester Zeit wurde der stark abgewitterte Geschossgurt am südlichen Hausteil durch ein Kupfergesims ersetzt. |
Beschreibung: | Durch seine Lage in der Flucht des Verbindungsstückes zwischen Bahnhofstrasse und Bahnhofplatz wird das Doppelwohn- und Geschäftshaus als Teil des Ensembles der Wohn- und Geschäftshäuser am Bahnhofplatz (Bauinventarobjekte BRU922 und BRU923) wahrgenommen. Dem aus dem Bahnhofgebäude tretenden Reisenden vermitteln die prächtigen Schaufassaden am Bahnhofplatz das Gefühl, in einer Stadt angekommen zu sein. Am Ende des Verbindungsstückes entdeckt der Reisende das querstehende Doppelwohn- und Geschäftshaus Bahnhofstrasse 20/22, das die Illusion einer sich vom Bahnhof zur Altstadt geschlossen durchziehenden Stadtstruktur vervollständigt (vgl. Bilddokumentation) [1]. Der historistische Klinkerbau trägt ein mit Schieferplatten gedecktes Mansarddach, das ursprünglich mit einer Dachterrasse ("Dachzinne") ausgestattet war. Die Schaufassade nach Osten auf die Bahnhofstrasse akzentuieren Eckerker mit steilen Turmhelmen, wobei der nördliche als Gusseisenveranda ausgeführt ist. Sohlbankgesimse rhythmisieren die Backsteinflächen der Wohnetagen, während das in Haustein gehaltene Ladengeschoss durch seine Rustikaquaderung den Gebäudesockel kennzeichnet und durch ein kräftig profiliertes Sandsteingesims (heute teilweise mit Kupfer eingedeckt) abgeschlossen wird. Den oberen Fassadenabschluss bildet ein sorgfältig gestaltetes Kranzgesims mit Ranken- und Tiermotiven. Am grosszügig angelegten, insgesamt aufwendiger gestalteten südlichen Hausteil bekrönt ein Blendgiebel mit einem aufwendigen dreieckigen Hausteinaufsatz samt pyramidenförmiger Bekrönung die Mittelachse. Deren dreiteilige Fensterpartie öffnet sich in den Wohngeschossen jeweils auf einen über gerillten Volutenkonsolen errichteten, neobarocken Balkon mit gebauchtem Eisengeländer. Zudem finden sich aufwendig profilierte Fensterverdachungen (teilweise auf gerillten Volutenkonsolen) am ersten Obergeschoss, das damit als Hauptgeschoss ausgezeichnet wird. Das Kranzgesims dieser Mittelachse trug einst den vergoldeten Firmennamen "Jean Ruppli" (vgl. Bilddokumentation). Der südliche Eckerker besitzt als Abschluss einen hölzernen Konsolfries. Aufgemalt sind hier der Merkurstab und in flankierenden Kartuschen die Jahreszahl 1900. Beide Haushälften verfügen über einen gemeinsamen Geschäftseingang und je einen eigenen Hauseingang. An der Südfassade bewahrt der Hauseingang eine aufwändige, neoklassizistische Türeinfassung mit Volutenkonsolen, wobei das ursprünglich darüber liegende Sandsteingesimse heute dem erwähnten Kupfergesims gewichen ist. Dafür bewahrt der Zugang das originale Türblatt mit Oberlicht und einem barockisierend gehaltenen schmiedeisernen Türlichtgitter. Der ehemalige Eckzugang zum Ladenlokal an der Nordseite ist mit seinen gerillten Pfeilern und Kapitellen ebenfalls neoklassizistisch gestaltet. Im Inneren besetzt das Treppenhaus die südwestliche Gebäudeecke. Die Wohnungen sind über einen durchlaufenden Mittelgang erschlossen. In den strassenseitig angeordneten Wohnräumen haben sich hübsche Tafelparkette und Gipsdecken mit schlichten Stuckprofilen erhalten. Original sind auch die Wohnungseingänge, von denen der obere noch die ursprünglichen, geätzten Scheiben bewahrt (Inneres gemäss Kurzinventar 1996). |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung. |
Anmerkungen: | [1] Degen, Städtebauliches Gutachten 1999, o. S. |
Literatur: | - Max Banholzer / Paul Bieger, Alt Brugg, Brugg 1984. - Max Baumann, Geschichte von Windisch. Vom Mittelalter zur Neuzeit, 1983. - Max Baumann et al., Brugg erleben. Schlaglichter auf die Brugger Geschichte, 2005. - Georg Germann, Inventar der neueren Schweizer Architektur (INSA): Brugg, Typoskript, 1976 (Kantonale Denkmalpflege Aargau, Bibliothek). - Georg Germann, Bauen und Wohnen in Brugg um 1900, in: Brugger Neujahrsblätter, 1977, S. 5–16. - Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. d. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 76. |
Quellen: | - Peter Degen, Städtebauliches Gutachten Bahnhofumfeld Brugg, 1999 (Kantonale Denkmalpflege Aargau, Archiv). - Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotosammlung. |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=32022 |
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