INV-DOT906 Landhaus Fildihof mit Scheune, 1793 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-DOT906
Signatur Archivplan:DOT906
Titel:Landhaus Fildihof mit Scheune
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Dottikon
Adresse:Hendschikerstrasse 22
Versicherungs-Nr.:5, 6
Parzellen-Nr.:1678, 286
Koordinate E:2660231
Koordinate N:1248321

Chronologie

Entstehungszeitraum:1793
Grundlage Datierung:Inschrift (Türsturz vorderer Hauseingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Landhaus

Dokumentation

Inschriften:"17 J K 93" (vorderer Hauseingang, Türsturz)
Würdigung:Repräsentatives Wohnhaus mit freistehender Scheune, das 1793 in Anlehnung an ein französisches Landhaus für Jost Leonz Kuhn errichtet wurde und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine qualitätvolle innere Umgestaltung und Erneuerung des Anbaus erfuhr. Der spätbarock geprägte Mauerbau unter knappem Walmdach besticht im Äusseren durch seine elegante Stichbogenbefensterung und die symmetrische, von Bäumen flankierte Zugangssituation in der Mittelachse der Strassenfront. Das Innere und der ergänzte Quertrakt bergen eine intakte Ausstattung im späten Heimatstil. Zusammen mit der zeitgleich erstellten Scheune, die trotz einer rückwärtigen Überformung wesentliche Bestandteile der handwerklich qualitätvollen Bauweise bewahrt, bildet das Landhaus Fildihof am westlichen Ortseingang den Auftakt der kompakten historischen Bebauung. Zur stimmigen Situation tragen der 1947 nach Plänen von Gustav Ammann angelegte Garten und der alte Kastanienbaum auf dem Vorplatz der Scheune bei.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Gemäss Inschrift über dem strassenseitigen Hauseingang "17 J K 93" wurde das Landhaus 1793 erbaut. Bauherr war Jost Leonz Kuhn, ein aus spanischen Diensten heimgekehrter Vorfahre der heutigen Besitzer [1]. In der ursprünglichen Anlage dürfte das Wohnhaus nur aus dem strassenseitigen Kubus unter Walmdach bestanden haben. Der auf der Michaeliskarte von 1840 eingezeichnete rückwärtig anschliessender Quertrakt dürfte jedoch wenige Jahre später ergänzt worden sein. In diesem wurde für das Einkommen eine Weberei betrieben, während der angegliederte Landwirtschaftsbetrieb der Selbstversorgung diente. Da die handbetriebenen Webstühle im frühen 19. Jh. nicht mehr konkurrenzfähig waren, ging das Unternehmen unter dem gleichnamigen Sohn Jost Leonz Kuhn (1776–1839) konkurs und die Liegenschaft wurde von der aufstrebenden Familie Fischer (aus der die Gründer der Firma "J. L. Fischer's Söhne" hervorgingen) gekauft. Der Enkel Alexius Kuhn (1826–1907) setzte erfolgreich auf die Produktion von Strohwaren und erwarb stattdessen die Liegenschaft Wohlerstrasse 27 (Bauinventarobjekt DOT929A), einen bäuerlichen Vielzweckbau, den er vermutlich bereits selber etwas umbauen liess. Später übernahm sein Sohn Alois (1859–1945) die Firma und ergänzte das ehemalige Bauernhaus mit einem kleinen Fabrikgebäude (Bauinventarobjekt DOT929B). Durch die Heirat mit Marie Elisabeth Fischer (1867–1900) kam Alois 1902, nach deren Tod, wieder in den Besitz des Fildihofs [2]. Sein Sohn Ernst Kuhn Bruhin übernahm den Hof um 1919/20 als Pächter und ab 1927 als Besitzer und war im Dorf bald für seine innovative Landwirtschaft und Tierhaltung bekannt. Für die Schweine erwarb er 1928 an der SAFFA (Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit) in Bern eine Musterstallung (nicht erhalten). Der in den 1930er Jahren nach einem von ihm entwickelten System erbaute Grünfuttersilo aus armiertem Beton besteht bis heute. In die Zeit um 1930 fällt auch die grossvolumige Erweiterung der Scheune nach Norden durch einen rückwärtigen Quertrakt mit Einfahrt und Heukran, wodurch diese im Dachbereich und auf der Rückseite stark überformt wurde. Neben Schweinen wurden zwölf Milchkühe sowie Pferde gehalten.
Einzelne bauliche Veränderungen im Wohnhaus und im nun als Knechtenhaus dienenden Anbau fanden kurz nach 1940 statt, wobei in den Nasszellen und im Erdgeschoss des Anbaus Böden aus marmorierten Feinsteinzeugfliesen und Klinker verlegt wurden. Der durchgreifende Umbau mit weitgehender Erneuerung der Innenausstattung erfolgte 1949/50, als das Wohnhaus und der Quertrakt neu organisiert und durch einen gemeinsamen Erschliessungsbereich miteinander verbunden wurden. Der alte Kellerabgang wurde aufgehoben und im Erdgeschoss anstelle der grossen Steinplatten ein Klinkerboden verlegt. Indem man die Ostfassade des Angestelltenhauses Richtung Scheune verschob, wurde dessen ehemaliger Aussenaufgang ins Hausinnere verlegt.
Die zugehörige freistehende Stallscheune entstand in ihrem Kern wohl zeitgleich mit dem Wohnhaus, zeigt sie in der Gestaltung doch grosse Ähnlichkeit mit der 1795 errichteten Scheune zur Tieffurtmühle (vgl. Bauinventarobjekt DOT907). Einer zwischen Tenn und Remise aufgeführten Giebelmauer nach zu schliessen, bestand sie anfangs jedoch ohne Remise, wobei diese aufgrund der gleichartigen Bauweise nicht allzu viel später angefügt worden sein dürfte. Im Verputz der heute innenliegenden Giebelmauer hat sich das Negativ der polygonalen Ründenschalung erhalten. Auf diese nachträgliche Verlängerung des Ökonomiegebäudes deuten ausserdem angesetzte Balken der Dachkonstruktion sowie das eher kleinteilige, teilweise aus Flusswacken bestehende Steinmaterial der Remise.
Die Anlage des Gartens geht auf eine Umgestaltung von 1947 nach Plänen des renommierten Garten- und Landschaftsarchitekten Gustav Ammann (1885–1955) zurück, der 1941/42 bereits den Garten des Ehepaars Fischer-Lüthi an der Othmarsingerstrasse 17 (Villa und Garten: Bauinventarobjekt DOT927) konzipiert hatte.
Beschreibung:Der Fildihof bildet den westlichen Abschluss des historischen Dorfkerns. Wohnhaus und Scheune sind nördlich der Ausfallstrasse aneinandergereiht, welche in einer leichten Kurve parallel zur Bünz weiter an der Tieffurtmühle vorbei Richtung Hendschiken führt. Die Erschliessung des Hofs erfolgt von Osten her über den Vorplatz der leicht zurückversetzt stehenden Scheune, wobei eine Stützmauer mit Hecke zum leicht tiefer gelegenen Strassentrassee vermittelt. Zum Wohnhaus gelangt man von dieser Seite her durch einen mit Granitplattenwegen und Mäuerchen gegliederten Garten. Als Hauptzugang dürfte ursprünglich jedoch die Tür im strassenseitig freistehenden Kellergeschoss gedient haben.
Die der Strasse zugewandte Südfassade ist denn auch als Schauseite ausgebildet. Hier präsentiert sich der mit einem gedrungenen Walmdach abschliessende spätbarocke Mauerbau in eleganten Proportionen mit einem hohen Kellersockel und zwei, mittels schlichtem Gurtgesims davon abgesetzten Wohngeschossen. An den Ecken wird der mit einem Kellenwurfputz des 20. Jh. versehene Baukörper von exakt behauenen Steinquadern eingefasst. Sämtliche Werkstücke bestehen aus Mägenwiler Muschelsandstein. Die Mittelachse akzentuiert der ebenerdige Eingang, der ein sorgfältig gehauenes Stichbogengewände bewahrt. Am Sturz, der in der Scharrierung eine Gehrung vortäuscht, findet sich ein verziertes Feld mit dem Baujahr "1793", den Initialen des Bauherrn "J[ost] K[uhn]" und das Kuhn-Wappen. Das Biedermeier-Türblatt mit Oberlicht dürfte aus der 1. Hälfte des 19. Jh. stammen. Die beidseitig in die Mauer eingelassenen Kellerfenster sind als gekuppelte Rechtecklichter mit steinernem Mittelpfosten ausgebildet und vergittert. In den darüber liegenden Geschossen sind Stichbogenfenster mit zierlichen Wulstprofilen an den Gesimsen in vier regelmässig verteilten Achsen angeordnet, während die Schmalseiten jeweils zwei Achsen gleichartiger Fenster, jedoch ohne Gesimsprofil, besitzen. Dazu haben sich hölzerne, im oberen Teil mit feststehenden Jalousien ausgestattete Fensterläden erhalten.
Seit dem Umbau von 1949/50 befindet sich der Haupteingang zum Wohnhaus im anschliessenden Quergiebelanbau. Er ist als breite, von einem Stichbogen überspannte Nische gestaltet, die in den Eckbereichen und in der Rückwand aus unterschiedlich grossen, präzise gehauenen Muschelkalkquadern gefügt sind. Die in die Mitte gesetzte und von zwei unterschiedlich grossen Fensterchen (Korridor, Toilette) flankierte Tür besitzt ein Blatt mit rautenförmiger Aufdoppelung. Zur bauzeitlichen Einrichtung gehört ausserdem eine in den Anbau integrierte Hundehütte, deren rustikales Törchen in die Leibung der Eingangsnische eingelassen ist. Die Haustür öffnet auf einen grosszügigen Vorplatz, der die beiden Gebäudeteile im Innern nahtlos miteinander verbindet. Neben dem Hauseingang sind hier im Bereich des Anbaus auch das Treppenhaus, der Kellerabgang, der Durchgang zur im Anbau liegenden Wohnung und eine Toilette untergebracht. Der Kernbau umfasst im Erdgeschoss die strassenseitig angelegten Hauptwohnräume (heute Esszimmer und Stube) sowie Küche, Gang und Nebenraum im rückwärtigen Hausteil. Sie dürften in ihrer Anordnung noch weitgehend der ursprünglichen Raumstruktur entsprechen, verläuft doch auch im Keller analog dazu ein Mittelgang zwischen zwei Gewölbekellern (vgl. weiter unten). Als Zeugnisse der früheren Wohnkultur werden im Esszimmer noch ein Stubenbuffet aus der Zeit um 1800 sowie einige bunt bemalte Fayence-Blattkacheln des bauzeitlichen Stubenofens aufbewahrt. Eine Kachel trägt die Jahrzahl "1793", eine andere die Hafnersignatur "Johann Sprüngli / Baltz Joseph M" [3]. Zeugniswert hat durch ihre nahezu vollständige Erhaltung auch die ansonsten ganz aus der Umbauphase von 1940/50 stammende, gepflegte Innenausstattung, die sich hier in einer späten, traditionalistischen Ausprägung des Heimatstils zeigt. Auch einzelne Teile der Möblierung dürften noch aus dieser Zeit stammen. Die Einrichtung umfasst barockisierende Füllungstüren aus Nadelholz mit wulstigen Rahmen, Einbauschränke und Radiatorenkästen, Klinkerböden, Feinsteinzeugfliesen und Wandplättchen, einen Kamin aus Back- und Muschelkalkstein und Fenster mit Doppelverglasung. Die Stube hebt sich durch eine in Nussbaumholz ausgeführte Tür zum Esszimmer und durch ein bauzeitliches zweifarbiges Tafelparkett in Nussbaum- und Ahornholz von den anderen Räumen ab. Ein schmiedeeisernes Geländer mit hölzernem Handlauf begleitet die Treppe ins Obergeschoss, wo sich zu einem südseitigen Zimmer auch eine einfache Stuckdecke mit leichter Hohlkehle und Profilstab erhalten hat.
Die Wohnung im Quertrakt verfügt über einen separaten Hauseingang auf der nördlichen Stirnseite des Anbaus. Unregelmässig gesetzte Fenster unterschiedlichen Formats bestimmen dessen Fassade. Diese in Beziehung zu den dahinterliegenden Räumen stehende Gestaltung des Äusseren ist charakteristisch für den Heimatstil. Weitere zeittypische Elemente aus der Umbauphase sind hier im Innern der in Klinker ausgeführte Waschtrog neben der Garderobe, die marmorierten Feinsteinzeugfliesen in der Küche, die eingebaute Sitzbank in der Stube und die Fenster mit Espagnolettenverschluss im Erdgeschoss.
Intakt erhalten ist auch das bauzeitliche Dachwerk, über dem Kernbau eine Sparrenkonstruktion mit hoch ansetzenden Aufschieblingen auf liegendem Stuhl, das eine Einfachdeckung trägt. Im Dachraum befindet sich neben dem Kamin eine Räucherkammer [4].
Über eine Kellererweiterung unter dem Quertrakt gelangt man in den quer zum First verlaufenden Mittelgang des Kellers, der wie die beidseitig angelegten Räume tonnengewölbt ist (der rechte mit eingebauter Heizung/Öltank). Auf den gehobenen Lebensstil der Bauherrschaft deuten auch die Muschelkalksteinplatten, welche nicht nur im Gang als ehemaligen Hauptzugang zur Wohnung, sondern auch in den Kellerräumen den Boden belegen.
Die zugehörige Stallscheune östlich des Wohnhauses zeigt in ihrer Ausgestaltung als Mischbau unter einem Gehrschilddach mit verschaltem Fluggespärre grosse Ähnlichkeit mit der fast zeitgleich erstellten Stallscheune der Tieffurtmühle. Die mit Lüftungsschlitzen versehenen Stirnfronten sind in Stein aufgeführt (quadratische Fenster im EG nachträglich ergänzt, ehemalige östliche Stirnfront heute innenliegend), während die Trauffassaden ehemals als Ständergefüge mit diagonal eingenuteten Füllungen ganz in Holz errichtet waren. An der vorderen Traufseite ist noch die frühere Nutzungsabfolge mit Stall, Futtertenn, Tenn und ergänzter Remise abzulesen. Zum Tenn hat sich das segmentbogige Tor erhalten (rückwärtiges Tenntor am Anbau wiederverwendet), während der Bereich des Futtertenns im 20. Jh. in einen Stall umgewandelt wurde und eine in Backstein und Zement aufgemauerte Front zeigt. Die nachträglich ergänzte Remise bildet mit dem Kernbau in Fortführung dessen Konstruktionsweise optisch eine Einheit. Im Innern der Stallscheune haben sich die Pfettenrafenkonstruktion mit liegendem Dachstuhl, die ehemalige östliche Stirnmauer und wenige Teile der Binnenstruktur erhalten, darunter der obere Teil eines Ständers zwischen Tenn und Futtertenn mit beschnitztem Sattelholz.
Das Wohnhaus umgibt ein üppig bepflanzter Garten, dessen parkartige Anlage mit Granitplattenwegen, Plätzen, Treppen und niedrigen Mäuerchen auf eine Umgestaltung von 1947 durch den bekannten Garten- und Landschaftsarchitekten Gustav Ammann (1885–1955) zurückgeht. Den Vorplatz der Scheune beschattet ein alter Kastanienbaum.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Angaben zur Bau- und Nutzungsgeschichte gemäss freundlicher Mitteilung von Rosmarie Zobrist-Kuhn sowie gemäss Kurzinventar von 1999.
[2] 1898 ist als Eigentümerin des Fildihofs noch die Witwe Anna Maria Fischer (Annemarie Fischer-Nauer) verzeichnet, die kinderlos war und daher den Fildihof ihrem Patenkind Marie Elisabeth Kuhn-Fischer vermachte. – Vgl. Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0084: Brandkataster Gemeinde Dottikon 1898-1937 (Vers.-Nr. 5 (Wohnhaus), 6 (Scheune)).
[3] Die Sprüngli sind ein bekanntes Villmerger Hafner-Geschlecht; das dem Namen Baltz Joseph nachgestellte "M" könnte Maler (Ofenmaler) heissen.
[4] Die Räucherkammer hat Ernst Kuhn-Bruhin laut Erzählung seiner Tochter Rosmarie Zobrist-Kuhn während der Kriegsjahre einrichten lassen.
Literatur:- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 87.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Dottikon III-5/4 (Wohnhaus).
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Dottikon III-5/5 (Scheune).
- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0084: Brandkataster Gemeinde Dottikon 1898-1937 (Vers.-Nr. 5 (Wohnhaus), 6 (Scheune)).
- ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv: LBS_H1-013661.
- Schriftliche Aufzeichnungen von Rosmarie Zobrist-Kuhn vom 06.12.2022.
 

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