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INV-ENN905 Fabrikgebäude Oederlin, 1906-1908 (Dossier (Bauinventar))
Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1906 - 1908 |
Grundlage Datierung: | Literatur |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Teil einer Baugruppe |
Weitere Teile der Baugruppe: | OBS928-932 |
Nutzung (Stufe 1): | Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Fabrikgebäude, Manufakturgebäude |
Epoche / Baustil (Stufe 3): | Heimatstil |
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Dokumentation |
Autorschaft: | Dorer & Füchslin, Architekten, Baden (zugeschrieben); Eugen Schneider, Architekt, Ennetbaden |
Inschriften: | "Oederlin" (Neonschriftzug östliche Giebelfassade) |
Würdigung: | Das aus Sichtbackstein erbaute Fabrikgebäude von 1906-08, das 1941/42 im gleichen Material aufgestockt wurde, gehört zu dem mehrheitlich auf Gemeindegebiet von Obersiggenthal gelegenen Areal der 1858 gegründeten ehemaligen Armaturenfabrik und Metallgiesserei A.G. Oederlin. Der in wesentlichen Teilen intakt erhaltenen Fabrikanlage kommt eine erhebliche industriegeschichtliche Bedeutung für das Limmattal zu. Der hier beschriebene Bau, der als einziger ganz auf Ennetbadener Boden steht, dokumentiert den sukzessiven Ausbau der Anlage in jeweils zeittypischen Formen der Industriearchitektur. Von Osten her bildet er zusammen mit seinem Nachbarn den Auftakt des Fabrikareals, zu dem auch die „Müsegg“ als ehemalige Fabrikantenvilla zu rechnen ist (Bauinventarobjekte OBS928-932). Die Anlage bildet damit am Limmatknie und vor dem Steilhang der Goldwand eine kompakte gewerbliche Baugruppe von hohem Situationswert. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden mit der „Goldwand-Trotte“ (Kantonales Denkmalschutz ENN004) und dem Rebgut „Goldwand“ (Bauinventarobjekt ENN906) auch zwei wertvolle ländliche Bauzeugen. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Die Firma Oederlin wurde 1858 durch die Brüder Karl Joseph und Friedrich Traugott Oederlin am rechten Limmatufer im Weiler Rieden gegründet, der zum Gemeindegebiet von Obersiggenthal gehört [1]. Nach einem Brand im Jahr 1866 wurden die Fabrikgebäude wiederaufgebaut. Neben Blechwaren und Strassenlaternen nahm man damit neu auch die Fabrikation von Armaturen sowie Eisen- und Metallwaren auf. Insbesondere ab den 1880er Jahren erlebte das Unternehmen mit dem Eisenbahnboom und mit der allgemeinen Einführung der Wasserversorgung in den Haushalten und in der Hotellerie eine Blütezeit. 1892 erfolgte der Bau einer grossen Giesserei, welche die 1891 gegründete Firma Brown Boveri in Baden mit Rohguss belieferte. 1896 erstellte man zur Energieversorgung der Fabrikanlage eine Turbine mit Wasserwehr in der Limmat und einen Neubau für die Dreherei. 1904 wurde das unmittelbar neben dem Fabrikareal gelegene Haus „Müsegg“, das seit 1867 von der Fabrikantenfamilie K.J. Oederlin bewohnt wurde, durch Architekt Otto Dorer (sen., Architekturbüro Dorer & Füchslin) aus Baden umgebaut, wobei aus dem biedermeierlichen Landhaus eine Villa in neobarocken Heimatstilformen entstand (Bauinventarobjekt OBS928). 1906-1908 entstanden mit Gussputzerei und Gürtlerei (Vers.-Nr. 2) sowie dem hier beschriebenen Magazin (Vers.-Nr. 3) zwei Fabrikgebäude, welche das Fabrikareal auf Ennetbadener Gemeindegebiet erweiterten, vielleicht ebenfalls durch Dorer & Füchslin. Verschiedene sukzessive Erweiterungen folgten in den nächsten Jahrzehnten. Dazu gehörte eine Aufstockung des Magazingebäudes nach Plänen des Ennetbadener Architekten und Gemeindeammanns Eugen Schneider in den Jahren 1941/42 [2]. Der letzte grosse Neubau wurde 1964/65 errichtet. 1985 erfolgte die Verselbständigung der heute noch bestehenden Oederlin Giesserei AG, ab 1986 die schrittweise Einstellung und Abstossung des Armaturengeschäft. Nachdem zunächst eine vollständige Neuüberbauung des Areals verfolgt worden war (Gestaltungsplan 1989), konnte auf Ennetbadener Seite die Erhaltung der historisch bedeutenden Fabrikgebäude gesichert werden, die heute verschiedenen gewerblichen Nutzungen dienen. Auf der Obersiggenthaler Seite soll das Areal in eine Neubebauung einbezogen werden, die sich zur Zeit in Planung befindet.§ |
Beschreibung: | Die Fabrikgebäude der ehemaligen Armaturenfabrik und Metallgiesserei A.G. Oederlin nehmen vor dem Steilhang am rechten Limmatufer gegenüber des Badener Bäderquartiers eine prominente Stelle ein. Die mehrheitlich auf dem Gemeindegebiet von Obersiggenthal gelegene Gesamtanlage ist im Kunstdenkmälerband von Peter Hoegger beschrieben: „Durch alle Phasen der Erweiterung und Modernisierung hindurch haben sich die beiden nach dem Brand von 1866 errichteten Kernbauten der Fabrik bis heute weitgehend erhalten. Das den Wasserkanal begleitende Fabrikationsgebäude zeigt an den zwei Hauptgeschossen zwar eine jüngere Befensterung, schliesst aber noch immer mit dem ursprünglichen Mezzanin und einem aufgesetzten niedrigen Lichtgaden; das ostseits übereck angefügte, wenig jüngere Lagerhaus ist ein Fachwerkbau mit Sichtbacksteinfüllungen, der nach dem letzten Krieg um einen Stock erhöht und mit Putz verkleidet wurde. Östlich davon, auf einer Rustika-Stützmauer, steht die grossfenstrige Halle der Giesserei von 1892, mit quergiebliger Mittelpartie und breiten flachgedeckten Seitenschiffen. […] Vor dem alten Fabrikationsgebäude, über dem Kanal, gewahrt man das aus weissen Zementsteinen errichtete, stichbogig befensterte Flachdachgebäude der ersten Wasserturbine von 1896, weiter flussabwärts das Heizkesselhaus aus dem Ende des 19. Jahrhunderts neben einem hohen Rauschlot. Der an der Strasse stehende dreigeschossige Neubarock-Bau mit Mansardgiebeldach ist aus einem langgestreckten Biedermeier-Haus hervorgegangen, das bei der Fabrikgründung 1858 entstand.“ [3] Das hier beschriebene Magazingebäude (Vers.-Nr. 3), das als einziges ganz auf Ennetbadener Boden steht, bildet zusammen mit seinem Nachbarn aus östlicher Richtung den Kopf des Fabrikareals. Parallel zum Flusslauf gestellt, wurde es 1906-08 als ursprünglich einstöckiger, flachgedeckter Baukörper errichtet. Limmatseitig erhebt sich der Sichtbacksteinbau wie das Nachbargebäude auf einem hohen, geböschten Sockel aus grob bossierten Kalksteinquadern. Das Erdgeschoss zeigt in drei auf sieben Achsen regelmässig gesetzte, breit proportionierte Stichbogenfenster, die auf Kämpferhöhe von einem nur unmerklich profilierten Sandsteinband zusammengefasst werden und Schlusssteine im gleichen Material zeigen. An der zur Zufahrtsstrasse gewandten Nordseite öffnen sich in analoger Gestaltung weitere, annähernd halbkreisförmige Stichbogenöffnungen, von denen drei als Türen ausgebildet sind. Über einem umlaufenden Gesimsband erhebt sich das Obergeschoss von 1941/42, das einen etwas helleren Backstein aufweist und unter einem flach geneigten Satteldach liegt. Es zeigt die doppelte Anzahl von Fensterachsen, wobei die hohen, eng gereihten Fensteröffnungen ohne Gewände in die Mauerfläche gesetzt sind. Steinerne Fensterbänke und ein durchlaufendes Sturzband bilden mit ihrer hellen Farbe einen Kontrast zu den roten Backsteinfassaden. Sowohl im Erdgeschoss von 1906 wie auch an der Aufstockung von 1941/42 haben sich die bauzeitlichen Fenster erhalten. Im östlichen Giebelfeld prangt unterhalb der beiden Dachlichter gut sichtbar der Firmenname „Oederlin“ als Neonschriftzug. Unmittelbar westlich steht quer zur Limmat das teilweise bereits auf Gemeindegebiet von Obersiggenthal gelegene, ebenfalls 1906-08 errichtete Gebäude der Gussputzerei und Gürtlerei (Vers.-Nr. 2). Es handelt sich um einen kubischen, flach gedeckten Sichtbacksteinbau, der auf einem Sockelgeschoss aus grob bossierten Kalksteinquadern aufsitzt. Er fällt durch seine für einen Industriebau charakteristische grossflächige Befensterung mit 4 mal 9 monoton über den Baukörper verteilten Achsen auf. Während die Öffnungen im steinernen Sockelgeschoss Granitgewände samt Entlastungsbögen zeigen, werden sie in den Backsteinwänden der Obergeschosse von fassadenbündig vermauerten Stahlträgern mit dekorativ wirkenden Nieten begrenzt. Zwischen den Fensterachsen sind auf Sturzhöhe beider Geschosse dekorativ ausgestaltete Schlaudern (Maueranker) zu sehen. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung. - Gemeinde Ennetbaden. Inventar schützenswerter Bauten, bearbeitet von Claudio Affolter, 1996, Nr. 14. |
Anmerkungen: | [1] Geschichtliches nach Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 106; Schumacher 1958, S. 88f. (Chronologie); Materialien Ausstellung Pfau 1998/99. [2] Gemeinde Ennetbaden, Baugesuchsarchiv. Statt des dort dargestellten Walmdachs entschied sich man sich offensichtlich für ein Satteldach. Von Eugen Schneider stammen in Ennetbaden u.a. das Badhotel „zum Schwanen“ (Kantonales Denkmalschutzobjekt ENN005), die Wohnhäuser Höhtalstrasse 10-16 (Bauinventarobjekte Objekte ENN919A-D) und die Abdankungshalle (Bauinventarobjekt ENN916). [3] Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 106f. |
Literatur: | - Martin Hartmann / Christophe Seiler / Andreas Steigmeier, Ennetbaden. Dorf, Bäder, städtische Siedlung, Ennetbaden 1994, S. 89-91. - Peter Hoegger, Die Landgemeinden des Limmattals, des Surbtals, des Aaretals und des Unteren Reusstals sowie das Kloster Fahr (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band VII), Basel 1995, S. 106f. - Der Industriekulturpfad Limmat-Wasserschloss im Raum Baden-Ennetbaden (Industriekulturpfad Limmat-Wasserschloss, Dokumentation 6), Baden 1997 - Otto Mittler, Geschichte der Stadt Baden, Band II: Von 1650 bis zur Gegenwart, Aarau 1965, S. 259-262. - Hans Schumacher, Hundert Jahre Aktiengesellschaft Oederlin & Cie. Armaturenfabrik und Metallgiessereien Baden - Schweiz, 1858-1958, Zürich [1958]. |
Quellen: | - Gemeinde Ennetbaden, Baugesuchsarchiv; Umbaupläne 1941. - E. Oederlin & Co. Armaturen- und Metallwarenfabrik. Die Firmengeschichte in Kurzfassung - Materialiensammlung der Ausstellung bei Oederlin, 1998/99 von Thomas Pfau. |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=33930 |
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