INV-GON926 Oberes Feld 252, 1784 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-GON926
Signatur Archivplan:GON926
Titel:Oberes Feld 252
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Gontenschwil
Ortsteil / Weiler / Flurname:Oberes Feld
Adresse:Oberes Feld 252
Versicherungs-Nr.:252
Parzellen-Nr.:1314
Koordinate E:2654525
Koordinate N:1235227
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2654525&y=1235227

Chronologie

Entstehungszeitraum:1784
Grundlage Datierung:Inschrift (Tenntor, Hochstud)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"HANS ROLF / HALLER R G / 1784" (Tenntor)
Würdigung:Ehemaliges Strohdachhaus von 1784, das seine charakteristische äussere Form mit eindrücklichem Vollwalmdach wie auch die rauchgeschwärzte Hochstudkonstruktion mit vier Firstständern vollumfänglich erhalten hat. Nutzungstypologisch interessant ist die Konstellation als Doppelbauernhaus mit quer zum First geteilten, exakt gespiegelten Wohnteilen. Es handelt sich um eines der besterhaltenen Hochstudhäuser der Gemeinde, welches im Innern noch historische Ausstattungselemente bewahrt. Wichtiger und aussagekräftiger Zeuge des bis an die Wende zum 19. Jahrhundert in den Ackerbaugebieten des Schweizer Mittellandes vorherrschenden Typus des strohgedeckten Hochstudhauses. Auf freiem Feld abseits des Dorfes entfaltet der markante Baukörper eine erhebliche landschaftsprägende Wirkung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Gebäude weist zwei ungewöhnliche Inschriften am Tenntor und an einem Hochstud auf, womit das Baujahr 1784 und der Bauherr Hans Rolf (Rudolf) Haller (1727-1794) zweifelsfrei belegt sind. Dieser gehörte zum vorwiegend im Ortsteil Wili ansässigen "Zuckli-Stamm" der Familie Haller [1].
Das erste verfügbare Brandkataster von 1829 weist das Gebäude als "Wohnhaus mit Bescheuerung von Holz, mit 2 gewölbten Kellern und Strohdach" aus [2]. Als Eigentümer sind Heinrich, Hans Jakob und Johannes Haller aufgeführt, vermutlich die direkten Nachkommen des oben erwähnten Bauherrn Hans Rudolf Haller. Es ist davon auszugehen, dass das Gebäude von Beginn weg als Doppelbauernhaus mit zwei identischen, quer zum First geteilten Wohnungen bestand [3]. Hingegen sind die ehemals hölzernen Hauswände im Verlauf des 19. Jh. durch eine Mischkonstruktion aus Stein und Fachwerk ersetzt worden; gleichzeitig verschob man die Nordwand des Wohnteils um etwa 1 m über die bisherige scheunenbündige Fassadenflucht hinaus. Teile der ursprünglichen Bohlenwand sind im Innern des westlichen Wohnteils noch vorhanden.
Bis ins frühere 20. Jh. waren die grossen Dachflächen mehrheitlich mit Stroh eingedeckt; lediglich der oberste Bereich besass schon früher einen "Ziegelfirst". Die vollständige Umdeckung mit Ziegeln erfolgte gemäss Brandkataster 1913.
Beschreibung:Das ehemalige Strohdachhaus ist der älteste Teil einer kleinen, landwirtschaftlich geprägten Baugruppe, welche abseits der hangseitigen dörflichen Bebauung auf freiem Feld in der Talebene der Wyna steht. Der behäbige, sich unter einem ausladenden Vollwalmdach duckende Baukörper ist stirnseitig an einen alten, auf der Michaeliskarte von 1840 schon eingezeichneten Feldweg gestellt. Der mit der Stubenfront nach Süden ausgerichtete Wohnteil ist quer zur Firstrichtung in zwei identische, spiegelbildliche Wohneinheiten aufgeteilt. Westseitig schliesst der Scheunentrakt mit Tenn und Stall an, womit sich die Konstellation eines klassischen Mittertennhauses ergibt. Die für die ehemaligen Strohdachhäuser der Region charakteristische russgeschwärzte Hochstud-Dachkonstruktion besteht im vorliegenden Fall aus vier Firstständern (Hochstüden), deren zwei beidseits des Tenns angeordnet sind. Zwei weitere sind über dem ausgedehnten Wohnteil auf Estrichniveau abgefangen. Die Aussteifung des Dachgerüstes erfolgt in klassischer Weise mit Firstpfette, Unterfirst, Windstreben und Sperrrafen, welche wie die konzentrisch verlegten Rafen weitgehend noch in der bauzeitlichen Ausprägung vorhanden sind. Als Unikum darf der zierbeschnitzte stallseitige Firstständer bezeichnet werden, der die Initialen des Bauherrn "HR HL" (Hans Rudolf Haller) nebst der Jahreszahl 1784 trägt.
Die in Mischbauweise aus Mauer- und Fachwerkteilen bestehenden und mit axialen Einzelfenstern besetzten Fassaden des Wohnteils dürften in der vorliegenden Form einer Umbauphase um die Mitte des 19. Jh. entstammen. Zahlreiche Blattsassen von nachträglich entfernten Kopfhölzern und Bügen an den Geschossrähmen des Obergadens, welche zur Aussteifung des Ständergerüsts dienten, bezeugen noch die ursprünglichen Verhältnisse mit hölzernen Fassaden und Reihenfenstern. Auch an der nachträglich nach aussen versetzten Nordfassade sind im Obergaden noch Teile der originalen, rauchgeschwärzten Geschossrähme mit Nut und Anblattungsstellen zu erkennen.
Die axial gespiegelten Wohnteile sind identisch organisiert. An beiden Traufseiten erschliessen mittige Doppeleingänge die beiden Haushälften. Die Hauptzugänge auf der Südseite führen in zwei parallel geführte Stichgänge, von denen jeweils die seitliche Stube und in der Verlängerung die rückwärtige Küche betreten werden. Die nördlichen Eingänge führen direkt in die Küchen und von dort in eine seitliche Kammer. Hier befinden sich auch die Aufgänge ins Obergeschoss, welches pro Hausteil wiederum zwei bis drei Räume umfasst. Unter der zweiläufigen Muschelkalktreppe der Südfassade führt ein frontaler Abgang in einen gewölbten Gang, der sich auf zwei Gewölbekeller öffnet. Zusätzlich existieren unter der nördlichen Haushälfte noch zwei früher wohl als Webkeller genutzte Trämkeller, von denen der östliche noch über den alten Aussenzugang verfügt.
Von der historischen Wohnungsausstattung hat die östliche Küche noch den originalen, aus lehmverstrichenem Flechtwerk gefertigten Rauchhurd, die alte Feuerwand sowie einen Eisenherd aus dem 19.Jh. bewahrt. Ebenfalls noch aus der Bauzeit stammen einige alte Ständerwände, von denen die tennseitigen eine stehende Bohlenausfachung mit profilierten Deckleisten aufweisen. Die übrige Innenausstattung, so die einfachen Brettertäfer mit Felderteilung, datiert grösstenteils aus dem 19.Jh., als die Aussenwände neu aufgeführt wurden. Ebenfalls ins 19.Jh. einzuschätzen sind die beiden Kachelöfen: in der östlichen Stube ein Kastenofen mit grünen Füllkachen und weissem Fries, begleitet von einer gleichartigen zweistufigen Sitzkunst; in der westlichen Stube ein weisser Kachelofen mit hellblauer Biedermeier-Kunst (Inneres gemäss Kurzinventar von 1993).
Der ehemals ebenfalls hölzerne Scheunentrakt ist im Laufe des 19. und 20. Jh. in Stein und Holz weitgehend erneuert worden. Als erwähnenswerte Rarität ist am original erhaltenen, holzgenagelten Tenntor auf der Südseite eine von Rankenwerk umkränzte Bauherreninschrift "HANS ROLF / HALLER R G / 1784" erhalten.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Vgl. Steiner 1999/2000, S. 101-103.
[2] Staatsarchiv Aargau, BA.05.0070: Brandkataster Gontenschwil 1829-1850; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0238-0241: Brandkataster Gontenschwil 1850-1938.
[3] Eine ähnliche Konstellation findet sich beim etwas jüngeren, 1802 datierten Doppelbauernhaus Haldenstrasse 119 (Bauinventarobjekt GON912).
Literatur:- Peter Steiner, Die alten Familien von Gontenschwil, Jahresschrift der historischen Vereinigung Wynental 1999/2000.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002, S. 159 (Abb. 293).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, BA.05.0070: Brandkataster Gontenschwil 1829-1850; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0238-0241: Brandkataster Gontenschwil 1850-1938.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=35658
 

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