INV-HEL927 Oberdorf 12, 18. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-HEL927
Signatur Archivplan:HEL927
Titel:Oberdorf 12
Bezirk:Rheinfelden
Gemeinde:Hellikon
Ortsteil / Weiler / Flurname:Oberdorf
Adresse:Oberdorf 12
Versicherungs-Nr.:32
Parzellen-Nr.:282
Koordinate E:2636290
Koordinate N:1262237

Chronologie

Entstehungszeitraum:18th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau
Epoche / Baustil (Stufe 3):Biedermeier

Dokumentation

Inschriften:"S S(?)H 1847" (Schlussstein Tenntor); "BS 1833" (Kachelofen EG)
Würdigung:Im Kern mindestens noch aus dem 18. Jahrhundert stammendes, stattliches Doppelbauernhaus, das 1833 eine klassizistisch-biedermeierliche Überprägung des Wohnteils und 1847 eine teilweise Erneuerung der Scheune erfahren hat. Diese für die bauliche Entwicklung im Fricktal typischen Bauphasen äussern sich hier in einem hohen Anteil an originaler Bausubstanz. Der Wohnteil zeigt eine Einzelbefensterung von vier auf zwei Achsen und bewahrt im Obergeschoss der Strassenfront als ausgesprochene Rarität noch ältere Kreuzstockfenster mit Bleisprossierung. Die Doppelscheune ist mit Ställen zu beiden Seiten des Tenns gegengleich disponiert und fällt durch das korbbogige Tenntor auf, das noch Torflügel mit Aufdoppelung im Fischgratmuster und Sonnenradmotiv im Bogenfeld besitzt. Die beiden stockwerkweise getrennten Wohnungen bewahren einen Grossteil der historischen Ausstattung, darunter einen patronierten Kachelofen samt Sitzkunst von 1833. Mit seiner vielfältigen Baugeschichte und der intakt erhaltenen Bausubstanz kommt dem Gebäude ein hoher Zeugenwert für die ländliche Bau- und Wohnkultur zu. In prominenter Stellung am unteren Rand des Oberdorfs gelegen, besitzt es zudem einen hohen Situationswert für das Ortsbild von Hellikon.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Wohnteil des bestehenden bäuerlichen Vielzweckbaus dürfte im Kern mindestens noch auf das 18. Jh. zurückgehen, wie das steile Satteldach mit dem hochliegenden Knick nahelegt [1]. Zweifellos bestand damals auch ein Vorgängerbau der heutigen Scheune, der vielleicht ein Strohdach besass. 1772 erscheint das Haus auf dem Leimgruber-Plan von Hellikon. Wohl 1833 erfuhr zunächst der Wohnteil eine durchgreifende Erneuerung, wie eine Jahrzahl am Kachelofen vermuten lässt. 1847 folgte ein teilweiser Neubau der Scheune, der mit einer Bauinschrift am Tenntor datiert ist. Damit war aus dem früheren Gebäude in zwei Etappen der heute bestehende, weitgehend biedermeierlich geprägte Bau hervorgegangen. Bauherr war wohl in beiden Fällen bereits Sebastian Schlienger, Metzger, der im ersten verfügbaren Brandkatastereintrag von 1850 als Eigentümer erscheint. Auf ihn wären entsprechend die divergierenden Initialen «BS» (Bastian Schlienger?) am Kachelofen, respektive «S S(?)H» am Tenntor zu beziehen, die beide von einem Metzgerbeil begleitet sind. Der Brandkatastereintrag von 1850 lautete auf ein «Wohnhaus samt Scheune mit 2 Ställen nebst Anbau mit Schweinestallhaus und Holzplatz; 2 Stock hoch, mit 2 Trämkellern, aus Stein und Holz, unter Ziegeldach» [2]. 1853 sind Konrad und Wilhelm Schlienger, 1892 Wilhelm Schlienger und J.J. Hasler als Eigentümer erwähnt. 1930 wurde die Liegenschaft unter Friedrich Hasler, Jakobs, wieder vereinigt. Im frühen 20. Jh. dürfte der Wohnteil seinen heutigen Verputz erhalten haben.
Beschreibung:Das stattliche gemauerte Doppelbauernhaus steht am Ostrand des haufenförmig bebauten Oberdorfs, wo es kurz vor einer markanten Strassenbiegung mit der südwestseitigen Trauffront längs zur Strasse ausgerichtet ist. Beim Herannahen von der im Tal gelegenen Hauptstrasse bildet es einen prominenten Blickfang vor dem oberen Abschnitt des Oberdorfs. Insgesamt tritt der Vielzweckbau als Juragiebelhaus spätklassizistisch-biedermeierlicher Prägung in Erscheinung, während die auffallend steile Dachneigung und der hochliegende Knick noch auf eine frühere Entstehungszeit verweisen. Der südseitig angelegte zweigeschossige Wohnteil ist traufseitig mit vier und stirnseitig mit zwei Achsen rechteckiger Einzelfenster besetzt, die von Holzeinfassungen aus Eiche gerahmt werden. Am Obergeschoss haben sich als grosse Rarität Kreuzstockfenster mit Bleisprossen erhalten, die ebenfalls noch ins 18. Jh. weisen. Das Mauerwerk aus Kalkbruchsteinen zeigt an der Strassenfront einen Besenwurf-Verputz aus der Zeit um 1900, der mit einer Eckquadrierung und einem rustizierten Sockel gegliedert ist. Fassadenpartien der Stirnseite mit älterem und stärker abgewittertem Putz geben den Blick frei auf das sorgfältig geschichtete Mauerwerk mit kräftigen Quadern im Eckverband.
An den Wohnteil schliesst die 1847 in Teilen erneuerte Doppelscheune an, die in der Nutzungsabfolge Stall-Tenn-Stall spiegelbildlich organisiert ist. Die Mitte der biedermeierlich geprägten Trauffront besetzt das zeittypisch ausgebildete, korbbogige Tenntor, das mit Bogenanfängern und einem Schlussstein versehen ist. Letzterer trägt das Baudatum 1847, ein Metzgerbeil sowie die Initialen «S SH». Erhalten haben sich auch die bauzeitlichen Torflügel mit fischgratförmiger Aufdoppelung und regionaltypischem Sonnenradmotiv im Bogenfeld. Die Vorderfront des äusseren Stalls mit den obligaten Lüftungsschlitzen für die Heubühne ist unverändert, während die Fassade des rechten Stalls nachträglich mit einer Bretterverschalung versehen wurde. Die nordwestliche Stirnseite der Ökonomie, die noch auf den Ursprungsbau zurückgehen dürfte, ist gänzlich unbefenstert. Über die ganze talseitige Traufseite erstreckt sich ein laubenartiger Anbau, der an beiden Stirnseiten von L-förmigen Mauerstücken gefasst wird. Er setzt sich an der Stirnseite mit einer deutlichen Baunaht vom Kernbau ab und wurde vielleicht ebenfalls im Zug des Umbaus von 1847 angefügt. In der Mittelpartie sorgt eine Staketenwand für eine gute Durchlüftung der Laube. Auf Kellerhöhe befinden sich eine Remise und Schweineställe; der Bereich hinter der unteren Wohnung diente als Korbereiwerkstatt und Abstellraum.
Die untere Wohnung umfasst nach verbreitetem Schema neben einem durchlaufenden Quergang im Vorderhaus Stube und Nebenstube, im Hinterhaus die Küche und eine Kammer. Die Obergeschosswohnung besitzt bei im übrigen analogem Grundriss eine zusätzliche kleine Kammer über dem Hauseingang. In der unteren Stube hat sich ein Kastenofen aus patronierten Kacheln mit zugehöriger Sitzkunst erhalten. Eine Kranzkachel trägt die Initialen «B S», ein Metzgerbeil sowie die Jahrzahl 1833. Der aus glatten blauen Füllkacheln und weissen, teils mit Appliken verzierten Frieskacheln erstellte Ofen in der oberen Stube ist wohl etwas jünger. Das gefelderte Täfer und die zweifeldrigen Füllungstüren weisen hier einen im späteren 19. Jh. beliebten Holzmaserierungsanstrich mit schwarzer Schablonenmalerei auf. In beiden Küchen sind noch die alten Rauchhurden vorhanden. Das Dachgerüst ist eine Sparrenkonstruktion auf liegenden Stuhljochen, die keinerlei Russschwärze aufweist. Die Pfetten lassen eine Nahtstelle zwischen Wohnteil und Scheune erkennen (Inneres gemäss Bauernhausforschung 1997).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Baugeschichte nach Typoskript Kdm AG IX 2008 sowie Bauernhausforschung 1997.
[2] StAAG, Brandkataster Hellikon.
Literatur:- Edith Hunziker / Peter Hoegger, Der Bezirk Rheinfelden (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. IX), Basel 2011, S. 186-288.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Kunstdenkmäler-Archiv: ungekürztes Typoskript Kdm AG IX 2008.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Hellikon IX-1/8 (1997).
- Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0543-0545, Brandkataster Gemeinde Hellikon, 1850-1938.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=36636
 

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