Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1926 |
Grundlage Datierung: | Brandkataster |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Repräsentatives Wohnhaus, Villa |
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Dokumentation |
Würdigung: | Villenartiges Wohnhaus, das 1926 für den damaligen Direktor der "Aargauischen Portlandcementfabrik" mit Sitz in Holderbank errichtet wurde. Das in ein grosszügiges Gartengrundstück eingebettete Gebäude ist in zeittypischen, sich an spätbarocken Landhäusern orientierenden Heimatstilformen gehalten. Der kubische, unter einem geknickten Walmdach geborgene Baukörper wird auf der talwärts gerichteten Schauseite von einem mächtigen Runderker mit darüber liegendem Balkon aufgelockert. Die ruhigen Fassaden zeichnen sich durch eine achsensymmetrische Gliederung und sorgfältigen Einsatz von Bauschmuck aus. An bauzeitlichen Kunsthandwerkarbeiten haben sich das eichene Art déco-Türblatt des Hauseingangs sowie Schmiedeeisenarbeiten erhalten. Als eines der ersten Gebäude am Hang ist die Direktorenvilla zusammen mit den nur wenige Jahre zuvor erstellten Angestelltenhäusern (Bauinventarobjekt HOB911) für die Entwicklung des Wohnquartiers oberhalb der Hauptstrasse von erheblicher ortsbaulicher Bedeutung. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Gemäss Brandkataster wurde das villenartige Wohnhaus 1926 für die 1912 gegründete "Aargauische Portlandcementfabrik" (ab 1930 "Cementfabrik Holderbank-Wildegg AG") erstellt, deren weitläufiges Fabrikationsgelände sich unterhalb der Bahngeleise im Schachen erstreckte [1]. Die Zementfabrik trug viel zum Aufschwung der Gemeinde bei und begünstigte ein starkes Bevölkerungswachstum [2]. 1917-18 liess das Unternehmen unterhalb der Hauptstrasse zwei Arbeiterhäuser (Bauinventarobjekte HOB908A und B) erbauen. 1921 entstanden an der neuen Oberackerstrasse fünf Doppeleinfamilienhäuser für Angestellte (Bauinventarobjekt HOB911). Die für den Direktor der Firma bestimmte Villa wurde etwas abgesetzt von dieser Häusergruppe, am südlichen Ende der Oberackerstrasse errichtet. Als früheste Wohnbauten am Hang trugen die Gebäude der Zementfabrik wesentlich zur Entwicklung des Quartiers oberhalb der Hauptstrasse bei. |
Beschreibung: | Die ehemalige Direktorenvilla der Zementfabrik ist in ein grosszügiges, mit Bäumen und Sträuchern bepflanztes Gartengrundstück eingebettet, das noch vom bauzeitlichen Schmiedeeisenzaun auf gemauertem Sockel umfriedet wird. Am oberen Ende des Gartens, nicht weit vom Haus entfernt, befindet sich neben einer frei stehenden Garage eine jüngere Zufahrt. In der unteren Ecke des Grundstücks ist zur Oberackerstrasse hin noch der alte, von Kunststeinstelen mit Kugelaufsätzen gerahmte Zugang vorhanden, der sich einst auf einen von Rosenbäumchen gesäumten Weg hinauf zum Haus öffnete (vgl. historische Aufnahme Bilddokumentation). Die von der Villa aus Richtung Hauptstrasse steil hinuntergeführte Oberackerstrasse bildet eine Blickachse zum Fabrikgelände. Das Wohnhaus erhebt sich als zweigeschossiger kubischer Baukörper unter geknicktem, mit Faserzementschindeln gedecktem Walmdach, das mit seinem kurzen First einem Pyramidendach angenähert ist. Das Gebäude besteht aus einem 1926 erstellten Kernbau von drei resp. vier auf zwei Achsen, der um die Mitte des 20. Jh. durch einen nahezu flach gedeckten Annex an der Nordseite erweitert wurde. In der nordöstlichen Hälfte dieses Anbaus befindet sich der Hauseingang in Gestalt eines offenen, überdeckten Treppenaufgangs mit anschliessendem Windfang. An der talwärts nach Westen orientierten Schauseite dominiert im Erdgeschoss ein mächtiger Runderker die Mittelachse. Dieser bildet die Plattform für einen halbrunden Balkon im Obergeschoss. Darüber öffnet sich das Dachgeschoss mit einer breiten, dreiachsigen Gaube, die nur in der Mitte von einem kleinen Giebel bekrönt wird. Kleine Schleppgauben sind auch nach Süden und Westen ausgebildet. An der rückwärtigen Fassade befindet sich in der mittleren der drei Hauptachsen ein halbgeschossig versetztes Treppenhausfenster. Neben diesem sind an beiden Wohngeschossen kleine Toilettenfenster eingelassen. Ein äusserer Kellerabgang zur Waschküche befindet sich auf der Südseite des Hauses. Die mit einem zeittypischen Besenwurf verputzten Fassaden zeichnen sich durch eine sorgfältige, strenge Gliederung und zurückhaltenden Einsatz von Bauschmuck aus. Den unteren Abschluss bildet ein leicht vortretender Kellersockel, zur Dachuntersicht leitet ein wulstiges Kranzgesims über. Aufgedoppelte Lisenen mit Kapitellabschluss fassen den Baukörper an den Ecken. Lisenen zieren in regelmässigen, auf die Fenstereinteilung abgestimmten Abständen auch die Brüstung des Runderkers. Sie finden eine Fortführung an den aus Kunststein gearbeiteten, mehrfach profilierten Gewänden der fünf Erkerfenster, wo sie vom umlaufenden Sohlbankgesims bis zum oberen Abschluss bzw. zur Bodenplatte des Balkons reichen. Die mit Ladenfalz und schmalem Rand gearbeiteten Fenstergewände werden am Erdgeschoss und Treppenhaus von einem schwach profilierten Gesims bekrönt. Dazu haben sich die noch aus der Bauzeit stammenden hocklappbaren Jalousieläden aus Holz erhalten. Am Erker sind die Fenster mit Rollläden ausgestattet. Zum intakten Gesamtbild tragen die hübschen Schmiedeeisenarbeiten in Form von Fenstergittern sowie des Balkongeländers bei. Diese zeigen einfache Ornamente, bestehend aus sich abwechselnden geraden und gewellten Stäben sowie einzelnen Feldern mit volutenartigen Ornamenten. Der an den jüngeren Annex versetzte Hauseingang besitzt noch das im Stil des Art déco gestaltete bauzeitliche Türblatt aus Eichenholz mit Fenstergitter. Durch diesen gelangt man in einen Windfang, der sich heute als offene Verlängerung zum Vorraum gestaltet. Letzterer führt zunächst gangartig in die Mitte des Gebäudes, wo er sich zu einem Platz mit Treppenhaus weitet. Eine Küche (heute in der Südostecke), eine Toilette und ein weiterer Raum flankieren diesen rückwärtig angelegten Erschliessungsbereich. Die westliche Haushälfte nehmen das Ess- und Wohnzimmer ein, die heute zu einem einzigen grossen Raum zusammengelegt sind. Von den ursprünglich etwa gleich grossen Hauptwohnräumen war der Runderker als Wintergarten abgetrennt. Später wurde er zum Wohnzimmer geschlagen. Da das Esszimmer mit dem Anbau Mitte 20. Jh. nach Norden erweitert und die Binnenwand zum Wohnzimmer versetzt wurde, dürften die durchaus qualitätvollen Parkettböden und Stuckaturen auf diese Umbauphase zurückgehen. Jedenfalls nehmen die Zierelemente an der Decke auf die bereits veränderte Raumaufteilung mit einer neben dem Erker ansetzenden Wand Bezug. Das Cheminée dürfte einen früheren Kachelofen ersetzt haben. Mit Ausnahme der Hauptwohnräume stimmen die Grundrisse noch mehrheitlich mit der ursprünglichen Raumaufteilung übereinstimmen. Die Ausstattung wurde fast vollständig erneuert, bauzeitliche Teile haben sich vermutlich nur vereinzelt erhalten. So bewahrt im Erdgeschoss die Tür zur heutigen Küche noch das Türblatt mit Füllungen und innenseitig einen wulstig profilierten Türrahmen. Die Stuckaturen sind ähnlich gestaltet wie im Wohn- und Esszimmer. Ober- und Dachgeschoss nicht gesehen. |
Anmerkungen: | [1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0407: Brandkataster Gemeinde Holderbank 1899-1938; Zur Entstehung des Unternehmens vgl. Boner 1961, S. 17. [2] Zwischen 1900 und 1920 nahm die Bevölkerung von 303 Einwohnern auf 570 stark zu, vgl. Boner 1961, S. 8. |
Literatur: | - Georg Boner, Holderbank. Aus dem Werden und Wachsen der Gemeinde, Holderbank 1961, S. 8 (zum Bevölkerungswachstum), S. 17 (zur Zementfabrik). |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0407: Brandkataster Gemeinde Holderbank 1899-1938. |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=37152 |
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