INV-JON909 Löwentrotte, 1790 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-JON909
Signatur Archivplan:JON909
Titel:Löwentrotte
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Jonen
Ortsteil / Weiler / Flurname:Winkel
Adresse:bei Obschlagenstrasse 2
Versicherungs-Nr.:107
Parzellen-Nr.:457
Koordinate E:2672418
Koordinate N:1238870
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2672418&y=1238870

Chronologie

Entstehungszeitraum:1790
Grundlage Datierung:Inschrift (Holzsäule im Innern)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:JON906, JON908, JON910
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Weintrotte

Dokumentation

Inschriften:"1790" (Holzstütze des Balkenunterzugs im Innern)
Würdigung:Trotte von 1790, die mit dem ehemaligen Gasthaus zum Löwen ein Ensemble bildet. Der schmucke, langgezogene Fachwerkbau mit ursprünglich grau gefasstem Holzwerk und verputzten Bruchsteinfüllungen ist unter einem mächtigen Steilgiebeldach mit Gehrschild geborgen, das nach Westen noch die ältere Eindeckung aus Biberschwanzziegeln trägt. Im Innern wird das Ständergerüst von einer kräftigen Holzsäule mit Sattelholz gestützt, welche Schnitzerei und eine aufgemalte Jahreszahl zeigt. Das mit Ausnahme kleinerer Anbauten weitgehend unveränderte Gebäude weist einen hohen Bestand an originaler Bausubstanz auf, der jedoch mittelfristig einer schonenden Restaurierung bedarf. Es bildet mit dem unmittelbar benachbarten, firstparallel dazu stehenden ehemaligen „Löwen“, dem Speicher sowie der Obermühle (Bauinventarobjekte JON908, JON910 und JON906) eine wertvolle historische Baugruppe im Ortsteil Winkel, die im Unterschied zum Grossteil des Dorfes 1811 vom Feuer verschont blieb.
Bau- und Nutzungsgeschichte:1750 kauften Josef Füglistaller (1715-94) und sein Bruder Ulrich, die Eigentümer der Oberen Mühle, das Nachbarhaus und liessen es kurz darauf durch einen ziegelgedeckten Neubau, den südlichen Hausteil des späteren „Löwen“, ersetzen. Der eine Sohn von Josef Füglistaller, Bernhard (1766-1847), übernahm den zur Mühle gehörenden Landwirtschaftsbetrieb und amtete wie zuvor schon sein Vater als Pfleger der Kapelle Jonental und als Gemeindeseckelmeister. 1807-24 wirkte er als Gemeindeammann. In seinem Haus betrieb er spätestens seit 1799 eine Eigengewächswirtschaft [1]. 1860 erhielt sein gleichnamiger Nachfolger Bernhard die Erlaubnis, die Eigengewächswirtschaft in eine Pinte umzuwandeln. Unter Josef Füglistaller wurde sie ab 1882 als Speisewirtschaft weitergeführt [2].
Günstig für die Eröffnung der Gastwirtschaft dürfte sich die Inbetriebnahme einer Trotte ausgewirkt haben. Gemäss einer aufgemalten Inschrift an einer Deckenstütze im Innern wurde diese 1790 errichtet. Das erste Brandkataster von 1812 verzeichnet sie als „Ein Weintroten von Stein und Holtz mit Ziegel gedekt“ [3]. Wie das benachbarte Wohnhaus, der Speicher und die Obermühle, die allesamt schon eine Bedachung aus Ziegeln aufwiesen, wurde sie 1811 vom grossen Dorfbrand verschont. 1876 sind als Eigentümer Josef und Leonz Füglistaller eingetragen, ab 1883 nur noch Josef. Das „Gebäude von Rieg u. Holz“ umfasste gemäss Brandkatastereintrag von 1876 neben einer „Baumtrotte u. Obstmühle“ auch einen „Holzschopf“, bei dem es sich um die nordöstliche Verlängerung des Gebäudes handeln dürfte [4]. Dessen Erdgeschossmauer wurde später wohl im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Stalls in Kalksandstein aufgeführt. Ende 19. Jh. erfolgte der Anbau einer Vorhalle sowie einer Kegelbahn unter Schleppdach entlang der östlichen Längsfassade. Nach Josefs Tod ging die Trotte an die Erben und schliesslich an Emil Füglistaller über. Bis 1942 befand sich der Bauernhof samt Wirtschaft im Besitz der Familie [5]. Vom nachfolgenden Eigentümer Konstantin Schönbächler wurde die Trotte als Festraum zum nun als „Restaurant zum Löwen“ bezeichneten Gasthof genutzt (gemäss Kurzinventar 1998).
Beschreibung:Die östlich des ehemaligen Gasthauses zum Löwen (Bauinventarobjekt JON908) stehende Trotte ist durch ihre firstparallele Stellung und die exakt gleich fluchtende südlichen Stirnfront klar diesem zugeordnet. Sie gehört zu einer südlich der Obermühle (Bauinventarobjekt JON906) gewachsenen Baugruppe, die den platzartig erweiterten Strassenraum eingangs der Obschlagenstrasse einfasst. An die Trotte schliesst nordwärts – durch einen jüngeren traufseitigen Anbau mit dieser verbunden – ein steinerner Speicher, der früher zur Obermühle gehörte (Bauinventarobjekt JON910).
Über einem aus Bruch- und Bollensteinen gemörtelten Sockel erhebt sich die Trotte als schmucker zweigeschossiger Fachwerkbau. Das Ständerwerk ist in einen eichenen Schwellenkranz eingezäpft und in den Fassaden über beide Geschosse durchlaufend. Die grösseren Gefache sind mit diagonal eingespannten, ehemals unter dem Verputz verborgenen Brettern unterteilt und mit Bruchsteinmaterial und Flusswacken gefüllt. In unregelmässigen Abständen sind in den Füllungen mithilfe von Brettchen und Ziegeln dreieckige Zwickel ausgespart, welche eine ständige Luftzirkulation gewährleisten und der Fassade eine malerische Note verleihen. Das Holz zeigte ehemals eine graue Farbfassung, die sich an der durch den Anbau gut geschützten östlichen Trauffassade noch teilweise erhalten hat (siehe Bilddokumentation).
Das geknickte Satteldach mit südseitigem Gehrschild ist als Sparrenkonstruktion über einem liegenden Stuhl aufgerichtet. Auf der dem Wohnhaus zugewandten Seite ist die alte Eindeckung aus einfach verlegten Biberschwanzziegeln noch vorhanden. Zierbeschnitzte Büge stützen die Vorstösse der Wandrähme und Mittelpfetten.
Die spärlichen, meist in der Grösse eines Gefachs eingelassenen Fenster sind mit bauzeitlichen Brettläden verschlossen. Ein breites Rechtecklicht und ein kleine Raute im südlichen Giebelfeld stehen offen. In der südlichen Giebelfassade, unmittelbar an den Eckständer anschliessend, befindet sich ein breites, zweiflügliges Rechtecktor mit originalen Beschlägen. Dazu existiert ein schmaler Zugang auf der dem Wohnhaus zugewandten Westseite (Türblatt entfernt).
Im Innern hat sich die bauzeitliche Ständerkonstruktion vollumfänglich erhalten. Die westliche Hälfte des grossen Raums ist mittels Zwischenboden in zwei Stockwerke unterteilt, während die östliche Hälfte als offener, bis unter den Dachboden reichender Luftraum ausgebildet ist, der wohl ehemals die Baumtrotte aufgenommen hat. Die Balkenlage des Zwischengeschosses ruht auf einem langen kräftigen Unterzug, der in der Mitte des Raums von einer beschnitzten hölzernen Säule mit Sattelholz getragen wird. Das vierkantig geschnittene Holz der Stütze ist mit Basis und kapitellartigem Abschluss gearbeitet und zeigt auf der Vorderseite der zangenartigen Umfassung von Sattelholz und Unterzug die aufgemalte Jahreszahl „1790“. Das sich zu den Enden hin leicht verjüngende Sattelholz wird nach Norden von einer geschnitzten Schnecke abgeschlossen (südliches Ende abgebrochen).
Nordostseitig schliesst an den Trottenbau unter gleich hohem First ein wohl kurz nach der Mitte des 19. Jh. erstellter, holzverkleideter Anbau mit stirnseitigem Klebdächlein an. Das Erdgeschoss ist infolge einer nachträglichen Aufmauerung in Kalksandstein aufgeführt. Eine Wangentreppe führt der westlichen Traufseite entlang zur komplett verschalten Obergeschosslaube. Darunter befindet sich eine einfache Brettertür. In die Giebelfassade eingelassen sind zwei rechteckige, mit Holzlamellen verschlossene Lüftungsöffnungen. Abgesehen von dieser Verlängerung und von einem luftigen, hölzernen Kegelbahnanbau mit Vorhalle auf der Süd- und Ostseite hat sich die Trotte in ihrer ursprünglichen Abmessung und Erscheinung erhalten.

Beim Kernbau des Trottengebäudes besteht mittelfristig Restaurierungsbedarf. Insbesondere müssen das Holzwerk stellenweise stabilisiert und geflickt und die Füllungen der Gefache gefestigt sowie allenfalls ergänzt werden.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Bürgisser 1991, S. 73 (hier fälschlicherweise als Pintenwirtschaft bezeichnet, vgl. S. 74), 183-184 (Lebensdaten Bernhards gemäss Kurzinventar).
[2] Bürgisser 1991, S. 74. Josef Füglistaller ist im Brandkataster ab 1883 als alleiniger Eigentümer der Liegenschaft aufgeführt.
[3] Gemeindearchiv Jonen, Brandkataster Gemeinde Jonen 1812-1828 (Vers.-Nr. 66).
[4] Gemeindearchiv Jonen, Brandkataster Gemeinde Jonen 1876-1898 (Vers.-Nr. 92).
[5] Bürgisser 1991, S. 184.
Literatur:- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 114.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1: Freiamt und Grafschaft Baden, Basel 1996 (Abb. 121).
- Walter Bürgisser, Jonen. Aus der Vergangenheit von Dorf und Pfarrei, 2. erweiterte Auflage, Jonen 1991, S. 22 (Aufnahmeplan von 1812, nach dem Dorfbrand), S. 73-74, 183-184.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0092: Brandkataster Gemeinde Jonen 1899-1938.
- Gemeindearchiv Jonen, Brandkataster Gemeinde Jonen 1876-1898, 1829-1849, 1812-1828.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, III-11/3.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=37674
 

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