INV-JON917 Dorfstrasse 20, 22, 1800 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-JON917
Signatur Archivplan:JON917
Titel:Dorfstrasse 20, 22
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Jonen
Ortsteil / Weiler / Flurname:Unterdorf
Adresse:Dorfstrasse 20, 22
Versicherungs-Nr.:318, 6
Parzellen-Nr.:323, 322
Koordinate E:2671925
Koordinate N:1238763
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2671925&y=1238763

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1800
Grundlage Datierung:Inschrift (Ofenkachel); Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"Jacob Leonti Fischer und Fr Verena Wydler, sein Ehegemahl 1808" (Ofenkachel in Stubenwand von Hausteil Vers.-Nr. 318)
Würdigung:Ehemaliges Strohdachhaus mit charakteristischem Vollwalmdach, das sich als eines von wenigen Häusern noch aus der Zeit vor dem Dorfbrand von 1811 erhalten hat. Das baugeschichtlich interessante Gebäude, das wohl um 1800 aus einem kleineren, ehemals nur zwei Firstständer umfassenden Kernbau hervorging, bildet in seiner bestehenden Form als Doppelwohnhaus mit freistehender Scheune eine typologische Ausnahme gegenüber der verbreiteten Konstellation des bäuerlichen Vielzweckbaus. Das Innere bewahrt eine weitgehend intakte Hochstudkonstruktion, die dreiraumtiefe Raumgliederung und einzelne Elemente der vornehmlich aus dem 19. Jahrhundert stammenden Ausstattung, darunter eine 1808 datierte Ofenkachel. Als westlicher Abschluss der historischen Strassenbebauung kommt dem Gebäude, an dessen Standort seit dem 17. Jahrhundert eine Hofanlage bezeugt ist, eine besondere ortsbauliche Bedeutung zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:1634 ist am Standort des Gebäudes das „Welti Gumanns Haus“ belegt, das damals laut Quellen Hans Gut gehörte [1]. Das bestehende Doppelwohnhaus ging vermutlich um 1800 durch Erweiterung aus einem kleineren Vorgängerbau hervor. Die Dachkonstruktion umfasste ursprünglich nur die beiden östlichen Hochstüde und wurde in einer späteren Bauphase um einen dritten Firstständer nach Westen verlängert. Spätestens seit diesem Zeitpunkt dürfte es als reines Wohnhaus genutzt worden sein. Gemäss einer 1808 datierten Ofenkachel, die im jüngeren westlichen Hausteil in die Stubenwand eingemauert ist, gehörte die Wohnung damals „Jacob Leonti Fischer und Fr Verena Wydler, sein Ehegemahl“. Dabei dürfte es sich um Jacob Leonz Fischer handeln, der in den Brandkatastern von 1812 und 1829 als Haupteigentümer eines zweistöckigen Strohdachhauses mit frei stehender Scheune und Speicher aufgeführt ist [2].
1811 blieb das Gebäude neben weiteren mit Stroh gedeckten Häusern im westlichen Teil des Dorfes vom Feuer verschont. Auf dem Aufnahmeplan nach dem Dorfbrand nimmt es den äussersten Platz, ganz im Westen des Dorfes, ein. Winkelförmig dazu angeordnet ist darauf eine ebenfalls hölzerne und mit Stroh gedeckte, frei stehende Scheune mit Speicher, der Vorgängerbau der heute bestehenden Stallscheune [3].
1876 war Martin Fischer alleiniger Eigentümer der Liegenschaft. Laut Brandkataster war das Wohnhaus zu diesem Zeitpunkt bereits mit Ziegeln eingedeckt. Etwas später, sicher aber noch im 19. Jh., wurden die Fassaden der hinteren Gebäudehälfte mit Backsteinen neu aufgeführt und mit Einzelfenstern ausgestattet (siehe historische Aufnahme, Bilddokumentation) [4]. 1897 wurde das Gebäude unter Leonz und Xaver Fischer wiederum aufgeteilt, wobei der als Wagner tätige Leonz zusätzlich eine Werkstatt erhielt. Gemäss Brandkataster von 1898 bewohnte Xaver den jüngeren westlichen Teil des Hauses. Sein Anteil ging 1926 an „J[ako]b Gemeinderat“ über bzw. an die Erben und blieb bis heute in Familienhand. Der von Leonz bewohnte ältere östliche Hausteil und die Schweineställe wurden wohl noch im frühen 20., sicher aber vor 1937, Jh. an Michael Schweikard, Maurer, veräussert.
Wesentliche Veränderungen am äusseren Erscheinungsbild erfuhr das Doppelwohnhaus durch die im Verlauf des 20. Jh. angebrachte Holzverschalung über den Ständerbohlenwänden der vorderen Gebäudehälfte. Rückseitig wurden das mächtige Walmdach leicht angehoben und die Wände mit einem Verputz versehen. Im Innern sind beide Wohnungen stark verändert, lassen als wesentliches Merkmal aber noch die ursprüngliche dreiraumtiefe Gliederung erkennen.
Beschreibung:Das um Gartentiefe von der Strasse zurückversetzte Wohnhaus ist Bestandteil einer alten Hofanlage, welches die kompaktere Bebauung des Dorfes nach Westen abschliesst. Mit seinem steilen, weit herabgezogenen Vollwalmdach hat das Doppelwohnhaus die typische Form eines ehemaligen Strohdachhauses bewahrt. Die Dachhaut besteht aus einer Einfachdeckung aus zum Teil noch alten Biberschwanzziegeln. In der Nordostecke ist das Dach über einen rückseitigen Anbau geschleppt. Das vorderseitig unter der jüngeren Holzverkleidung noch als Bohlenständerbau bestehende Gebäude ist mit der Stubenfront nach Südosten ausgerichtet. Diese ist mit je vier Fensterachsen pro Hausteil regelmässig gegliedert, nur im Erdgeschoss der westlichen Haushälfte ist ein zusätzliches Fenster eingeschoben. Axial ist die Verteilung der Fenster auch auf der später aufgemauerten Rückseite, während die teils hölzernen, teils gemauerten Schmalseiten mit den ungefähr mittig angelegten Hauseingang unregelmässig gegliedert sind. Die in Backstein erneuerten Fassadenteile weisen im Erdgeschoss gefalzte Steingewände auf; der Hauseingang auf der Südwestseite zeichnet sich durch eine spätklassizistische Form mit zwei schmalen flankierenden Fenstern aus.
Im Hausinnern ist die ehemalige dreiraumtiefe Grundrissanlage mit zentralem Erschliessungs- und Küchenbereich teilweise noch erkennbar. Um Raumhöhe zu gewinnen, wurden die Balkenlagen zwischen den Geschossen versetzt, angehoben oder erneuert. Die merkwürdige L-förmige „Verzahnung“ beider Hausteile im Erd- und Dachgeschoss (nicht aber im Obergeschoss), hat ihre Ursache vermutlich in den komplizierten Eigentumsverhältnissen, die in der Vergangenheit des Hauses mitunter geherrscht haben. Die ursprüngliche Ausdehnung des Kernbaus lässt sich im Dachraum ablesen, wo sich die rauchgeschwärzte Hochstudkonstruktion samt First, Unterfirst, Windstreben, Sperrrafen und Rafen erhalten hat. Die insgesamt drei Firstständer werden von einem hölzernen Gerüst über dem Estrichboden abgefangen. Sowohl dieses Gerüst, wie auch der First und Unterfirst sind nach Westen angesetzt worden. Die grösstenteils noch vorhandenen bauzeitlichen Rafen sind in ihrer radialen Stellung auf die beiden östlichen Hochstüde ausgerichtet. Dass die Erweiterung des Hauses relativ früh erfolgte, ist aufgrund der durchgehend rauchgeschwärzten Hölzer anzunehmen. Sie erfolgte somit zu einem Zeitpunkt, als der Rauch vom Funkenfang über der Herdstelle noch in den offenen Dachraum geleitet wurde, wo er langsam ins Freie dringen konnte.
Beide Hausteile weisen noch einzelne Teile der historischen Ausstattung aus dem 19. Jh. und der Zeit um 1900 auf. Die westliche Wohnung bewahrt in der Stube, eingemauert in die Feuerwand, eine blau bemalte Fayence-Kachel des Vorgängerofens mit der Inschrift „Jacob Leonti Fischer u. Fr. Verena Wydler , sein Ehemahl. 1808.“ Weiter haben sich Einbauschränke (Stube, Nebenstube), Nadelholztäfer (Eckzimmer im Hinterhaus) und eine alte Füllungstür (darüber liegendes Eckzimmer) erhalten. Die östliche Wohnung weist im Obergeschoss eine Füllungstür und ein Wandtäfer aus stehenden Bohlen und Leisten auf, des weiteren gefaste Konstruktionshölzer und alte Bodenbretter.
Entlang der Vorderfassade führt eine Treppe zum flach gedeckten Keller unter dem Vorderhaus des westlichen Hausteils, während sich der Eingang zum Kellerraum des östlichen Hausteils auf der Rückseite befindet.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Bürgisser 1991, S. 186.
[2] Die Versicherungsnummer des Hauses lässt sich nicht eindeutig zurückverfolgen, da der Brandkatasterband von 1850 fehlt. Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1812-1828 (Vers.-Nr. 9); 1829-1849 (Vers.-Nr. 8A-C). 1812 gehörte die Hälfte des Wohnhauses Jacob Leonz Fischer, je ein Viertel gehörte Balz Meyer und Johanes Fischer.
[3] Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1812-1828 (Vers.-Nr. 10), 1829-1849 (Vers.-Nr. 9A-B).
[4] Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1876-1898 (Vers.-Nr. 4A-B). Im Brandkataster ist das Gebäude ab 1899 als Gebäude aus Stein und Holz mit Ziegeln erfasst: Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0092: Brandkataster Gemeinde Jonen 1899-1938 (Vers.-Nr. 6A-B).
[5] Vgl. Anm. 2.
Literatur:- Walter Bürgisser, Jonen. Aus der Vergangenheit von Dorf und Pfarrei, 2. erweiterte Auflage, Jonen 1991, S. 22-23 (Plan von 1812, nach dem Dorfbrand), 186.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0092: Brandkataster Gemeinde Jonen 1899-1938.
- Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1812-1828, 1829-1849, 1876-1898.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, III-11/21
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=37722
 

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