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INV-JON928 Litzihof 10-16, 1736-1737 (Dossier (Bauinventar))
Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1736 - 1737 |
Grundlage Datierung: | Dendrochronologische Analyse |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerliches Wohnhaus |
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Dokumentation |
Würdigung: | Bau- und nutzungsgeschichtlich interessantes ehemaliges Strohdachhaus, das als eigentliches Stammhaus des seit dem Spätmittelalter bezeugten Litzihofs gilt. Das vorliegende Gebäude wurde 1736/37 vermutlich von Grund auf neu erstellt, womöglich unter Verwendung von älteren Bauteilen. Mit einer zugehörigen freistehenden Scheune und einem Speicher- und Trottengebäude (Bauinventarobjekt JON927) bildete es den eigentlichen Kern der ländlichen Kleinsiedlung. Von der bauzeitlichen Ausprägung als Bohlenständerbau mit Walmdach blieben in wesentlichen Teilen die südseitige hölzerne Stubenfront und auch die fünfteilige rauchgeschwärzte Hochstudkonstruktion erhalten. Sukzessive bauliche Veränderungen und Aufteilungen haben zum vielfältigen Erscheinungsbild als Stein-, Fachwerk- und Holzbau unter mächtigem Giebeldach, mit vier quer zum First angeordneten Wohnungen, geführt. Bis zum heutigen Tag bestimmt der grossvolumige Baukörper in wesentlichem Masse das Ortsbild von Litzi. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Mit einer urkundlichen Erwähnung von 1312 reicht die Geschichte des Litzihofs bis ins Spätmittelalter zurück [1]. Ursprünglich handelte es sich um einen "Steckhof" ohne Anrecht auf gemeinwirtschaftliche Wald- und Allmendnutzung, welcher in der Folge 1592 ins Dorfrecht von Jonen aufgenommen wurde. "Der Litzihof war Jahrhunderte lang ein einziger grosser Hof und umfasste 9 Mannswerk Matten und 35 Jucharten Ackerland. Die Stadt Bremgarten verkauft ihn mit Haus, Scheune, Trotten und allem Land im Jahr 1735 den Brüdern Jakob und Hans Jakob Rüttimann von Arni. Diese teilten den Hof unter sich" [2]. Im Gefolge der Güterteilung von 1735 dürfte das als "Stammhaus von Litzi" bekannte Bauernhaus von Grund auf erneuert worden sein. So hat eine dendrochronologische Untersuchunge für die Eichenschwellen wie auch das Ständergerüst und die Hochstud-Dachkonstruktion das Fälljahr Herbst/Winter 1736 ergeben [3]. Zu diesem Befund passt die unscheinbar in einen Schwellbalken der Südfassade eingeritzte Jahreszahl 1737. In der ursprünglichen Konstellation könnte es sich um einen bäuerlichen Vielzweckbau mit ostseitigen Wohnteilen und einem in der Nutzungsanordnung nicht mehr genau eruierbaren Ökonomietrakt (Tenn, Ställe, eventuell noch Wagenremise) gehandelt haben. Im Gefolge eigentumsrechtlicher Aufteilungen wurde das Gebäude aber schon früh, wohl bereits im 18. Jh., zu einem Mehrfachwohnhaus umgebaut. Schon im ersten Brandkatastereintrag von 1812 ist von einem "zweistökigen Haus von Holz, mit Ziegel und Stroh gedekt" die Rede, in das sich Joseph Rüttimann (1/3), Johannes Widler (1/3), Jakob Leonz Rüttimann (1/6) und Leonz Rüttimann (1/6) teilten [4]. Zur Hofanlage gehörten damals eine freistehende strohgedeckte Scheune westlich des Wohnhauses (Vers.-Nr. 157, in stark veränderter Form noch erhalten) und ebenso ein Nebengebäude mit Speicher und Trotte (Vers.-Nr. 162; Bauinventarobjekt JON927). Diese Verhältnisse sind auf der Michaeliskarte von 1840 anschaulich dargestellt (vgl. Bilddokumentation). Im Verlauf des 19. Jh. fanden sukzessive bauliche Veränderungen statt, welche dem Gebäude sein heutiges Erscheinungsbild verliehen. Eine deutliche Erhöhung des Versicherungswertes um 1830 lässt vermuten, dass der westliche Hausteil (Litzi 10; Vers.-Nr. 158A) damals eine neue Stirnwand aus Fachwerk und Holz erhielt; wohl gleichzeitig wurde die vormals stärker abgewalmte Dachfläche in einen Gehrschild umgewandelt, der südwestliche schmalere Gebäudeflügel angefügt und der gesamte Hausteil mit Ziegeln eingedeckt. Vermutlich im späteren 19. Jh. hat man die strassenseitigen Umfassungswände teilweise aufgemauert und die verbliebenen Teile der Strohbedachung durch Ziegel ersetzt; in diesem Zusammenhang dürfte auch die ostseitige Verlängerung des Walms zum bestehenden Satteldach erfolgt sein (Litzi 16; Vers.-Nr. 158D). Im Brandkatastereintrag von 1898 ist nun von einem "Wohnhaus aus Stein, Riegel, Holz, mit Ziegeldach" die Rede; spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte also das "Litzihaus" seine heutige Form als breitgelagerter Giebelbau mit teilweise gemauerten Fassaden und verwinkelten Grundrissverhältnissen erhalten haben. In jüngerer Zeit fanden namentlich in den beiden westlichen Hausteilen grössere Renovationen und Umbauten statt. So wurde das Deckenniveau des Obergeschosses in den Dachraum angehoben, und auch die innere Raumstruktur und Ausstattung hat einige Veränderungen erfahren. |
Beschreibung: | Das grossvolumige Gebäude erhebt sich mit Firstrichtung Ost-West traufständig an der Litzistrasse, wo es das räumliche und zugleich entwicklungsgeschichtliche Zentrum der kleinen ländlichen Siedlung bildet (vgl. Bau- und Nutzungsgeschichte). Zum "Stammhaus" von Litzi gehörten das westlich benachbarte Ökonomiegebäude Vers.-Nr. 157 (ehemals strohgedeckte Scheune, nur noch in Resten vorhanden) sowie ein nordöstlich stehendes Speicher- und Trottengebäude (Bauinventarobjekt JON927). Zumindest strassenseitig tritt uns das Litzihaus heute als steilgiebliger Baukörper mit mehrheitlich gemauerten oder in Fachwerk aufgeführten Aussenwänden sowie vier quer zum First angeordneten Hausteilen entgegen, und von seiner ursprünglichen Ausprägung als hölzernes Strohdachhaus mit Walmdach ist hier kaum mehr etwas ablesbar. An der strassenabgewandten Südfassade aber haben sich wesentliche Teile der alten Bohlenständerkonstruktion erhalten. Auf dem gemauerten Kellersockel liegt eine kräftige eichen Schwelle, deren diverse Ansatzstellen Zeugnis von der bewegten Baugeschichte des Hauses ablegen. An der Stubenfront des alten, östlich gelegenen Wohnteils (Litzi 16) ist das zweigeschossig hochgeführte Ständergerüst mitsamt den Wandfüllungen (Flecklinge im EG, Bohlen im OG) und der zeittypischen Reihenbefensterung vor der Stube noch erhalten. Ebenso zum originalen Baubestand zu rechnen ist der in Fachwerk aufgeführte Kniestock, laufen doch die Wandständer bis auf Höhe des Kniestockrähms durch und sind dort durch verblattete Kopfhölzer verstrebt. Ein hölzerner Wandaufbau, allerdings mit etwas jünger wirkender, axialer Einzelbefensterung findet sich auch an der Südfassade des westlichen Hausteils Litzi 10 (restliche Teile der Südfassade mit jüngerer Chaletverschalung bzw. mit flächigem Verputz). Am benachbarten Hausteil hat man anlässlich einer kürzlich erfolgten Renovation das alte Ständergerüst mit wohl jüngeren Fleckling-Füllungen strassenseitig wieder freigelegt. Die Trennwände im Hausinnern sind teilweise noch in der originalen Bohlenständerbauweise aufgeführt. Als wertvolles Zeugnis des ehemaligen Strohdachhauses blieb im Dachraum die alte, rauchgeschwärzte Hochstudkonstruktion in grossen Teilen erhalten. Das eigentliche Traggerüst des Hauses bilden fünf mächtige Hochstüde (Firstständer), die in Längsrichtung durch die Firstpfette und ein Mittellängsrähm miteinander verbunden sind. Über dem Firstbalken hängen die paarweise angeordneten Rafen. Die Aussteifung des Grundgerüsts in Querrichtung erfolgt durch die horizontalen Spannbäume, die schrägen Sperrrafen und im vorliegenden Fall durch zusätzliche stehende Stuhljoche. In Längsrichtung verstärkend wirken der etwa einen Meter unterhalb der Firstpfette verlaufende Unterfirst ("Chatzebaum") sowie Windstreben, die an den Hochstüden ansetzen, sich schräg hinauf bis zur Firstpfette ziehen und dabei den Unterfirst kreuzen. Der gesamte Aufbau ist zimmermannstechnisch ausgereift und von erheblicher handwerklicher Qualität. Im Dachraum des alten, östlichen Wohnteils (Litzi 16) ist am Dachgebälk die Ansatzstelle der ursprünglichen Abwalmung deutlich ablesbar. Die innere Raumorganisation hat sich im alten, östlichen Wohnteil (Litzi 16) weitgehend erhalten. Es handelt sich um einen dreiraumbreiten Grundriss mit zentraler, von der Stirnseite des Hauses her zugänglicher Küche, südseitig anschliessenden Wohnräumen (Stube und Nebenstube) sowie einer nördlich gelegenen Kammer, die man als Abstell- und Vorratskammer nutzte. Vermutlich gehörte der nördliche Bereich, wo sich heute Waschküche und Bad befinden, früher ebenfalls zur Küche; hier soll sich einst eine zweite Feuerstelle mit einem Rauchfang befunden haben. Ursprünglich bestanden keine geschlossenen, über die Dachhaut reichenden Kaminzüge. Man leitete den Rauch lediglich ins Obergeschoss bzw. in den Dachraum, von wo er durch die Stroheindeckung ins Freie entwich. Durchgehend geschwärzte Dachbalken zeugen von der früheren Existenz einer offenen Rauchküche, wie sie bei den Strohdachhäusern verbreitet war. Unter dem alten Wohnteil erstreckt sich ein geräumiger Kellerraum mit kräftigen, von Holzsäulen gestützten Deckenbalken, deren urtümliche Erscheinung auf ein hohes Alter hindeutet [5]. Die übrigen Hausteile haben im Laufe der Zeit grössere Veränderungen erfahren, so dass keine verlässlichen Angaben zu den ursprünglichen Verhältnissen mehr möglich sind. An nennenswerter historischer Ausstattung sind in der südöstlichen Stube des alten Wohnteils Litzi 16 ein grüner Kachelofen mit Sitzkunst sowie in der anschliessenden Wohnung Litzi 14 ein Einbaubuffet erhalten [6]. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung. |
Anmerkungen: | [1] Zur Geschichte des Litzihofs vgl. Bürgisser 1991, S. 25-26; Widler 1998, S. 50-53. [2] Bürgisser 1991, S.26. [3] Büro für Archäologie der Stadt Zürich, Dendrochronologischer Untersuchungsbericht Litzihof 158, September 1996. [4] Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1812-1828; 1829-1849; 1876-1898; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0092: Brandkataster Gemeinde Jonen 1899-1938. [5] Der altertümlich wirkende Trämkeller könnte womöglich noch vom älteren Vorgängerbau stammen. Anlässlich der dendrochronologischen Altersbestimmung von 1996 wurden im Kellerbereich leider keine Holzproben entnommen. [6] Eine stattliche gestemmte Innentür mit kunstvollem Beschlagwerk im Wohnteil Litzi 10 ist in Zweitverwendung eingebaut. |
Literatur: | - Walter Bürgisser, Jonen. Aus der Vergangenheit von Dorf und Pfarrei, Jonen 1991 (2. erweiterte Auflage). - Max Widler, Es bsonders Volk, Litzi. Mörgeln, Obschlagen – die Aussenhöfe von Jonen, Jonen 1998. |
Quellen: | - Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Jonen, III-11/36. - Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1812-1828; 1829-1849; 1876-1898. - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0092: Brandkataster Gemeinde Jonen 1899-1938. |
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