INV-LEN944 Alte Hypothekarbank, 1913-1914 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-LEN944
Signatur Archivplan:LEN944
Titel:Alte Hypothekarbank
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Lenzburg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Bahnhofstrasse
Hist. Name Objekt:"Lenzhof", "Alte Hypi"
Adresse:Bahnhofstrasse 3
Versicherungs-Nr.:896
Parzellen-Nr.:496
Koordinate E:2655804
Koordinate N:1248819

Chronologie

Entstehungszeitraum:1913 - 1914
Grundlage Datierung:Schriftliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bürohaus, privates Verwaltungsgebäude
Epoche / Baustil (Stufe 3):Heimatstil

Dokumentation

Autorschaft:Emil Faesch (1865-1915), Architekt, Basel
Würdigung:1913/14 nach Plänen des renommierten Basler Architekten Emil Faesch errichteter imposanter Neobarockbau, der ursprünglich den Geschäftssitz der Hypothekarbank Lenzburg beherbergte. Der verputzte Mauerbau, der in zeittypischer Weise unter einem hohen Mansardendach geborgen ist, hat sich in seiner äusseren Erscheinung mit Ausnahme des Eingangsbereichs intakt erhalten. Er besticht durch die Sorgfalt der vom Reformstil inspirierten Detailgestaltung, welche ebenso die aufwendigen Hausteinpartien wie die schmucken Vergitterungen und die Spenglerarbeiten bestimmt. Das Innere bewahrt noch Teile der hochwertigen ursprünglichen Ausstattung; die ehemaligen Geschäfts- und Büroräume der Bank wurden hingegen zu einem Bekleidungsgeschäft umgebaut. An prominenter Lage unmittelbar vor der Altstadt an den Ausgangspunkt der Bahnhofstrasse gestellt, kommt dem Gebäude erheblicher Situationswert zu.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Hypothekarbank, die bis dahin im barocken Wohnhaus Steinbrüchliweg 1 (Kantonales Denkmalschutzobjekt LEN029) domiziliert war, beschloss 1912 einen Neubau an der Bahnhofstrasse, mit dem man sich einen eigens zu diesem Zweck eingerichteten und zudem prominenter gelegenen Geschäftssitz verschaffen wollte. Der vorgesehene Bauplatz unmittelbar vor der Altstadt war 1910 mit dem „Durchbruch“ zur Rathausgasse zusätzlich aufgewertet worden. Von mehreren Konkurrenzprojekten entschied man sich für jenes des bekannten Basler Architekten Emil Faesch (1865-1915), welcher den Neubau 1913/14 als eines der letzten Werke kurz vor seinem frühen Tod ausführte [1].
1975 bezog die Hypothekarbank den unmittelbar gegenüber gelegenen Neubau, worauf der alte Geschäftssitz veräussert und mit Beseitigung von Zwischenwänden im Bereich der ehemaligen Schalter- und Büroräume zu einem Bekleidungsgeschäft umgebaut wurde. Die in diesem Rahmen ausgebauten Bürotüren sind im Dachgeschoss eingelagert. 2008 erfuhr das Gebäude eine Renovation, bei der die Fenster ersetzt und die original erhaltenen Bereiche im übrigen nach denkmalpflegerischen Kriterien instandgestellt wurden.
Beschreibung:Der alte Geschäftssitz der Hypothekarbank Lenzburg erhebt sich in prominenter Lage am Ausgangspunkt der Bahnhofstrasse unmittelbar vor der Altstadt, wo es das Nachbarhaus des 1899 bezogenen Postgebäudes (heute Bürogebäude Bahnhofstrasse 1) bildet. Die gegenüberliegende Strassenseite nimmt der neue Sitz der Hypothekarbank von 1975 ein, der seinerseits drei Villen aus der Zeit um 1900 ersetzte. Bei der Alten Hypothekarbank von 1913/14 handelt sich um einen wuchtigen neobarocken Heimatstilbau, der unter einem steilen, hoch aufragenden Mansardwalmdach liegt. Der blockhaft gestaltete zweigeschossige Baukörper ist nach den verschiedenen Seiten jeweils unterschiedlich, aber immer streng axialsymmetrisch gegliedert. Die verputzten Fassaden setzen über einem teilweise fast geschosshohen Gebäudesockel aus grob bossiertem Muschelkalk auf; sie werden von breiten Ecklisenen aus demselben Material gerahmt, die im Sinn des Reformstils eine kunstvoll verfremdete Pilastergliederung mit vertieften Felderungen und abschliessendem Reliefschmuck zeigen. Die eng gesetzten, vergleichsweise grossflächigen Fensteröffnungen sind im Erdgeschoss mit Zahnschnittgesimsen verdacht und weisen noch mehrheitlich die gebauchten bauzeitlichen Vergitterungen in Neobarockformen auf. Die etwas einfacher gestalteten Obergeschossfenster besitzen noch die alten Brettläden mit gefelderten Einsätzen.
Die nach Nordosten auf die Bahnhofstrasse gerichtete Schaufassade zählt fünf Fensterachsen. Den Hauptakzent setzt der mit einem geschweiften Blechdächlein gedeckte Portalvorbau. Die sorgfältig gestaltete, mit Pflanzenmotiven dekorierte Werksteinarbeit aus Muschelkalk fasst mit zwei gekoppelten Pilastern und einem Architrav das reliefverzierte Portalgewände (heute durch Metalltür, Reklameschild und flankierende Schaufensterboxen beeinträchtigt). Die Nordwest- und Südwestfassade sind mit jeweils vier Achsen von Einzelfenstern streng regelmässig gegliedert. Die Südostfassade nimmt in ihrer Mittelachse den Nebeneingang auf, der auch der seit jeher im Gebäude untergebrachten Privatwohnung diente. Er bewahrt das ursprüngliche geschweifte Vordächlein sowie das bauzeitliche Türblatt mit schmuckem Schmiedeeisengitter. Das Dach besitzt eine Biberschwanz-Doppeldeckung. Das Mansardgeschoss ist in den Fensterachsen mit geschweiften Blechlukarnen bestückt; originale Spenglerarbeiten sind auch die sorgfältig gestalteten Rinnenkästen. Der markante ursprüngliche Kamin wurde bei der Renovation nach 1975 abgebrochen.
Das Innere beherbergte in den beiden Vollgeschossen die Geschäfts- und Büroräume der Bank, zu denen noch das Untergeschoss mit den Tresorräumen hinzukam und die bereits ursprünglich über eine interne Erschliessung miteinander verbunden waren. Das Haupttreppenhaus an der Südwestfassade erschliesst zusätzlich zu den Hauptgeschossen auch die im Mansardgeschoss gelegene Wohnung. Das Haupttreppenhaus und das Direktionszimmer der Bank sind weitgehend im Originalzustand erhalten und fachgerecht gepflegt, während die von einem Bekleidungsgeschäft genutzten ehemaligen Bankräume nur noch einzelne Elemente der ursprünglichen Raumeinteilung und Ausstattung bewahren. Das grosszügig gestaltete Treppenhaus besitzt eine ringsumlaufende Kunststeintreppe mit grossem Treppenauge. Es wird durch schöne Kunstschmiedearbeiten am Geländer wie auch an den Durchgängen zu den Bankräumen akzentuiert und ist mit Rupfen (gestrichener textiler Wandbelag) ausgekleidet.
Zum Direktionszimmer führt ein eigener, ursprünglich auch von der Schalterhalle zu betretender Gang, der von einem weiteren, chorgitterartig gestalteten Schmiedeeisentor mit Initialen der Hypothekarbank Lenzburg unterteilt wird. Der Raum selbst ist mit aufwendigem holzsichtigem Nussbaumtäfer ausgestattet, das eine profilierte Felderung in reduzierten Neobarockformen zeigt. Passend zum Täfer gestaltet sind auch Radiatorgitter, ein Wandschrank mit ornamental gesprossten Glastüren und Uhr sowie der Schreibtisch; des weiteren gehört ein Messingleuchter zur originalen Ausstattung. Der ursprüngliche Bodenbelag ist wohl unter dem Spannteppich erhalten. Die Tür besitzt einen eigens für den Bau entworfenen, geschweiften Drücker aus Bronze samt ornamentiertem Abdeckblech. Einfacher gestaltet sind die bauzeitlichen Wandschränke im Vorzimmer. In den ehemaligen Schalter- und Geschäftsräumen wurden die Zwischenwände weitgehend entfernt. Erhalten blieben die Auskleidung des Portalvorbaus aus poliertem graurotem Marmor, die innere Treppe sowie die Gipsgewölbe über dem Vorplatz des Obergeschosses. Die ehemaligen Bürotüren sind im Estrich eingelagert. Im Keller besteht noch der ehemalige Banktresor. Im ersten Obergeschoss stösst an das Treppenhaus ein Garderoberaum mit originalen hölzernen Spinden an. Die Wohnung im Mansardgeschoss besitzt vergleichsweise grosszügige Räume mit verglaster Flügeltür und bauzeitlichem Wandschrank. Das Dachgerüst ist ein Pfettenkonstruktion auf Dreiecksbindern.
Vor dem Haus erhebt sich eine Reihe stattlicher, für das Stadtbild wichtiger Rosskastanien. Von der ursprünglichen Gartenmauer ist noch ein Teilstück zur Bahnhofstrasse hin erhalten.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Baugeschichte nach einem Exposé von Urs F. Meier, freundlicherweise zur Verfügung gestellt durch den Verfasser, sowie Neuenschwander 1994, S. 206f. – Zu Emil Faesch, dessen wichtigste Werke etwa den Centralbahnhof (SBB-Bahnhof) und die Mittlere Rheinbrücke in Basel, im Kanton Aargau die Hochbauten des Rheinkraftwerks Laufenburg (1908-14, Bauinventarobjekt LAU912) umfassen, vgl. Isabelle Rucki / Dorothee Huber (Hrsg.), Architektenlexikon der Schweiz, 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 169.
Literatur:- Heidi Neuenschwander, Geschichte der Stadt Lenzburg. 19. und 20. Jahrhundert [Geschichte der Stadt Lenzburg, Bd. III], Aarau 1994 (auch erschienen als: Argovia, Bd. 106/1), S. 206f.
Quellen:- Urs F. Meier, 100 Jahre Hypi-Gebäude, Typoskript (Kopie Kantonale Denkmalpflege).
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=39570
 

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