INV-MEN916 Alte Mühle, 1800 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
1/2

Identifikation

Signatur:INV-MEN916
Signatur Archivplan:MEN916
Titel:Alte Mühle
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Menziken
Adresse:Hauptstrasse 48
Versicherungs-Nr.:343
Parzellen-Nr.:517
Koordinate E:2656772
Koordinate N:1232324
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2656772&y=1232324

Chronologie

Entstehungszeitraum:1800
Grundlage Datierung:Inschrift (Schlussstein Eingang Mühleraum und Mahlstuhl)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Mühle

Dokumentation

Inschriften:"H WI A W 1800" (Schlussstein nördlicher Eingang Mühleraum); "1800" (Schlussstein südlicher Mühleneingang); "H IA … WIRZ 18 00 …" (Mahlstuhl); "OS W Zur alten Mühle" (Schlussstein und Türsturz Haupteingang)
Würdigung:Die Alte Mühle ist ein imposanter zweigeschossiger Mauerbau aus dem Jahr 1800, der ein mächtiges Dach mit Gehrschilden und einer strassenseitigen Ründe besitzt. Neben den spätbarocken Tür- und Fenstereinfassungen aus Muschelkalk bewahrt das Gebäude im Innern den kaum veränderten Mühleraum mit eichenem Mahlstuhl und Teilen des Antriebsmechanismus. Der grossvolumige, als "Querriegel" in den Strassenraum gerückte Baukörper nimmt eine pägende Stellung im alten Ortskern ein. Unübersehbar zählt die Alte Mühle zu den ganz wichtigen und zudem seltenen gewerbegeschichtlichen Bauzeugen in Menziken.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Von einer mittelalterlichen Mühle in Menziken, die 1173 als Eigentum des Stifts Beromünster aufgeführt wird und im Laufe des 14. Jh. als Erblehen an die Herren von Rynach überging, verliert sich in den Quellen nach 1441 die Spur. 1592 erhielt Rudolf Burger von der Berner Obrigkeit die Bewilligung zum neuerlichen Bau einer Mühle in Menziken. Deren Fundamente waren schon gesetzt, als dem Neubau grosser Widerstand von Seiten des Besitzers der Reinacher Mühle, Untervogt Hans Hauri, und anderer Müller der Grafschaft Lenzburg erwuchs. Die mächtige Gegnerschaft setzte sich schliesslich durch. Dem an Burger ausgestellten Mühlebrief wurde die Gültigkeit per Ratsentscheid abgesprochen und Untervogt Hauri verpflichtet, dem Geschädigten 100 Kronen an die bisherigen Auslagen zu zahlen.
Erst als 1798 der Zunftzwang aufgehoben und die Gewerbefreiheit gesetzlich garantiert wurde, konnte in Menziken eine neue Mühle erbaut werden. Eine Konzession mit den notwendigen Wasserzuleitungen wurde 1799 Hans Jakob Wirz, Bezirksrichter in Menziken, erteilt. Hans Jakob Wirz wählte als Bauplatz das Grundstück südlich des von den Eltern geerbten Stammhauses. Das Wasser wurde aus der Wyna und aus dem Rickenbach zugeleitet. Die Einrichtung umfasste ursprünglich zwei Mahlgänge und eine Rönnle, die von drei Wasserrädern getrieben wurden. Auf das Jahr der Erbauung weisen die Inschrift im Schlussstein über dem nördlichen Eingang zum Mühleraum ("H WI A W 1800") und fragmentarisch am Mahlstuhl ("H IA … WIRZ 18 00 …").
1818 liess Hans Jakob Wirz im Obergeschoss des Mühlengebäudes eine Wohnung einbauen, wo er nach der Übergabe an seinen Sohn Johann Rudolf noch bis 1825 lebte. Letzterer richtete 1819 in den restlichen Räumen des Obergeschosses eine Spinnerei ein. Das Triebwerk war im Dachraum untergebracht, die Kraft stammte von einem der drei Wasserräder. In den 1840er Jahren wurden wieder alle drei Wasserräder für den Müllereibetrieb genutzt und 1850 wurde die Spinnerei-Konzession gelöscht.
Auch die Umgebung der Mühle veränderte sich. Gemäss Plan von 1858 war früher südlich des Mühlengebäudes ein barocker Garten angelegt. Noch vor 1858 wurde die Mühlenanlage nordseitig um eine von der Strasse zurückversetzte, rechtwinklig hinzugestellte Scheune ergänzt (1963 durch Mehrfamilienhaus ersetzt). Zum Areal gehörte ab 1892 auch der westlich davon stehende Speicher, der nach dem Brand des strohgedeckten Stammhauses der Familie Wirz im Jahr 1881 übrig geblieben war (Bauinventarobjekt MEN914).
Gegen Ende des 19. Jh. ersetzte der Grossenkel Rudolf Wirz die oberen beiden Wasserräder durch ein einziges grösseres und erneuerte auch das untere Rad. Dennoch war der Müllereibetrieb für die Besitzer schon bald nur noch von zweitrangiger Bedeutung. Um 1929 wurde vorwiegend noch im Winter gemahlen. Anfangs der 1950er Jahre gab Oswald Wirz in sechster Generation den Betrieb ganz auf, die Konzession behielt er noch bis 1975, dann wurden die Stauvorrichtungen in Wyna und Rickenbach entfernt und der Mühlekanal zugeschüttet [1].
Beschreibung:Das giebelständig über langrechteckigem Grundriss errichtete Mühlengebäude ist ein verputzter Mauerbau unter einem geknickten Satteldach mit Gehrschilden. Die strassenseitige Stirnfront zeichnet sich durch steinsichtige Eckquader und eine bretterverschalte Ründe aus. In der westlichen Gebäudehälfte befindet sich der ebenerdig zugängliche, überhohe Mühleraum, während die zur Strasse hin liegenden Wohnräume samt Mittelgang über einem Kellergeschoss angehoben sind. Das Obergeschoss läuft über beide Gebäudehälften hinweg. Die strenge Achsenbildung täuscht darüber hinweg, dass sich der Wohnteil nach Süden mit sechs, nach Norden aber nur mit fünf Fenstern öffnet.
Die geohrten Türgewände und etwas schlichteren Fenstereinfassungen sind aus Muschelkalkstein gefertigt und stichbogig ausgeschnitten. Der Mühlenraum ist wie der Mittelgang von beiden Traufseiten her zugänglich. Am Schlussstein des nördlichen Eingangs (Brettertür mit Biedermeier-Türdrücker) sind die Jahrzahl 1800 und die Initialen "H WI M W" des Bauherrn Johann Wirz und seiner Ehefrau Maria Wildi angebracht, am gegenüber liegenden Südeingang das Baudatum sowie das Müllerwappen. Die erneuerte Tür zum erhöht gelegenen Wohnteil ist über eine zweiläufige Steintreppe erreichbar. Die am Schlussstein angebrachte Inschrift "Zur alten Mühle" stammt von der Renovation 1953.
Der heute noch sichtbare Mühlekanal führt von Süden her zur Mühle. Während die beiden noch aus dem 19. Jh. stammenden, oberschlächtigen Wasserräder samt Kammrad um 1950 entfernt wurden, ist fast der gesamte Mahlstuhl noch vorhanden, desgleichen wesentliche Teile des Transmissionsmechanismus [2]. Am eichenen Mahlstuhl hat sich fragmentarisch die Müllerinschrift "H IA... WIRZ 18 00 ....." erhalten. In den Mühlenraum hineingestellt ist das ehemalige "Müllerstübli", eine auf Holzstützen aufliegende Kammer, welche auch vom Flur des Wohnteils aus zugänglich ist (Angaben zur Ausstattung gemäss Kurzinventar 1992/95).
Im Zuge der Renovation von 1953-54 erfuhr die Mühle einige bauliche Eingriffe. Der Dachfirst wurde um eine Achse bis über das - ehemals unter einem ausladenden Fusswalm untergebrachte - Radhaus nach Westen verlängert. Störend im Gesamtbild wirken sich die beim Dachausbau erstellten, breiten Schleppgauben sowie die der Westfassade vorgelagerten Garagenbauten aus. Ersetzt wurden auch die achtteiligen Sprossenfenster und die Haustür, über der sich seither im Sturz nebst einem Wappen mit den Initialen "OS W" (für Oswald Wirz) die Inschrift "Zur alten Mühle" befindet. Der über einen durchlaufenden Gang im Erdgeschoss mit Treppe ins Obergeschoss erschlossene Wohnteil wurde gänzlich modernisiert (gemäss Kurzinventar 1992/95).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Steiner/Bolliger/Richner 2008, S. 75-87. - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0252-0255: Brandkataster Gemeinde Menziken 1850-1938.
[2] Eines der Räder befindet sich heute wie der ehemalige Mühlespeicher an der Badstrasse 3 (Bauinventarobjekte MEN932 und MEN914).
Literatur:- Max Merz, Die Mühle in Menziken, in: Bericht der historischen Vereinigung Wynental, 1954, S. 27-28.
- Peter Steiner/Rolf Bolliger/Raoul Richner, Die Mühlen im Wynental und seiner Umgebung, Jahresschrift 2007/08 der Historischen Vereinigung Wynental, Menziken 2008, S. 75-87.
- Michael Stettler, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Bd. I: Die Bezirke Aarau, Kulm, Zofingen, Basel 1948, S. 209.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0252-0255: Brandkataster Gemeinde Menziken 1850-1938.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=41346
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds