INV-MUR921 Restaurant "Freyhof", 1842 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-MUR921
Signatur Archivplan:MUR921
Titel:Restaurant "Freyhof"
Bezirk:Muri
Gemeinde:Muri (AG)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Egg
Adresse:Zürcherstrasse 21
Versicherungs-Nr.:263
Parzellen-Nr.:3173
Koordinate E:2668538
Koordinate N:1236516
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2668538&y=1236516

Chronologie

Entstehungszeitraum:1842
Grundlage Datierung:Schriftliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Gasthaus, Gasthof
Epoche / Baustil (Stufe 3):Biedermeier

Dokumentation

Autorschaft:Johann Keusch (1786-1865), Baumeister, Boswil
Würdigung:Dreigeschossiger Mauerbau in strengen klassizistisch-biedermeierlichen Formen, der nach Plänen von Baumeister Johann Keusch aus dem Jahr 1842 errichtet wurde und damit einen der wenigen bekannten Profanbauten dieses bedeutenden Vertreters des Klassizismus im Aargau bildet. Mit seiner stattlichen Erscheinung markiert das Gebäude, in dem seit 1876 die Gastwirtschaft „Freyhof“ betrieben wird, den Westeingang der historischen Strassenbebauung des Dorfteils Egg, wodurch ihm ein hoher Situationswert zukommt.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Aufgrund der Ähnlichkeit mit dem Projekt eines Wohn- und Geschäftshauses für Hans Joseph Müller in Muri-Egg, das im Plannachlass des Boswiler Baumeisters Johann Keusch (1786-1865) überliefert und auf 1842 datiert ist [1], lässt sich der Bau diesem bedeutenden Vertreter des Klassizismus im Aargau zuschreiben. Im Brandkataster von 1850 wird er als „Wohnhaus mit gewölbtem Keller von Stein unter Ziegeldach“ in den Händen von Josef Müller, Färber, erwähnt. 1856 fanden Baumassnahmen statt, bei denen es sich vermutlich um die Aufstockung des westlichen Gebäudeteils handelt. 1862 ging das Haus an Caspar Frei, Müller, über [2].
Die spätere Einrichtung einer Gastwirtschaft ist bei Müller geschildert: "Im März 1876 gelangte Witwe Barbara Frei, Klostermüllers, an die Regierung und schrieb, sie habe vor, neben ihrem Müllerei- und Bäckergewerbe in der Egg im Haus Nr.321, das sehr geräumig sei und an der Hauptstrasse liege, eine Speisewirtschaft zu eröffnen. Der Gemeinderat bescheinigte der Bittstellerin einen guten Leumund und fügte bei, dass das den Erben Frei gehörige Haus für die Betreibung einer Wirtschaft zweckdienlich eingerichtet sei. Die Witwe Frei erhielt die Bewilligung, wofür sie jährlich eine Wirtschaftsgebühr von Fr.90.- und eine Getränkeabgabe von Fr.200.- zu entrichten hatte." [3]
Bis vor einigen Jahren trug das Restaurant den wohl von seiner ersten Wirtin abgeleiteten Namen „Freyhof“. 1983 wurde der ehemalige strassenseitige Hauseingang wegen Strassenausbauten aufgehoben.
Beschreibung:Unmittelbar östlich der Bünz gelegen, markiert das Restaurant "Freyhof" den westlichen Eingang der historischen Strassenbebauung des Dorfteils Egg. Es handelt sich um einen ausgesprochen stattlichen dreigeschossigen Mauerbau in klassizistisch-biedermeierlichen Formen, der in charakteristisch nüchterner Gestaltung vor allem durch seine ausgewogenen Proportionen wirkt. Er artikuliert sich in einen giebelständig zur Strasse gestellten Hauptbaukörper und einen westseitig unter Quergiebel anschliessenden Nebentrakt, die beide unter mässig geneigten, ungebrochenen Satteldächern liegen.
Haupt- und Nebenbau werden von Eckpilastern gefasst und von regelmässig verteilten Fensterachsen streng gegliedert. Zeittypische Akzente bilden die als rundbogige Drillingsfenster ausgebildeten Giebellichter, über denen zudem eine flache Lünette das obere Dachgeschoss belichtet. Ansonsten sind die Fassaden praktisch schmucklos. Der Hauptbaukörper ist gegen die Strasse mit vier Achsen von Einzelfenstern gegliedert, die einfache gefalzte Muschelkalkgewände mit Blockbänken zeigen (letztere erneuert). Ein ehemaliger Eingang ist heute zu einer Fensteröffnung reduziert. Die von der Zürcherstrasse her ebenfalls prominent in Erscheinung tretende östlichen Traufseite zeigt drei Achsen mit verdoppeltem Mittelfenster (im Erdgeschoss nachträglich als Fenstertür zur Terrasse geöffnet). An der rückwärtigen, nördlichen Giebelseite springt ein Treppenhausrisalit vor. Dieser folgt mit zwei Lünettenfenstern ebenfalls biedermeierlichen Architekturformen und befindet sich an der in der Planzeichnung vorgesehenen Stelle, während die exzentrische Anordnung des Risalits wie auch seine an das Giebelfeld der Nordfassade anschliessende Bedachung eher eine nachträgliche Veränderung vermuten lassen. Der westlich anschliessende, eine Fensterachse tiefe Anbau übernimmt die Formen des Hauptbaus, wobei das dreiachsige Giebelfeld hier nur ein einzelnes Rundbogenfenster zeigt. Heute zeigt das Haus einen jüngeren Putz grünlichgrauer Farbe.
Deutlicher als im nachträglich veränderten Bau kommen einige zeittypische Gestaltungsmerkmale im Entwurf Johann Keuschs zum Ausdruck. Während der Hauptbau weitgehend der Planzeichnung entspricht, ist der Nebentrakt dort nur zweistöckig und mit flacher Bedachung dargestellt, was die zeittypische und wohl gewollte Asymmetrie noch verstärkte. Möglicherweise wurde der Anbau erst nachträglich aufgestockt, worauf auch die unterschiedliche Ausgestaltung der Giebelfenster hinweist. Sicherlich war das Giebelfeld über der Strassenfront des Hauses ursprünglich in klassizistischer Manier durch ein Vordach ausgeschieden, wie dies auf dem Keusch-Entwurf dargestellt ist und auch mit der Gestaltung der Nordfassade und des Quergiebels übereinstimmt. Erhalten haben sich von der ehemaligen Instrumentierung die verschalten Dachuntersichten. Das umlaufende Kranzgesims, dessen Breite noch durch die Kapitellzone der Eckpilaster dokumentiert wird, ist hingegen zusammen mit dem Vordach verschwunden. Ob hingegen die zur Strasse gerichtete Südfassade wie von Keusch vorgesehen ursprünglich mit zentralem Dreierfenster und zwei aussenliegenden Türöffnungen gegliedert war, ist nicht mehr nachzuvollziehen.
Das Innere des Hauses ist modernisiert. Unter dem Hauptbau liegen gewölbte Keller, von denen einer gar ein Kreuzgewölbe mit zentralem Stützpfeiler zeigt. Im Untergeschoss des um 1990 vollständig ausgekernten Quergiebelanbaus wurde früher eine Bäckerei betrieben. Das Rafendach ruht nach der Entwurfszeichnung auf einem liegenden Stuhl (Inneres gemäss Kurzinventar 1998).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung, Erhaltungsziel A.
Anmerkungen:[1] Carl 1964, S. 49f. u. Abb. 16. Der Planfund des Nachlasses von Johann Keusch liegt heute im Staatsarchiv des Kantons Aargau, Aarau.
[2] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0522-0524; Brandkataster Gemeinde Muri, 1850-1938.
[3] Müller 1989, S. 246.
[4] Carl 1964, S. 50.
Literatur:- Bruno Carl, Johann Keusch, 1786-1865. Ein unbekannter Baumeister des Klassizismus, in: Argovia, Bd. 76 (1964), S. 44-53
- Hugo Müller, Die Geschichte der Gemeinde Muri seit 1798 (Muri in den Freien Ämtern, Bd. 2; Unsere Heimat, Bd. 59), Aarau 1989, S. 142 (histor. Aufnahme), 246.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0522-0524; Brandkataster Gemeinde Muri, 1850-1938.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=42552
 

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