INV-NIL922A Bandfabrik Wildeggerstrasse 5, 1838-1839 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-NIL922A
Signatur Archivplan:NIL922A
Titel:Bandfabrik Wildeggerstrasse 5
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Niederlenz
Adresse:Wildeggerstrasse 5
Versicherungs-Nr.:146
Parzellen-Nr.:213
Koordinate E:2655427
Koordinate N:1250737

Chronologie

Entstehungszeitraum:1838 - 1839
Grundlage Datierung:Inschrift 1838 (Fenster); Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:NIL922B, C
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Fabrikgebäude, Manufakturgebäude

Dokumentation

Inschriften:1838 (Fenster)
Würdigung:Fabrikationsgebäude der 1838/39 gegründeten Stoffweberei Brunner, welche 1899 in eine Bandweberei umgewandelt wurde. Der viergeschossige, quer zum Aabach gestellte Hauptbau dürfte im Kern noch aus der Gründungszeit stammen, hat jedoch im Laufe der Zeit verschiedene bauliche Erweiterungen und Anpassungen erfahren. Wohl im Zuge eines umfassenden Fabrikausbaus erhielt er 1946 seine heutige Gestalt mit flachem Walmdach und bandartigen Fenstern an der östlichen Schmalseite. Im Zusammenspiel mit den diversen rückwärtigen Anbauten, dem östlich gelegenen Geschäftshaus (Bauinventarobjekt NIL922B) und der Kanalanlage mit Bogenbrücke (Bauinventarobjekt NIL922C) ergibt sich ein eindrückliches Ensemble von hohem gewerbegeschichtlichem Wert. Gut einsehbar am nördlichen Ortseingang gelegen, entfaltet der Fabrikkomplex eine auffällige ortsbauliche Wirkung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Michaeliskarte um 1840 verzeichnet an der Stelle der späteren Bandfabrik noch eine Ölmühle nebst Brücke und Kanal (vgl. Bilddokumentation) [1]. Bereits 1838 aber war eine Wasserrechtskonzession an die Gebrüder Kaspar und Rudolf Kull erteilt worden, welche offenbar schon bald an den Fabrikanten Johann Caspar Brunner überging [2]. Dieser gründete eine kleine Stoffweberei mit vorerst nur zwei Beschäftigten. In der Folge aber konnte der Betrieb deutlich ausgebaut werden, so dass er zeitweise mehr als hundert Angestellten Arbeit bot. Beeinflusst von Frühsozialisten wie Owen und Fourier, führte Johann Caspar Brunner seinen Betrieb nach sozialen Grundsätzen, indem er beispielsweise auf die Beschäftigung von Kindern verzichtete [3].
Die Verhältnisse um die Mitte des 19. Jh. werden im Brandkataster von 1850 wie folgt beschrieben: "ein Fabrikgebäude mit Turbine, Magazingebäude, Holzschopf und Färbereigebäude mit gewölbtem Erdgeschoss" [4]. Anschaulich sind diese auf einem Wasserwerksplan von 1857 dargestellt (vgl. Bilddokumentation). Hierauf wird ersichtlich, dass das Wasser mittels einer Wehranlage in einen Kanal geleitet und auf ein im Gebäude eingebautes Wasserrad geführt wurde. Offenbar hatte das Wasserrad bis 1894 Bestand, als es durch eine Girardturbine ersetzt wurde; 1919 baute man eine Zwillings-Francis-Turbine mit 25 PS Nennleistung ein [5].
Nach dem Tod von Johann Caspar Brunner ging die Fabrikkonzession 1876 an seine Söhne über (Firma Brunner & Co.), welche in der Folge wesentliche Ausbauten vornahmen. Ein Wasserwerksplan aus jener Zeit zeigt den Betrieb nun als hufeisenförmige Anlage mit wesentlich erweitertem Färbereigebäude (vgl. Bilddokumentation). In die gleiche Ausbauphase fällt die Erstellung des als Wohlfahrtsgebäude vorgesehenen Geschäftshauses entlang der Wildeggerstrasse (Bauinventarobjekt NIL922B).
In den 1890er Jahren ging das Unternehmen wegen schlechtem Geschäftsgang in Konkurs. Der Fabrikkomplex wurde in der Folge durch die Firma R. Theiler übernommen, welche 1899 eine Bandweberei einrichtete. 1926 nahm man in einem rückwärtigen Neubau die vom Zweigbetrieb in Emmenbrücke hierher verlegte Flechtereiabteilung neu in Betrieb. Eine abermalige bauliche Veränderung erfolgte 1946 durch Sheddachanbauten im Nordwesten und durch eine teilweise Umgestaltung des alten Hauptbaus. Anstelle des früheren Giebels erhielt dieser nun ein schwach geneigtes Walmdach, und die östliche Giebelfront wurde mit grossen, bandartigen Fensterflächen ausgestattet.
Nach der Stilllegung des Fabrikbetriebes ging die Liegenschaft 1991 an die Elektroinstallations- und Haushaltgerätefirma Würgler AG über.
Beschreibung:Das alte Fabrikgebäude ist als langgestreckter Baukörper mit Firstrichtung Südwest-Nordost quer zum Aabach gestellt. An einem Fenster im Erdgeschoss verweist die Jahrzahlinschrift 1838 noch auf den Urprungsbau der Stoffweberei Brunner, dessen originale Form aber nicht mehr nachvollziehbar ist. Wie der Wasserwerksplan von 1857 vermuten lässt, hatte die Fabrikanlage um die Mitte des 19. Jh. bereits ein beträchtliches Ausmass angenommen. Vermutlich bestand sie damals schon als dreigeschossiger Baukörper mit 3 x 10 regelmässig angeordneten Fensterachsen, welcher in Abweichung zu den heutigen Verhältnissen aber noch mit einem Satteldach ausgestattet war (vgl. Bilddokumentation). Seit 1946 verfügt das Gebäude über ein schwach geneigtes Walmdach, und die östliche Giebelfront ist zur besseren Belichtung der Innenräume mit bandartigen Fensterflächen besetzt. In den gleichen Zeitraum fällt die Aufstockung des ehemaligen westlichen Magazinanbaus, sodass das alte Fabrikgebäude heute als mächtiger dreigeschossiger Baukörper mit 12 Fensterachsen in Erscheinung tritt. Auf der Nordostseite schliesst im rechten Winkel parallel zum Aabach die ehemalige Färberei an. Der zweigeschossige Gebäudeflügel weist ein Flachdach auf und ist durch einen hölzernen Laubengang mit dem 1876 errichteten Geschäftshaus (Bauinventarobjekt NIL922B) verbunden. Im rückwertigen Bereich erstecken sich jüngere Sheddachanbauten, welche von der betrieblichen Erweiterung im 20. Jh. zeugen.
Inneres des Fabrikgebäudes nicht gesehen. Es ist davon auszugehen, dass die auf alten Fotoaufnahmen dokumentierte Webereieinrichtung nicht mehr vorhanden ist.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A.
Anmerkungen:[1] Die auf der Karte dargestellten Verhältnisse dürften auf Feldaufnahmen in den 1830er Jahren basieren.
[2] Badertscher 1997, S. 61
[3] Schenkel 1945, S. 27; Badertscher 1997, S. 61; Dorfchronik Niederlenz 1961, S. 152-153; Chronik Gemeinde Niederlenz 1989, S. 130; www.vamus.ch. – Zu Johann Caspar Brunner als "Vorkämpfer für das Wohl der Fabrikarbeiter" siehe Schenkel 1945, S.31f.
[4] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0427-0429: Brandkataster Gemeinde Niederlenz 1850-1938.
[5] Badertscher 1997, S. 61
Literatur:- Karl Schenkel, Niederlenz vom Werden und Wachsen einer aargauischen Industriegemeinde, Aarau 1945.
- Niederlenz Dorfchronik, Niederlenz 1961.
- Chronik der Gemeinde Niederlenz, Niederlenz 1989.
- Kurt Badetscher, Mühlen am Aabach, In: Lenzburger Neujahrsblätter 1997, S. 24-66.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0427-0429: Brandkataster Gemeinde Niederlenz 1850-1938.
- Staatsarchiv Aargau, DB.W01/0016/04: Wasserwerkspläne von 1857, 1875 und 1935.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=43608
 

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