INV-OBK903 Huberhof, 1781 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-OBK903
Signatur Archivplan:OBK903
Titel:Huberhof
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Oberkulm
Ortsteil / Weiler / Flurname:Neudorf
Adresse:Wolfgalgenstrasse 1
Versicherungs-Nr.:163
Parzellen-Nr.:819
Koordinate E:2651904
Koordinate N:1239077

Chronologie

Entstehungszeitraum:1781
Grundlage Datierung:Inschrift (Türsturz Hauseingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"SA[muel] GL[oor] 1781" (Türsturz); "JOH. ANDRES ALTER HAFNERMEISTER IN AARAU" und "JOH. RUDOLF GLOR" (Ofenkachel); "1780 IA HL" (Ziegel)
Würdigung:Stattliche winkelförmige Hofanlage, die im 19. Jahrhundert durch Erweiterung aus einem freistehenden Wohnhaus von 1781 und einer quer dazu errichteten, abgesonderten Scheune hervorgegangen ist. Das etwas abseits des Dorfkerns in markanter Hangfusslage stehende Gehöft bezeugt die gehobenen Wohn- und Wirtschaftsansprüche einer wohlhabenden Bauherrschaft. Der aussergewöhnlich grosszügig konzipierte Wohnteil beeindruckt mit fast durchwegs gekuppelten Fenstern, die von reich profilierten Holzgewänden gefasst werden, und einer kunstvoll gearbeiteten barocken Eichentür samt Beschlägen und skulptiertem Schlussstein am Sturz. Das Innere bewahrt noch wesentliche Teile der historischen, teilweise bauzeitlichen Ausstattung, darunter ein intarsiertes Nussbaumbuffet mit Rocaille-Schnitzereien. An der Scheune haben sich das originale Tenntor sowie Reste der ursprünglichen Ständerbohlenkonstruktion erhalten, welche die strassenseitige Stirnwand massgeblich prägen.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Laut Inschrift im Türsturz wurde das Wohnhaus 1781 für S[amue]l Gl[oor] erbaut. Die im rechten Winkel dazu stehende Scheune dürfte in ihrem Kern im selben Zeitraum entstanden sein. Sie gestaltete sich jedoch ursprünglich als freistehender Baukörper und wurde erst nachträglich – im Zuge von Erweiterungen und Anbauten – mit dem Wohnhaus zu einer geschlossenen Hofanlage unter zusammenhängendem Dach verbunden [1]. Die bauliche Abfolge ist allerdings nicht restlos geklärt. Gemäss Michaeliskarte, die in den Jahren 1837-43 erstellt wurde, waren die Gebäude damals noch freistehend. Allerdings sind ihre Standorte vertauscht, was auf einen Darstellungsfehler oder auf eine nachträgliche Versetzung der ehemals ganz in Holz erstellten Scheune schliessen lässt. Gleichzeitig, für das Jahr 1838, ist im Brandkataster eine erhebliche Erweiterung der Scheune vermerkt, womit die Hofanlage ihre bestehende geschlossene Form erhalten haben dürfte [2]. Den Anschluss bildet ein dem Wohnhaus angegliederter Schopf, der – obwohl erst im Brandkataster von 1850 als zum Wohnhaus gehörige "Scheune" erwähnt – von Anfang an bestanden haben könnte [3].
1829 gehörten das "Wohnhaus, zwei Stok hoch von Stein und Rieg mit gewölbtem Keller und Ziegeldach" und die "abgesonderte Scheune und Schopf von Holz mit Ziegeldach" Hans Jakob Gloor, von dem der Hof 1833 an den späteren langjährigen Gemeindeammann Hans Rudolf Gloor überging (Amtszeit 1852-1872). Hinweise auf eine Eigengewächswirtschaft, die hier 1832 von einem Christian Gloor, Uelis, betrieben worden sein soll, finden sich in den Feuerversicherungsakten keine [4]. Umfangreiche bauliche Verbesserungen, die den Schätzwert des Wohnhauses verdoppelten und jenen der Scheune weiter erhöhten, erfolgten 1876, als Hans Rudolfs Sohn Samuel den Hof übernahm [5]. Damals dürfte die Ausstattung der Wohnung zu einem wesentlichen Teil erneuert worden sein. Schon 1884 veräusserte Samuel Gloor den Hof jedoch an den Handelsmann F. S. Huber, von dessen Familie sich der heutige Name "Huberhof" ableitet.
Beschreibung:Das leicht abseits der Kantonsstrasse, nordöstlich des Ortsteils Neudorf am Hangfuss gelegene Gehöft ist als stattlicher Gebäudekomplex weithin sichtbar. Die winkelförmige Anlage besteht aus einem von der Zufahrtsstrasse zurückversetzten, traufständigen Wohnhaus mit Remise und einer rechtwinklig anschliessenden, giebelständigen Scheune. Beide Gebäudeflügel sind unter einem ausladenden, geknickten Satteldach mit Halbwalm und Ründe bzw. verschaltem Fluggespärre geborgen, wobei der First der Scheune denjenigen des Wohnhauses leicht überragt [6].
Der zweigeschossige, talseitig unterkellerte Wohnteil ist in Mischbauweise aus Bruchstein und nachträglich verputztem Fachwerk errichtet [7]. Eine Eckquaderung fasst die dem Tal zugewandte Stirnfront des Hauptbaukörpers ein und setzt diese so von der später aufgemauerten Laube entlang der nördlichen Traufseite ab. Das als Ründe mit Brettern verschalte Fluggespärre der Dachkonstruktion ist auf Bughölzern mit Stabwulstverzierung abgestützt, welche seit dem Anbringen des Verputzes seltsam in die Eckquader laufen.
Nach Osten schliesst an das Wohnhaus eine offene, durch jüngere Einbauten verstellte Remise an, die ehemals als Durch- bzw. Einfahrt zum Wagenschopf und zum Tenn des rechtwinklig angeordneten Scheunenbaus diente (gemäss Kurzinventar 1993). Die ältesten Teile der ursprünglich ganz in Holz errichteten Scheune befinden sich in deren südlichen Hälfte, im Bereich des Futtertenns und Stalls. Die strassenseitige Giebelfront zeigt über dem im 20. Jh. neu aufgemauerten Erdgeschoss noch die ursprüngliche Bohlenständerwand, dazu ein verschaltes Fluggespärre über Bügen mit derselben Stabwulstverzierung und beschnitzten Hängesäulen. Original ist wohl auch das Futtertenntor aus stehenden Brettern mit aussen aufgedoppelten, geschweiften Füllungsfriesen, das sich durch die Verwendung von geschmiedeten anstelle von hölzernen Nägeln auszeichnet. Ost-, west- und nordseitig ist die Scheune durch verschiedene Anbauten ergänzt. Das rückwärtige Giebelfeld ist mit einer Lünette versehen.
Der langgestreckte Wohnteil zeigt stirnseitig zwei und traufseitig fünf rhythmisch gesetzte Achsen, welche auf die innere Raumstruktur Bezug nehmen. Die fast durchwegs gekuppelten Rechtecklichter sind mit reich profilierten hölzernen Gewänden und Gesimsen versehen und am Erdgeschoss mit Jalousieläden, am Obergeschoss mit Bretterläden ausgestattet. Besondere Fensterformen haben sich nordseitig in Form eines vergitterten Einzelfensters an der Laube sowie zweier übereinander angeordneten Lünetten mit radialer Sprossierung in der Rückwand zur Remise erhalten. Blickfang an der strassenseitigen Trauffront ist der dezentral angelegte Vordereingang, dessen originale Eichentüre barock geschweifte Füllungen mit flach geschnitzten Zierformen und üppig geschmiedete Beschläge mit Rocaillen aufweist (Tür innenseitig aufgedoppelt). Den stichbogigen Türsturz akzentuiert die Inschrift "SA[muel] GL[oor] 1781" mit dem dazwischengesetzten Hauszeichen. Eine zweite, ähnlich gestaltete Tür findet sich am rückwärtigen Eingang von der Laube her. Sie ist als Brettertür mit Einschubleisten gearbeitet und verfügt ebenfalls noch über die originalen Beschläge (gemäss Kurzinventar 1993). Ein durchlaufender Flur, der die traufseitigen Eingänge miteinander verbindet, dient der inneren Erschliessung. Westseitig sind im Erdgeschoss die nach Süden ausgerichtete Stube und Nebenstube sowie die dahinter liegende Küche und Hinterkammer angelegt, ostseitig zwei weitere Räume und die Treppe ins Obergeschoss.
Aus der Erbauungszeit datieren die in Fischgratmuster vertäferte Decke des Gangs und die in den Wohnräumen des Erdgeschosses teilweise sichtbaren Deckenbalkenlagen mit eingeschobenen Bretterböden (gemäss Kurzinventar 1993). Zur ursprünglichen Ausstattung gehört wohl auch das stattliche, intarsierte Nussbaumbuffet mit Giessfassnische und "Fischband"-Beschlägen aus Messing in der Stube.
Einer späteren Ausstattungsphase ist die 1854 datierte Kachel einer nicht mehr vorhandenen Sitzkunst zuzuordnen, welche den Hafner "JOH. ANDRES ALTER HAFNERMEISTER IN AARAU" und den damaligen Hausbesitzer "JOH. RUDOLF GLOR" nennt. Weitere prägende Elemente der Ausstattung wie das einfache Täfer mit Felderteilung an Decken, Wänden und Fensterleibungen, sowie die gestemmten Feldertüren dürften vom Umbau 1876 stammen. Dazu gehörten Sprossenfenster mit Espagnolettverschlüssen, welche 1991 anlässlich einer Fassadenrenovation ersetzt wurden (vgl. Bilddokumentation). Das Obergeschoss wurde in den 1980er Jahren modernisiert (gemäss Kurzinventar 1993).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Vgl. den weiter unten zitierten Eintrag im Brandkataster von 1829.
[2] Der Schätzwert der Scheune stieg dadurch von Fr. 1900.- auf Fr. 3000.-, vgl. Staatsarchiv Aargau, BA.05/0075: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1829-1849 (Ver.-Nr. 129 und130).
[3] 1875 wird dieser Ökonomietrakt im Brandkataster als Schopf und 1899 als Remise verzeichnet, vgl. Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0258-0259: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1875-1938 (Vers.-Nr. 165 und 166;163). Die Fassadengliederung des Wohnhauses scheint mit einem (kurzen) Ökonomietrakt zu rechnen, durch welchen der Hauseingang die Mittelachse des Gesamtbaukörpers einnimmt.
[4] Vgl. Steiner 1991, S. 100-101.
[5] Vgl. Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0257: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1850-1876 (Vers.-Nr. 167 und 168).
[6] Von der bauzeitlichen Eindeckung mit Biberschwanzziegeln ist gemäss Kurzinventar von 1991 noch ein Ziegel mit der Jahrzahl "1780" und den Initialen "IA HL" erhalten, wobei es sich auch um einen Feierabendziegel mit der Abkürzung des Ziegelmachers handeln könnte.
[7] Vgl. die Brandkatastereinträge, insbesondere: Staatsarchiv Aargau, BA.05/0075: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1829-1849 (Vers.-Nr. 129). Gemäss Kurzinventar von 1993 sind das Fundament und die rückwärtige Traufseite des Hauptbaukörpers aus Sandsteinblöcken gemauert (Laube nachträglich aufgemauert).
Literatur:- Michael Stettler, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1948, S. 211.
- Karl Steiner, Oberkulm. Zeitbilder aus der dörflichen Vergangenheit bis zur Gegenwart, 2. Ausgabe, Oberkulm 1991, S. 100-101.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 50.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, BA.05/0075; CA.0001/0257-0259: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1829-1938 (Vers.-Nr. 129 und 130;167 und 168;165 und 166;163).
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=44190
 

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