INV-OBK909 Landhaus Dr. Hunziker, 1791 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-OBK909
Signatur Archivplan:OBK909
Titel:Landhaus Dr. Hunziker
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Oberkulm
Ortsteil / Weiler / Flurname:Schoren
Adresse:Schoren 73
Versicherungs-Nr.:73
Parzellen-Nr.:459
Koordinate E:2652414
Koordinate N:1238077

Chronologie

Entstehungszeitraum:1791
Grundlage Datierung:Inschrift (Fenster OG, Südfassade)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:Gautschi-Haus (OBK910)
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Landhaus

Dokumentation

Inschriften:"1791 B. G." (Schlussstein Fenster OG, Südfassade)
Würdigung:Herrschaftliches Landhaus, das, an der Strasse nach Gontenschwil in der Wynaebene gelegen, mit dem benachbarten Gehöft (Bauinventarobjekt OBK910) zusammen ein landschaftsprägendes Ensemble bildet. Der elegant proportionierte, äusserlich intakt erhaltene spätbarocke Mauerbau ist mit der repräsentativen fünfachsigen Südostfassade dem Garten zugewandt, in den in der Mittelachse eine zweiläufige Treppe hinabführt. Auf der originell gestalteten Rückseite führt zwischen zwei, durch eine ehemalige Obergeschosslaube miteinander verbundenen Eckvorbauten eine Stichbogentür in den Mittelgang des symmetrisch angelegten Gebäudes, das noch weitgehend die ursprüngliche Raumstruktur bewahrt. Das früher als Pintenwirtschaft und später als Arzthaus genutzte Gebäude ist heute Teil einer stattlichen bäuerlichen Hofanlage.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Gemäss einer Inschrift, die an der gartenseitigen Hauptfassade in den Schlussstein des oberen Mittelfensters eingemeisselt ist, wurde das Gebäude 1791 für B. G[loor?] erbaut. Der Zusammenhang zum rund zwanzig Jahre später in geringem Abstand dazu errichteten Gautschi-Haus (Bauinventarobjekt OBK910) ist nicht geklärt. Möglicherweise diente dieses anfänglich als Wohnhaus eines angegliederten Landwirtschaftsbetriebs, dem auch die früher zum Landhaus gehörende Scheune zugeordnet war [1].
Im Landhaus Dr. Hunziker wurde im 19. Jh. zeitweise eine Pinte geführt. So ist überliefert, dass 1824 in der Pintenschenke Amsler in der Schoren einige Überhöckler aus Meisterschwanden mit 6 Franken bestraft wurden. Und 1874 hielt der Turnverein in der Schoren eine Versammlung ab [2]. Während dieser Zeit wechselten die Eigentümer häufig: 1833 ging die Liegenschaft, zu der damals noch eine abgesondert stehende Scheune mit Webkellern gehörte, von Johann Jakob Amsler an Johann Jakob Gloor über [3]. Vermutlich durch Erbschaft gelangte sie 1842 (oder bereits 1841) an Samuel Glo[o]r, der sie im selben Jahr an Friedrich Bertschi (auch "Bärtschi"), den Eigentümer des benachbarten Gautschihauses veräusserte. Bis 1857, als vermutlich auch die Wittwe Friedrich Bärtschis gestorben war, befanden sich somit beide Liegenschaften in der Schoren in den Händen derselben Familie (vgl. Bauinventarobjekt OBK910) [4].
Benannt ist das Haus nach Rudolf Hunziker (1808-1871), der als Feldarzt am Freischarenzug teilgenommen hatte, einige Zeit lang Bezirksarzt war und in seinen letzten Jahren ab 1858 hier lebte und eine Arztpraxis betrieb [5]. Nach mehreren Wechseln innerhalb der Familie veräusserten die Geschwister Rudolf, Maria Elisabeth, Rosa und Lisette Hunziker die Liegenschaft 1911 an Jakob Wehrli, der einen vom Nachbargebäude unabhängigen Landwirtschaftsbetrieb einrichtete [6].
1960 ging die originale Ausstattung, u.a. bestehend aus Täfer, Böden und Gipsdecken mit Stuckspiegeln (im Obergeschoss moderne Decken aufgedoppelt), anlässlich einer Innenrenovation weitgehend verloren (gemäss Kurzinventar 1993). In jüngerer Zeit erfolgten eine Fassadenrenovation und die Umdeckung auf neue, doppelt verlegte Biberschwanzziegel. In Zusammenhang mit dem Ausbau des Dachraums zu Wohnzwecken wurden zwei weitere Lukarnen sowie halbrunde Lichtöffnungen sorgfältig eingepasst.
Beschreibung:Das ausserhalb des Dorfes an der Strasse nach Gontenschwil gelegene Landhaus Dr. Hunziker bildet mit dem benachbarten bäuerlichen Gautschi-Haus (Bauinventarobjekt OBK910) eine herrschaftlich geprägte ländliche Baugruppe, die in der Wyna-Ebene weithin sichtbar ist. Der spätbarocke Wohnsitz gestaltet sich als zweigeschossig aufgeführter Kubus in verputztem Bruchsteinmauerwerk. Das elegante, nur leicht geknickte Walmdach schliesst an der bretterverschalten Dachuntersicht mit einem profilierten Traufgesims ab. Nach Südosten und Nordwesten sind – annähernd axial – je zwei kleine Lukarnen aufgesetzt, von welchen erstere womöglich von Anfang an bestanden; die beiden anderen kamen beim letzten Umbau zusammen mit den Halbrundöffnungen hinzu. Unter das Dach eingebunden sind auf der Nordwestseite auch zwei schmale, turmartig vorspringende Mauergevierte, welche die Ecken des Gebäudes bilden. Im Erdgeschoss entsteht somit ein dreiseitig geschützter Vorplatz zum Hauseingang, welcher von einer wohl nachträglich eingewandeten, hölzernen Obergeschosslaube beschirmt wird. Die Laube verbindet die beiden Eckvorbauten und dient zur Erschliessung der oberen Räume.
Der Baukörper zeigt eine axiale Gliederung mit Stichbogenfenstern, wobei diese an den Schmalseiten aufgrund der genannten Vorbauten aus der Mitte verschoben sind. Die dem Garten zugewandte, nach Südosten ausgerichtete Längsseite ist als Schaufassade mit fünf gleichmässig verteilten Stichbogenfenstern streng achsensymmetrisch gestaltet. Im leicht erhöht liegenden Erdgeschoss öffnet in der Mittelchachse eine Stichbogentür auf eine zweiläufige Freitreppe aus Sandstein in den Garten. Aus Sandstein sind auch die scharrierten und zeittypisch geohrten Fenstergewände mit wulstig profilierten Gesimsen gehauen. Dasjenige über dem Gartenausgang ist wie dieser in zusätzlicher Betonung der Mittelachse im Scheitel mit einem Schlussstein akzentuiert, der zwischen Eckmuschelmotiven die Inschrift "1791" und die Initialen des Bauherrn "B. G." trägt und an der Unterseite mit einer Rosette verziert ist. Die Belichtung der Eckvorbauten, von welchen früher einer wohl die Latrine aufnahm, erfolgt im Erdgeschoss über kleine Stichbogenöffnungen, während die bauzeitlichen Ochsenaugen im Obergeschoss vermauert sind. Eine Kalksteinstreppe führt zum nordwestseitig gelegenen Haupteingang, der von einem kleinen Stichbogenfenster begleitet wird. Durch die Tür (Blatt jünger) gelangt man in einen durchlaufenden Mittelkorridor mit neuer Innentreppe ins Obergeschoss, die noch die eichene Spindel der Vorgängerkonstruktion bewahrt. Während die Raumaufteilung mit westseitiger Küche und Stube sowie zwei ostseitigen Zimmern im Erdgeschoss noch weitgehend der ursprünglichen Situation entspricht, wurde die südliche Hälfte des Mittelgangs im ehemals identisch gegliederten Obergeschoss zur Stube geschlagen. Die ausgebaute Laube enthält heute Bad und WC.
Bauzeitliche Ausstattung hat sich mit Ausnahme eines Wand- und Deckentäfers sowie verkleideter Fensterlaibungen im nordöstlichen Zimmer des Erdgeschosses wohl keine mehr erhalten (Brettertäfer mit Feldereinteilung mittels profilierten Friesbrettern). Die Kachelöfen, welche von den Küchen aus die Stuben und vom Gang aus die beiden Zimmer heizen, stammen aus der ersten Hälfte des 20. Jh. (Inneres gemäss Kurzinventar 1993).
Entlang der Eingangsfassade führt eine Aussentreppe in den Keller, der dieselbe räumliche Grunddisposition mit erschliessendem Mittelgang und zwei quer zum First angeordneten Gewölbekellern aufweist.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Die im Brandkataster von 1829 verzeichnete Scheune des Gautschi-Hauses war davor unter der Vers.-Nr. 33 mit dem Landhaus Dr. Hunziker zusammengefasst, vgl. Staatsarchiv Aargau, BA.05/0075: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1829-1850 (Vers.-Nr. 48 (Scheune); 45 (Landhaus Dr. Hunziker).
[2] Steiner 1991, S. 98-99.
[3] Johann Jakob Gloor liess die Scheune 1837 abreissen. Staatsarchiv Aargau, BA.05/0075: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1829-1850 (Vers.Nr. 45 (Wohnhaus) und 46 (Scheune mit Webkellern).
[4] Staatsarchiv Aargau, BA.05/0075; CA.0001/0257: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1829-1875 (Vers.-Nr. 45; 63).
[5] Steiner 1991, S. 66-67.
[6] Bereits Rudolf Hunziker hatte anstelle des alten Waschhauses 1859 nordwestlich des Wohnhauses eine Scheune errichten lassen, vgl. Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0257 und 0259: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1850-1874 und 1899-1938 (1850: Vers.-Nr. 66 (Waschhaus bzw. Scheune); 1899: Vers.-Nr. 73 (Wohnhaus).
Literatur:- Karl Steiner, Oberkulm. Zeitbilder aus der dörflichen Vergangenheit bis zur Gegenwart, 2. Ausgabe, Oberkulm 1991, S. 66-67, 98-99.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 50.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, BA.05/0075; CA.0001/0257-0259: Brandkataster Gemeinde Oberkulm 1829-1938 (Vers.-Nr. 45; 63; 72; 73).
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=44226
 

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