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INV-OLU903 Alte Untervogtei, 1745 (ca.) (Dossier (Bauinventar))
Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | approx. 1745 |
Grundlage Datierung: | Schriftliche Quelle |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Teil einer Baugruppe |
Weitere Teile der Baugruppe: | OLU004, OLU904, |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Ländlicher Oberschichtbau |
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Dokumentation |
Würdigung: | Das markante, dreigeschossig aufragende Wohnhaus unter Satteldach wurde um 1745 als herrschaftlicher Amtssitz des damaligen Untervogts Hans Hagenbuch errichtet und rund hundert Jahre später einer Aufstockung und Fassadenerneuerung im Zeitgeschmack des Spätklassizismus unterzogen. Der imposante Bau bewahrt neben seinem streng axialen Erscheinungsbild die grosszügige dreiraumtiefe Innenstruktur und Erschliessung samt der aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammenden, aussergewöhnlich reichen Ausstattung. Täfer, Türen mit teilweise älteren Beschlägen, Gipsdecken und ein barock beschnitztes Nussbaumbuffet zeugen von einer gehobenen bäuerlichen Wohnkultur. Das lokalgeschichtlich höchst interessante Gebäude bildet mit der zugehörigen grossen Scheune und einem Wasch- und Dörrhaus (Bauinventarobjekt OLU904) ein intaktes Ensemble, das am südöstlichen Dorfeingang die Grenze des historischen Ortskerns markiert und einen wesentlichen Akzent der Strassenbebauung setzt. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Um 1648 befand sich an der Stelle der heutigen Alten Untervogtei das "Neue Haus" von Klaus Stenz, dessen Hof während der folgenden 200 Jahre die äusserste Liegenschaft an der Strasse nach Jonen blieb. Stenz verkaufte das Gehöft 1659 an Hans Eichholzer, Landwirt und Zimmermeister [1]. Entsprechend trägt denn auch das zugehörige Bildstöckli (kantonales Denkmalschutzobjekt OLU004) aus dem Jahr 1684 das Eichholzer-Wappen und die Initialen "MHEI" für Meister Hans Eichholzer [2]. Dieser veräusserte den Hof 1694 an die Brüder Hansjakob und Hans Hagenbuch. Laut Urkunden im Stadtarchiv Bremgarten nahm Untervogt Hans Hagenbuch 1745 ein Darlehen für sein "Neues Haus" auf. Es handelt sich dabei um den Kernbau des heutigen Gebäudes, das dann im mittleren 19. Jh. zu einem mächtigen dreigeschossigen Bau klassizistischer Prägung erweitert und umgestaltet wurde. Während der ältere Sohn, Johann, den gleichzeitig errichteten Hof im Oberdorf, den Vorgängerbau des heutigen Restaurants "Bauernhof" (Bauinventarobjekt OLU910), erhielt, übernahm der jüngere Sohn, Pfarrer Johann Jakob Hagenbuch, den elterlichen Hof an der Zugerstrasse [3]. Von ihm gelangte die Liegenschaft 1798 an dessen Grossneffen Fidel Hagenbuch. Die dorfauswärts gelegene zugehörige Stallscheune wurde nach einem Brand im 19. Jh. neu errichtet, wobei der von einem Kreuzgratgewölbe überspannte Keller des Vorgängerbaus übernommen wurde. Mit 35'590 Franken war das beeindruckend grosszügig dimensionierte Ökonomiegebäude 1899 um fast 5000 Franken höher geschätzt als das Wohnhaus [4]. Seit der Bauzeit nahezu unverändert erhalten hat sich das ebenfalls zum Gehöft gehörende Wasch- und Dörrhaus (Bauinventarobjekt OLU904) von 1807-09, das leicht abgewinkelt nordwestlich des Wohnhauses steht. |
Beschreibung: | Das in einer leichten Kurve hart an der Strasse stehende Wohnhaus markiert als mächtiger kubischer Baukörper den südlichen Dorfeingang, während die zugehörigen Ökonomie- und Nebengebäude etwas nach hinten zurückversetzt sind. Südlich des Wohnhauses erstreckt sich ein grosszügiger Zier- und Nutzgarten. Den aus dem Jahr 1745 datierenden Amtssitz des Untervogts darf man sich in seiner ursprünglichen Form als zweigeschossigen, mehrheitlich aus Fachwerk aufgeführten Baukörper von ca. 15 Metern Seitenlänge unter einem geknickten Sparrendach vorstellen [5]. Bei der Umgestaltung des Wohnhauses im spätklassizistisch-biedermeierlichen Stil wurde dieses zugleich um ein Geschoss aufgestockt. Seither trägt es ein gerades Satteldach mit markanten Quergiebeln, dessen bretterverschalte Dachuntersicht von einem einfachen hölzernen Würfelfries begleitet wird. Durch das Auftragen eines flächendeckenden Fassadenputzes wurde dem Gebäude ein muraler Charakter verliehen, während die hölzernen Einfassungen der Fenster und Türen mit Blendrahmen aufgedoppelt und mit Futter versehen wurden. Der ansonsten schlicht gehaltene Baukörper wird von streng symmetrisch gesetzten Rechtecklichtern gegliedert, die an den Hauptgeschossen in stirnseitig sechs und traufseitig drei Achsen angelegt sind. Das damit erzeugte Raster setzt sich bis in die Giebelfelder fort. Nur die Giebeldreiecke der Zwerchgiebel sind je von einer grossen Lünette mit Jalousien besetzt. An den Erdgeschossfenstern auf der Strassen-, Hof- und Nordfassade haben sich rautenförmig geschmiedete Gitter aus dem 18. Jh. erhalten, wie sich auch eines an der Kaplanei (Bauinventarobjekt OLU901) aus der Zeit um 1780 findet. Die Mittelachse der Strassenfassade akzentuiert das über einer doppelläufigen Steintreppe angelegte Hauptportal, das aus der Erbauungszeit von 1745 ein hübsches Türblatt mit geschweiften Füllungen im Régencestil bewahrt. Es wird von zwei kleinen Rechtecklichtern flankiert, die den Mittelgang erhellen. Den oberen Abschluss bildet ein dreiachsiger Dacherker mit Aufzugsöffnung. Der hofseitige Hauseingang mit viergeteilter Füllungstür, schmalen integrierten Ganglichtern, Steintreppe und Biedermeiergeländer stammt aus der Umbauphase im 19. Jh., der Balkon darüber ist eine Ergänzung des 20. Jh. Der nahezu quadratische Grundriss ist in allen drei Geschossen quer zum First dreigeteilt. Im hallenartigen Mittelgang führt eine Holztreppe mit Brettchenbaluster-Geländer einläufig in die oberen Geschosse. Im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss besetzt die Stube, flankiert von zwei Zimmern, das südseitige Vorderhaus. Im Hinterhaus befinden sich die jeweils von einem Esszimmer und einer weiteren Kammer (heute Bad und WC bzw. Zentralheizung) umgebenen Küchen. Neben der erwähnten Régence-Haustür, den Fenstergittern und dem Treppenaufgang haben sich aus dem 18. Jh. einige Zimmertüren samt Türgerichten, die Täferausstattung und das prächtige Nussbaumbuffet in der "Schönen Stube" sowie eine Stube mit gekehlter Stuckdecke und barockem Wandschrank im ersten Obergeschoss erhalten. Das 19. Jh. ist vertreten durch einen klassizistischen weissen Kastenofen mit reliefierten Fries- und Gesimskacheln sowie biedermeierliche Vertäferungen und Türen. An einigen Türen finden sich reiche spätgotische Beschläge, die wohl vom Vorgängerbau des 17. Jh. übernommen worden sind. Im 2. Obergeschoss sind einfache Kammern eingerichtet, während die Dachgeschosse einen offenen, nicht weiter unterteilten Raum bilden. Unter den südlichen zwei Dritteln der Grundfläche erstreckt sich ein hoher, ehemals nur durch eine Holzstützenreihe unterteilter Trämkeller (Balkenkeller), der wohl ebenfalls zu den verbliebenen Teilen des Vorgängerbau aus dem 17. Jh. gehört. Aus statischen Gründen wurde der Stützenreihe nachträglich eine gemauerte Arkade zur Seite gestellt. In der nordwestlichen Ecke besteht zudem ein halb eingetiefter, wohl später hinzugefügter Kellerraum. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A. - ICOMOS Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Oberlunkhofen 4073-2. |
Anmerkungen: | [1] Gemäss Bürgisser 1993, S. 52. Zimmermeister Hans Eichholzer fertigte zusammen mit seinem Bruder Adam Eichholzer die Mühleneinrichtungen der Mühlen in Boswil (1651, Bauinventarobjekt BOS917) und Aristau (1665, Bauinventarobjekt 902). Entgegen der von Peter Felder geäusserten Meinung handelt es sich bei diesem Gebäude nicht um den ehemaligen Kellerhof, vgl. Felder 1967, S. 340. Letzterer stand an der Stelle des im späteren 20. Jh. neu errichteten Gasthauses "Rössli". [2] Der Bildstock stand ehemals südlich der Scheune, von wo es 2002 nach einer Restaurierung an den heutigen Standort nördlich des Wohnhauses versetzt worden ist. [3] Johann Jakob Hagenbuch amtete lange Zeit als Pfarrer in Mettau und starb 1809 als Pfarrer von Hochsal im Schwarzwald. – Bürgisser 1993, S. 52. [4] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0097: Brandkataster Gemeinde Oberlunkhofen 1899-1938. [5] Vgl. das Restaurant "Bauernhof" (Bauinventarobjekt OLU910), das in der breit gelagerten Gesamtform mit nur zwei Geschossen und einem geknickten Satteldach noch dem spätbarocken Vorgängerbau aus der Zeit um 1745 entsprechen dürfte, in der spätklassizistischen Fassadengestaltung und den beiden Quergiebeln von 1846 aber grosse Ähnlichkeit mit der Alten Untervogtei hat. |
Literatur: | - Walter Bürgisser, Oberlunkhofen im Wandel der Zeit, Wohlen 1993, S. 52, 159-160, 229-230. - Peter Felder, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 4, Basel 1967, S. 340. - Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 113. - Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S. 161 (Abb.), S. 173 (Abb.). |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0097: Brandkataster Gemeinde Oberlunkhofen 1899-1938. - Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, III-13, 1 und 3. - Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv. |
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