INV-UNS925A Aufnahmegebäude Bahnhof, 1859 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-UNS925A
Signatur Archivplan:UNS925A
Titel:Aufnahmegebäude Bahnhof
Bezirk:Baden
Gemeinde:Untersiggenthal
Ortsteil / Weiler / Flurname:Siggenthal-Station
Adresse:Landstrasse 159
Versicherungs-Nr.:194
Parzellen-Nr.:762
Koordinate E:2660381
Koordinate N:1263329
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2660381&y=1263329

Chronologie

Entstehungszeitraum:1859
Grundlage Datierung:Baupläne; Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:Güterschuppen Bahnhof Siggenthal-Würenlingen (Bauinventarobjekt UNS925B); Toilettenhäuschen (Bauinventarobjekt UNS925C)
Nutzung (Stufe 1):Verkehrs- und Infrastrukturbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bahnhof

Dokumentation

Autorschaft:August Beckh; Jakob Friedrich Wanner
Würdigung:Das Aufnahmegebäude des Bahnhofs Siggenthal-Würenlingen von 1859 ist ein sorgfältig gestalteter Mauerbau mit Zierelementen im Schweizer Holzstil, der sich aus einem giebelständigen Hauptbaukörper und einem quer an diesen angefügten Seitenflügel zusammensetzt. Seine Fassaden sind mittels Ecklisenen, Gurtgesims und Fries gegliedert, die Fenstergewände nach Geschossen variiert. 1896 und 1908 erfuhr das Gebäude mit der Verlängerung des Seitenflügels und dem von Gusseisensäulen getragenen vorangestellten Perrondach qualitätvolle Ergänzungen. Der nach einem 1857 entworfenen Typ erstellte Bau gehört zusammen mit seinem "Zwilling" in Döttingen-Klingnau zu den besterhaltenen Bahnhöfen der ersten Schweizerischen Bahnbauperiode. Mit dem freistehenden Güterschuppen und dem Toilettenhäuschen von 1908 (Bauinventarobjekte UNS925B und C) bildet er eine wertvolle Baugruppe, die für die verkehrstechnische Erschliessung und für die Siedlungsentwicklung am nördlichen Rand der Gemeinde von erheblicher lokalgeschichtlicher Bedeutung ist.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Für die 1859 durch die Schweizerische Nordostbahn fertiggestellte Eisenbahnlinie Turgi-Waldshut wurde ganz im Norden des Untersiggenthaler Gemeindegebiets, an der Grenze zu Würenlingen, ein Bahnhof gebaut, der beide Gemeinden bedienen sollte. Mit der Zweigstrecke beabsichtigte die NOB ihre Stammstrecke Zürich-Turgi-Brugg mit dem deutschen Eisenbahnnetz zu verbinden und damit auf dem badischen Rheinufer einen Anschluss nach Basel herzustellen. Die Strecke Turgi-Waldshut erhielt jedoch nie die ihr zugedachte Bedeutung, weil die Schweizerische Centralbahn gleichzeitig die Linie über Olten eröffnete. Die Umgebung des bei der Kreuzung der Poststrasse von Stilli nach Würenlingen und der Landstrasse von Baden nach Koblenz liegenden Bauplatzes war damals noch völlig unbewohnt. Während sich in unmittelbarer Nachbarschaft der Station Siggenthal ungeachtet der Gemeindegrenze langsam eine weilerartige Aussensiedlung entwickelte, blieben die Bewohner Ober- und Untersiggingens nach dem für sie näher gelegenen Bahnhof Turgi orientiert [1].
Wie auch für die anderen Bahnhöfe der Zweigstrecke Turgi-Koblenz wurde für das Aufnahmegebäude ein von NOB-Architekt August Beckh für die mittelgrossen ländlichen Bahnhöfe auf der Strecke nach Aarau 1857 entworfener Bautyp übernommen, der u.a. in Schinznach Bad, Rupperswil (abgebrochen) und ähnlich in Wildegg zur Ausführung kam [2]. Er bestand aus einem giebelständigen Mauerbau mit Holzzierelementen und fallweise einem oder zwei Seitenflügeln. Die Bauleitung oblag Architekt Jakob Friedrich Wanner, der diesen Grundtyp an die jeweiligen örtlichen Nutzungsbedürfnisse anpasste. Das Aufnahmegebäude der Station "Siggenthal" (1904 auf Gesuch der Gemeinde Würenlingen abgeändert zu "Siggenthal-Würenlingen") erhielt einen nach Norden ausgerichteten Seitenflügel, der den Güterschuppen enthielt [3].
1896 wurde der Güterschuppen erweitert, indem der bestehende gemauerte Annex durch einen ebenso langen Holzständerbau mit Bretterverschalung verlängert wurde [4]. 1908 entschied man sich, die Anlage in nördlicher Verlängerung des Aufnahmegebäudes um einen frei stehenden Güterschuppen (Bauinventarobjekt UNS925B) zu ergänzen [5]. In der Folge konnten 1908 im südlichen Teil des alten Güterschuppens ein grösserer Wartsaal eingerichtet und das Büro mit Güter- und Billettschalter auf die ganze östliche Gebäudehälfte des Hauptbaukörpers ausgedehnt werden. In diesem Zusammenhang wurden das von den Geleisen abgewandte Gütertor des Seitenflügels und die beiden kleinen Stichbogenlichter durch Stichbogenfenster mit steinernen Gewänden ersetzt. Die Verlängerung des westseitigen Fensters zu einem Durchgang dürfte aus späterer Zeit stammen [6]. Entgegen dem ursprünglichen Vorhaben wurde der in Holzbauweise angefügte Güterschuppenteil von 1896 nicht rückgebaut [7].
Im Laufe des 20. Jh. erfuhr besonders die vordere, den Geleisen zugewandte Gebäudehälfte des giebelständigen Hauptbaukörpers am Erdgeschoss Veränderungen an Tür- und Fensteröffnungen (Ersatz eines Einzelfensters an der Südfassade durch drei schmale, durch ein Gesims miteinander verbundene Stichbogenfenster, Verkürzung des Ausgangs an der Nordfassade des Hauptbaukörpers zu einem breiten Stichbogenfenster, Aufhebung der historischen Öffnungen an der Westfassade wegen Einbaus technischer Anlagen).
Um 1908 wurde das alte Abortgebäude auf der anderen Seite des Aufnahmegebäudes durch ein neues Toilettenhäuschen aus Kalksandstein ersetzt [8].
Im November 2015 erfolgte der offizielle Baustart für die neue Station, welche im Rahmen der Automatisierung und zeitgemässen Umgestaltung der Bahnhofsanlage (Perronverlängerung, Barrierefreiheit) rund 200 Meter weiter nördlich auf Würenlinger Gemeindegebiet verlegt wird. Nach der 2018 geplanten Inbetriebnahme wird das alte Aufnahmegebäude Siggenthal-Würenlingen seine ehemalige Funktion verlieren.
Beschreibung:Das ostseitig der Geleise stehende Aufnahmegebäude Siggenthal-Würenlingen besteht aus einem giebelständigen zweigeschossigen Hauptbaukörper, dem nördlich unter Querfirst ein eingeschossiger Seitenflügel angefügt ist. Der über einem niedrigen Kellersockel in verputztem Mauerwerk aufgeführte Haupttrakt wird an den Ecken von kräftigen, am Erdgeschoss gequaderten Eckpilastern gefasst. Gurtgesimse gliedern den Baukörper geschossweise, wobei das Blockgesims über dem Erdgeschoss durch eine bandartig darüber verlaufende steinerne Fassadenverkleidung mit den Konsolen der Obergeschossfenster verbunden ist, so dass sich kleine Brüstungsfelder bilden. Das Gesims, welches den oberen Abschluss zum Kniestock bildet, zeigt eine feingliedrige zahnschnittartige Gestaltung. Kniestock und Giebel heben sich durch eine vertikale Bretterverschalung von den gemauerten Fassaden ab. Die am unteren Rand mit ausgesägten Kreuz- und Tulpenmotiven verzierten Bretter werden unter den Kniestockfenstern durch Gesimsbretter mit variiertem Laubsägedekor fortgeführt. In zierlichen Formen ausgeschnitten sind auch die Brettkonsolen, welche die an den Balkenköpfen beschnitzten Pfetten stützen. Die Zwillingslichter im Giebelfeld tragen eine Verdachung. Das auf der Ostseite längsaxial erschlossene Erdgeschoss zeigt stichbogige Einfassungen an Tür und Fenstern, während die Fenster am Obergeschoss Rechteckgewände mit kräftigen, von Konsolgen gestützten Gesimsen ausgestattet sind. Aus dem streng symmetrischen Muster fällt eine Gruppe von drei jüngeren schmalen Stichbogenlichtern am Erdgeschoss der Südfassade.
Der Seitenflügel setzt sich aus einer älteren, analog zum Hauptbau gemauerten und am Kniestock mit einer Bretterverschalung verkleideten Gebäudehälfte sowie einer jüngeren, 1896 angefügten Verlängerung in Holzbauweise zusammen. Beide Gebäudeteile umfassen in der Länge zwei Achsen. Der gemauerte Gebäudeteil blickt mit zwei Stichbogenlichtern nach Osten, während zu den Geleisen zwei stichbogige Ausgänge bestehen. Den Abschluss zum Kniestock bildet ein einfacher Zahnschnittfries, der regelmässig von Balkenvorstössen unterbrochen wird. Ein Kniestockfenster über der zweiten Achse und eine wohl nachträglich ergänzte Giebelgaube über der ersten belichten das Dachgeschoss. Der bretterverschalte Holzständerbau, der unter dem fortgesetzten Satteldach die zweite Hälfte des Seitenflügels bildet, übernimmt die Gestaltung des Kniestocks und kombiniert diese mit einer einfachen Bretterverschalung am Erdgeschoss. Von den hölzernen Toren, die sich einst auf beiden Traufseiten in der inneren Achse auf eine Rampe öffneten, ist nur noch dasjenige zu den Geleisen hin vorhanden. Auf der gegenüber liegenden Seite wurde es durch ein Zwillingsfenster ausgewechselt. Einzelne Rechtecklichter besetzten die äussere Achse, während die Stirnfront am Erdgeschoss und am Giebel ebenfalls Zwillingslichter aufweist. Die Brettkonsolen unter den Pfetten entsprechen denjenigen des Hauptbaus.
Dem Hauptbaukörper und älteren Teil des Seitenflügels ist westseitig ein auf schlanken Gusseisensäulen abgestütztes pultförmiges Dach aus dem Jahr 1908 vorangestellt.
Im Innern des Haupttrakts sind seit der gleichen Zeit Vorraum, Schalter, Büro sowie Vorstandswohnung untergebracht, während der Seitenflügel seit 1908 den Wartesaal und Gepäckschuppen umfasst.
Das Aufnahmegebäude Siggenthal-Würenlingen entspricht in gespiegelter Anordnung fast bis in die Details demjenigen von Klingnau-Döttingen (Bauinventarobjekt DTT910) aus der gleichen Bauzeit, einschliesslich der Erweiterung des Seitenflügels als Holzständerbau, Perrondach und teilweise abgeänderter Fensteröffnungen. Nach dem gleichen Grundtyp ist auch der in seiner Anlage mit Güterschuppen gut erhaltene Bahnhof von Koblenz erbaut (Bauinventarobjekt KOB908A) [9].
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar historischer Bahnhöfe, Siggenthal-Würenlingen, Bauabteilung der Generaldirektion SBB, inventarisiert durch H.P. Bärtschi, 1983/84, Einstufung national.
- Kurzinventar Aufnahmegebäude und Güterschuppen, Kanton Aargau, SBB, Fachstelle für Denkmalpflege, 2013, S. 183-184.
- Kurzinventar der bahnbezogenen Bauten im Kanton Aargau (Kantonale Denkmalpflege Aargau 2003/04).
Anmerkungen:[1] Meier/Steigmeier 2008, S. 203.
[2] Stutz 1976, S. 136 (Kat. 41).
[3] Bärtschi SBB, Inventar historischer Bahnhöfe, Siggenthal-Würenlingen.
[4] SBB Historic, Bauakten Siggenthal-Würenlingen, NOB 1896 (VGB_GEM_2001/008_039_01, Vergrösserung des Güterschuppens).
[5] SBB Historic, Bauakten Siggenthal-Würenlingen, 1908 (Projekt zu einem neuen Güterschuppen); Kurzinventar Aufnahmegebäude und Güterschuppen 2013, S. 185-186 (Siggenthal-Würenlingen, Güterschuppen)
[6] SBB Historic, Bauakten Siggenthal-Würenlingen, NOB 1896 (VGB_GEM_2001/008_039_01, Vergrösserung des Güterschuppens) und 1908 (Projekt für Umbau des Aufnahmegebäudes).
[7] SBB Historic, Bauakten Siggenthal-Würenlingen, 1908 (Projekt für Umbau des Aufnahmegebäudes).
[8] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0067: Brandkataster Gemeinde Untersiggenthal 1899-1938.
[9] Kurzinventar Aufnahmegebäude und Güterschuppen 2013, S. 89-90.
Literatur:- Bruno Meier/Andreas Steigmeier, Untersiggenthal. Eine Gemeinde im Umbruch, Untersiggenthal 2008, S. 203-206.
- Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 7, Basel 1995, S. 174-175.
- Werner Stutz, Bahnhöfe der Schweiz. Von den Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg, Zürich 1976, S. 136 (Kat. 41, Vergleichsbeispiele), S. 142 (Kat. 48).
- Georg Boner, Geschichte der Gemeinde Untersiggenthal, Baden 1983, S. 225-228, 227 (Abb.).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0067: Brandkataster Gemeinde Untersiggenthal 1899-1938.
- SBB Historic, Windisch: VGB_GEM_2001/008_039_01 und GD_BAU_SBBBAU1_531_12 (Bauakten Siggenthal-Würenlingen).
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=46068
 

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