Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | approx. 1894 |
Grundlage Datierung: | Literatur |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Teil einer Baugruppe |
Weitere Teile der Baugruppe: | Getreidemühle "Schiffmühle" (Bauinventarobjekt UNS930), Magazin/Spedition Schiffmühle (Bauinventarobjekt UNS931B) |
Nutzung (Stufe 1): | Verkehrs- und Infrastrukturbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Wasserkraftwerk |
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Dokumentation |
Würdigung: | Das äusserlich noch weitgehend intakte Turbinenhaus von 1894, das insbesondere in der flussseitigen Hälfte noch die ursprünglichen Fenster bewahrt, ist ein zeittypischer Industriebau mit repräsentativ gestufter Hauptfront und eleganter Fassadengestaltung. Das Dach ist mit genieteten Gitterfachwerkträgern konstruiert. Das Gebäude, das von Anfang an der Stromgewinnung diente, markiert für das seit Jahrhunderten als Mühlenstandort genutzte untere Limmatufer den Übergang vom Gewerbe- zum Fabrikareal. Heute erinnert es zusammen mit dem Magazin- und Speditionsgebäude von 1901-03 (Bauinventarobjekt UNS931B) als einzige Bauzeugen noch an die 1895 von Peter Zai-Kappeler gegründete und in mehreren Etappen entstandene elektrochemische Fabrik. Als Vertreter aus der Frühzeit der Wasserkraftwerke und als verbindendes Element in der Chronologie zwischen dem Wasserradbetrieb der "Schiffmühle" (Bauinventarobjekt UNS930) und dem heutigen Kraftwerk von 1960 ist das Alte Kraftwerk von besonderer lokalgeschichtlicher Bedeutung. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | 1890 wurde der Mühlenbetrieb in der "Schiffmühle" infolge der rückläufigen Getreideproduktion eingestellt und stattdessen die Anlage in ein kleines Elektrizitätswerk umgebaut, das zunächst noch mit einem grossen Wasserrad Strom erzeugte [1]. Louis Kappeler-Bebié, der damalige Eigentümer, erhielt 1891 die Bewilligung, die Kanalanlage zu erweitern und ein Kraftwerk mit zwei Turbinen zu bauen. Ab 1894 ging das rechtwinklig zum alten Mühlenbau erstellte Turbinenhaus mit einer Turbine in Betrieb, die zweite Turbine wurde 1897 eingesetzt. Mit dem Strom wurden die Industriebetriebe in Turgi beliefert, später auch die Gemeinde Untersiggenthal. 1895 gründete Peter Zai-Kappeler, der Schwiegersohn des kurz davor verstorbenen Louis Kappeler-Bebié, die "Gesellschaft für elektrochemische Industrie AG" mit Sitz in Turgi, welche Kochsalz zu Chlorprodukten verarbeitete. In ihrem Namen entstand auf dem Areal der Schiffmühle in mehreren Etappen eine Fabrik, welche die benötigte Energie ebenfalls aus dem Kraftwerk bezog. War die mittlere Bruttowasserkraft 1898 noch auf 600 Pferdestärken festgesetzt, betrug sie 1911, nach einer Erweiterung von zwei auf drei Maschinengruppen, mehr als das Doppelte. Dies bedingte den Bau einer dritten Turbinenkammer zwischen dem bestehenden Gebäude und der Limmat sowie eines neunen Oberwasserkanals, verbunden mit einer Schiffschleuse (vgl. historische Karte Fotodokumentation). Gemäss Brandkatastereintrag von 1911 erhöhte sich damit der Wert der Anlage von 28'000 auf 134'800 Franken. Weitere Verbesserungen wurden mit dem Ersatz der ersten und zweiten Turbine durch neue Francis-Turbinen 1903 und 1916 erzielt. Mit dem Einbau einer vierten Turbine 1933 sowie einer fünften nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Leistung des Kraftwerks kontinuierlich. Ab 1947 übernahm das AEW die Stromversorgung des Gemeindegebiets Untersiggenthal. Das Kraftwerk ging nach dem Tod von Dr. Hans Landolt 1951 von dessen Erben an die 1954 gegründete Elektrizitätswerk Schiffmühle AG über [2]. Diese baute das Kraftwerk vollständig aus, indem sie 1959-60 durch die Basler Architekten Suter & Suter ein neues Maschinenhaus mit drei Generatoren und einer Leistung von 3100 Kilowatt errichten liess, welches der elektrochemischen Fabrik den benötigen Strom lieferte [3]. Das alte Turbinenhaus ist seither ausser Betrieb. Es dient heute als Lagerraum, während der alte Kanal zugeschüttet ist. |
Beschreibung: | Das rechtwinklig zum alten Mühlenbau (Bauinventarobjekt UNS930) über dem – heute wieder zugeschütteten – Limmatkanal errichtete Alte Turbinenhaus ist ein langgestreckter eingeschossiger Baukörper unter einem Flachdach mit kaum merklicher Neigung. Für letzteres wurde gemäss Brandkataster Holzzement verwendet, während die Mauern aus Beton und Backstein aufgeführt sind. Die verputzten Fassaden werden über einer Sockelzone von Lisenen gegliedert und eingefasst, wobei diese an der landseitigen Schmalseite, welche die Schaufront bildet, eine fein gefugte Quaderstruktur aufweisen. Die auf dieser Seite das Dach leicht überragende Stirnfront schliesst mit einem einfach gestuften Blendgiebel ab. Nach Osten hat sich die elegant geschwungene, flügelartige Auskragung erhalten, welche ursprünglich wohl beidseitig den Anschluss an den traufseitigen Dachüberstand kaschierte. Der in der Mittelachse unter einem kleinen, einfachen Klebdach angelegte stichbogige Haupteingang (Tür erneuert) des Gebäudes wird von zwei breiten Stichbogenfenstern flankiert. Die gegenüber liegende, wasserseitige Schmalseite zeigt stattdessen zwei gekuppelte Stichbogenlichter. Die beiden nach Osten und Westen blickenden Längsseiten gliedern sich in sechs Abschnitte, die mehrheitlich noch mit einem einzelnen oder einem gekuppelten Fenster besetzt sind. Diese weisen einen aus Formsteinen gefügten Stichbogen mit Zementschlussstein sowie ein einfaches Blockgesims auf. Die 16-teiligen Sprossenfenster mit zwei Flügeln und Kämpfer stammen noch aus der Bauzeit. Teilweise wurden sie in jüngerer Zeit zu einem Durchgang erweitert. Am nördlichen Ende der Westfassade war einst das 1911 ergänzte Transformatorenhaus angebaut. Ein interessantes Detail bilden im zweitäussersten nördlichen Segment der Ostfassade die aus Holz geschnitzten Konsölchen, welche zu einer Art Jochbalken überleiten. Die leicht zurückspringende Fassade besteht aus einer unverputzten Mauer aus Betonsteinen, dürfte ursprünglich aber offen oder mit einem grossen Holztor verschlossen gewesen sein. Ein weiteres Element der sorgfältigen Fassadengestaltung bildet das umlaufende wulstartige Kranzgesims, welches die Fassade unmittelbar unter der holzverschalten Dachuntersicht abschliesst. Die bis unters Dach offenen Hallen werden in Querrichtung von genieteten Gitterfachwerkträgern überspannt, auf welchen fünf Längsbalken (Pfetten) aufliegen. |
Anmerkungen: | [1] Meier/Steigmeier 2008, S. 134. [2] Boner 1983, S. 191-193. [3] Industriekulturpfad 1996, S. 10; Hoegger 1995, S. 177-178. |
Literatur: | - Georg Boner, Geschichte der Gemeinde Untersiggenthal, 1983, S. 177-179, 190-197 (Abb.). - Fabrikanlage und Kraftwerk Schiffmühle, in: Der Industriekulturpfad Limmat-Wasserschloss im Raum Turgi-Untersiggenthal-Vogelsang, Baden 1996, S. 9-11. - Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 7, Basel 1995, S. 177-179 (Kraftwerk von 1894: S. 179). - Bruno Meier/Andreas Steigmeier, Untersiggenthal. Eine Gemeinde im Umbruch, Untersiggenthal 2008, S. 134-136. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0067: Brandkataster Gemeinde Untersiggenthal 1899-1938. - Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv. |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=46236 |
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