INV-VIL911 Gasthaus zum Hirschen, 1730 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-VIL911
Signatur Archivplan:VIL911
Titel:Gasthaus zum Hirschen
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Villigen
Adresse:Hauptstrasse 46
Versicherungs-Nr.:65
Parzellen-Nr.:1039
Koordinate E:2658466
Koordinate N:1264243
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2658466&y=1264243

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1730
Grundlage Datierung:Schriftliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:VIL912
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Gasthaus, Gasthof

Dokumentation

Würdigung:Das alte Gasthaus "Hirschen" ist ein stattlicher dreigeschossiger Mauerbau aus der Zeit um 1730, dessen strassenseitige Fassade 1834 eine klassizistische Überformung erfahren hat. Nach einem umfassenden Umbau von 1995 blieben das äussere Erscheinungsbild des Wohnteils und die alte Dachkonstruktion erhalten, währen der zugehörige Scheunentrakt zu einem Mehrfamilienhaus umfunktioniert wurde. Mit dem über Generationen hinweg geführten Pinten- und Tavernenbetrieb ergibt sich ein erheblicher lokalgeschichtlicher Zeugenwert. Als prägender Bestandteil einer zeilenartigen Bebauung im alten Dorfkern ist das Gebäude auch ortsbaulich von grosser Bedeutung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Vorgängerbau des Gasthofs "Hirschen", in dem zumindest seit dem 17. Jh. eine Pintenschenke betrieben wurde, gelangte 1717 von der Familie Vogt an die Familie Schwarz, welche den Gastbetrieb über sechs Generationen hinweg aufrecht erhielt. 1730 übernahm Hans Schwarz (1694-1776) von Johannes Jäger, Zinngiesser in Brugg, dessen Anteil am Wirtshaus und Scheune sowie einen Speicher mit Kellerräumen auf der gegenüberliegenden Strassenseite (Bauinventarobjekt VIL914). In der Folge liess er das alte Wirtshausgebäude abreissen und an dessen Stelle "ein grosses neüwes steinernes Haus und darinnen ordentliche komliche Gemächer auf- und anbauen" [1]. 1784 folgte der Anbau eines nördlichen Gebäudetrakts (Wohnhaus Hauptstrasse 48; Bauinventarobjekt VIL912) durch den damaligen Hirschenwirt Johannes Schwarz (1729-1791). Die damit verbundene Absicht, den Gastbetrieb hierher zu verlegen, wurde indessen nie verwirklicht. Sohn Kaspar Schwarz (1753-1814) erhielt 1797 von den Berner Behörden die Erlaubnis, nebst der Gastwirtschaft auch eine Bäckerei zu führen. 1806 erhielt er für die Pintenschenke das Tavernenrecht mit dem Aushängeschild "zum Hirschen". 1906 wurde die Beherbergung von Gästen aufgegeben und der Betrieb in eine Speisewirtschaft umgewandelt, welche in eingeschränkter Form bis 1920 weiterbestand. 1925 wurde die Gasthauskonzession an Vetter Gottlieb Schwarz (1869-1927) übertragen, welcher auf der südlich angrenzenden Liegenschaft Hauptstrasse 42 eine Scheune umbauen liess und darin die neue Gastwirtschaft "zum Hirschen" einrichtete (vgl. historische Aufnahme in der Bilddokumentation).
Der alte "Hirschen" hatte bereits 1834 eine grössere Fassadenüberprägung erfahren [2]. Kurz danach folgten verschiedene Veränderungen im Hausinnern: Verlegung der Wirtsstube ins erste Obergeschoss; rückwärtiger Anbau eines Gewölbekellers mit Waschhaus und Tanzsaal (später wieder entfernt); Laubenausbau und Treppenanbau [3]. 1995 schliesslich fand eine umfassende Aussen- und Innenrenovation des Wohnteils sowie eine vollständige Umnutzung des ehemaligen Scheunentrakts zu Wohnraum statt [4].
Beschreibung:Der ehemalige Gasthof "Hirschen" erhebt sich als stattlicher dreigeschossiger Mauerbau in traufständiger Ausrichtung zur Strasse. Mit dem nördlich anschliessenden Hausteil Hauptstrasse 48 (Bauinventarobjekt VIL912) und dem südöstlich gelegenen heutigen Restaurant "Hirschen" (Hauptstrasse 42) bildet er eine markante Häuserzeile mitten im alten Ortsteil von Villigen. Die heutige Strassenfassade mit regelmässiger, klassizistisch geprägter Befensterung stammt von einem grösseren Umbau aus dem Jahr 1834 [3]. Die in vier Achsen angelegten Rechteckfenster mit Ladenfalz und Blockgesimsen sind wie das Gurtgesims zum ersten Obergeschoss aus Muschelkalk gefertigt. In die innere, an die Scheune grenzende Achse ist ein breites, gesimsbekröntes Portal gesetzt, das ein zweiflügliges Biedermeier-Türblatt bewahrt.
Nach dem umfassenden Umbau von 1995 sind am Wohnteil nebst den Fassaden noch die Deckenbalkenlagen und die Dachkonstruktion (Sparrendach mit liegendem Stuhl) von 1730 sowie Teile des biedermeierlichen Intérieurs (gefelderte Täferdecken) erhalten.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Zitiert nach Widmer 1982, S. 80. Eine ausführliche Nutzungsgeschichte des Gasthofs "Hirschen" liefern Widmer 1994, S. 105-126 und Baumann 2009, S. 281-288.
[2] Aus einer Rechnung vom 18. Dezember 1834 erfahren wir von folgender Lieferung: "11 Lichtgestelle für Fenster und ein Türgericht, gestockte Sockel von Bolliger-Platten, ein Gurt-Gesimse mit Wassernase. Es handelt sich dabei um die Fenster- und Türgewände und das Gurtgesims" (vgl. Widmer 1994, S. 119-120).
[3] Brandkatastereintrag von 1838: Erhöhung des Versicherungswerts wegen Erbauung eines Saals, Waschhaus, Schweineställen und Gewölbekellers.
[4] Umbauprojekt Hermann + Menziger AG, Architekten und Planer HTL, Brugg. Reiche Fotodokumentation des Vorzustandes vorhanden.
Literatur:- Max Baumann, Villigen - die Geschichte, Stilli und Villigen 2009, S. 281-288.
- Oskar Widmer, Das alte Villigen: in: Brugger Neujahrsblätter 1982, S. 77-86.
- Oskar Widmer, Das alte Wirtshaus zum Hirschen in Villigen, in: Brugger Neujahrsblätter 1994, S. 105-126.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 71.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, Bezirksamt Brugg Zw 1936.0001: Brandkataster Gemeinde Villigen 1809-1850; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0206-0208: Brandkataster Gemeinde Villigen 1850-1938.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=46410
 

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