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INV-WEG925 Alte Mühle, 1830 (ca.) (Dossier (Bauinventar))
Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | approx. 1830 |
Grundlage Datierung: | Schätzung |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Mühle |
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Dokumentation |
Würdigung: | Die ehemalige Mühle blickt auf eine lange und vielfältige Nutzungsgeschichte zurück, beherbergte das Gebäude, in dem bis 1993 gemahlen wurde, doch bis 1830 auch die Taverne zum Schwanen. Das aufgehende Mauerwerk dürfte im Wesentlichen noch auf die Bauzeit um 1600 zurückgehen. An künstlerisch wertvollen originalen Bauteilen haben sich spätgotisch gekehlte Fenstergewände im nordöstlichen Giebelfeld sowie der rückwärtige Eingang zum früheren Mahlraum in Form eines Rundbogenportals mit skulptiertem frühbarockem Schlussstein erhalten. Die aufwändig profilierten Hausteineinfassungen am Obergeschoss der traufseitigen Hauptfassade gehen wie die gerade Form des Satteldachs auf eine Überprägung im frühen 19. Jh. zurück. Im Ortsbild von Wegenstetten nimmt das Gebäude eine wichtige Stellung ein, indem es mit seiner Stirnfront im Zusammenspiel mit dem schräg gegenüber stehenden Bauernhaus Hauptstrasse 44 (Bauinventarobjekt WEG912) eine gassenartige Verengung bildet. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Mühlen gab es in Wegenstetten an zwei Standorten: in der Talmatt und im Mitteldorf. Von der ersten Mühle in der Talmatt ist aufgrund der Akten bekannt, dass sie 1311 vom Kloster Muri an die Johanniterkommende in Rheinfelden verkauft wurde [1]. Nachdem sie 1750 neu errichtet und 1870 vom damaligen Eigentümer Fridolin Wunderlin-Leber teilweise zu einer Gipsmühle mit Gipsstampfe umgebaut worden war, diente sie noch als Beimühle zur Mühle im Mitteldorf. Diese war im Jahr 1600 von den Herren von Schönau erbaut worden [2]. Ob das Gebäude von Anfang an eine Mühle enthielt, ist nicht bekannt. Der Brandkatastereintrag von 1850 lautet auf ein "Wohnhaus nebst Getreidemühle mit zwei Mahlgängen, Röndle, Wasserrad u. Anbau mit Waschhaus, gew[ölbter]. Keller, [aus] Stein, [mit] Ziegeldach" [3]. Eigentümer war damals der aus Gipf stammende Müller Franz Joseph Mösch. Bis 1830 beherbergte das Gebäude auch die Taverne zum Schwanen, so dass es eine Zeit lang möglicherweise beide Funktionen innehatte. Der oben erwähnte, von Badisch-Wallbach zugezogene Fridolin Wunderlin-Leber erwarb 1870 zusammen mit der Beimühle auch die Getreidemühle am Mühlegässli 1. Das Wasser für den Antrieb des oberschlächtigen Wasserrads wurde von Südwesten her aus dem Möhlinbach der Hauptstrasse entlang zugeleitet. Das 1899 in einem Regierungsratsbeschluss erwähnte oberschlächtige Wasserrad von 4,05 Metern Durchmesser und 0,57 Metern Schaufelbreite trieb einen Mahlgang, ein Rönnle und eine Fruchtputzerei an [4]. Nachdem 1914 die Quelle für die allgemeine Wasserversorgung gefasst worden war, reichte die Wassermenge nicht mehr aus, so dass zur Ergänzung elektrische Energie beigezogen werden musst. Bis 1936 waren Mühlsteine im Einsatz. 1993 wurde der Mühlenbetrieb durch den letzten Müller Josef Wunderlin-Rippstein eingestellt. Seit seiner Erbauung um 1600 ist das Haus mehreren Umbauten unterzogen worden, von welchen jene im 19. und 20. Jh. deutliche Spuren hinterlassen haben. Einer der letzten Eingriffe ist der Dachausbau, der mehrere Schleppgauben auf der Vorder- und Rückseite mit sich brachte. |
Beschreibung: | Die etwas von der Hauptverkehrsachse zurückversetzte ehemalige Mühle ist ein kompakter zweigeschossiger Mauerbau mit rückseitiger Obergeschosslaube unter geradem Satteldach. Sie ist mit der nordöstlichen Giebelseite hart ans Mühlegässli gestellt und entfaltet zusammen mit dem schräg gegenüber stehenden Vielzweckbau Hauptstrasse 44 (Bauinventarobjekt WEG912) eine gassenartige Wirkung. Dem Baukörper ist an der westlichen Stirnseite in gleicher Firstrichtung ein kleiner Wohnungserweiterungsbau angegliedert, der vermutlich in den 1940er Jahren einen kleinen Schopf ersetzte. Rückwärtig an das Hauptgebäude und den jüngeren Anbau schliesst ein winkelförmiger Ökonomiebau an; dazwischen liegt ein überdachter Hof. Das über rechteckiger Grundfläche errichtete Hauptgebäude zeigt an der vorderen Traufseite vier Fensterachsen, wovon die drei südwestlichen, von der Gasse abgewandten etwas enger gesetzt sind. Der untere Bereich des südöstlichen Mauerabschnitts, wo ehemals der Wasserkanal durch eine Öffnung in den Mahlraum geführt wurde, ist fensterlos. Der daneben liegende Eingang zur Wohnung besitzt noch ein Türblatt mit verziertem Fenstergitter aus dem frühen 20. Jh. Das Türgewände und die beiden nahezu quadratischen Erdgeschossfenster sind aus Zement gegossen. Die vier hochrechteckigen Obergeschossfenster bewahren hingegen noch sorgfältig gearbeitete Hausteingewände, welche aufgrund der Gesimsform von einer Fassadenüberprägung im früheren 19. Jh. stammen dürften [5]. Auf der Stirnseite zum Mühlegässli sind an den Hauptgeschossen je zwei Fensterachsen aus der Mitte verschoben gesetzt. Die beiden Erdgeschossfenster weisen wiederum Zementeinfassungen auf. Darüber haben sich bis ins Giebelfeld hinauf, wo drei kleiner dimensionierte Öffnungen verteilt sind, ältere Gewände aus Sandstein erhalten. Zum bauzeitlichen Bestand um 1600 gehören zumindest die beiden unteren Giebellichter, die trotz ihrer Schadhaftigkeit noch die spätgotische Kehlung erkennen lassen. Am unterschiedlich stark verwitterten Putzanstrich des mit geschweiften Mauerankern befestigten Giebels lässt sich deutlich die ursprüngliche, ehemals viel steilere, geknickte Dachform ablesen. Der bereits mit der geraden, angehobenen Dachform rechnende Verputz mit den gefugten Ecklisenen dürfte im Zusammenhang mit einem Umbau Anfang 20. Jh. hinzugekommen sein. Der Mahlraum befindet sich in der zum Mühlegässli hin gelegenen Haushälfte und ist gegenüber dem Strassenniveau abgetieft. An der hinteren Traufseite besteht noch der alte Mühlenzugang, ein vermutlich aus der ersten Hälfte des 17. Jh. stammendes, frühbarockes Rundbogenportal mit einem reich skulptierten Schlussstein (Gewände mehrheitlich mit Zementmörtel aufmodelliert). Der von der Firma Meyer + Cie., Solothurn, gelieferte Mahlgang aus dem frühen 20. Jh. ist noch vorhanden (gemäss Kurzinventar 2001). Nur noch über eine Fotografie überliefert ist das vermutlich aus der Zeit um 1800 stammende Wirtshausschlid zum Schwanen, das in den 1940er Jahren an einen Antiquitätenhändler verkauft wurde [6]. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung. |
Anmerkungen: | [1] Schreiber-Brändlin 1996, S. 251. [2] J. Ackermann, Aufnahmen von älteren Häusern und Hausgruppen, 1934, Blatt Nr. 24 (Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv). [3] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0586-0588: Brandkataster Gemeinde Wegenstetten 1850-1938. [4] Über die technischen Daten der beiden Wasserwerke gibt ein Regierungsratsbeschluss von 1899 Auskunft, vgl. Schreiber-Brändlin 1996, S. 251-153. [5] Vgl. die identisch gestalteten Gesimsprofile, die sich z.B. an den Obergeschossfenstern des 1829 erbauten Hauses an der Obermatt 6/8 erhalten haben (Bauinventarobjekt WEG918). [6] Schreiber-Brändlin 1996, S. 82. |
Literatur: | - Edith Hunziker/Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 9, Bern 2011, S. 439. - Hans Schreiber-Brändlin, Dorfgeschichte Wegenstetten, Wegenstetten 1996, S. 82 (Abb.), 251-253. |
Quellen: | - J. Ackermann, Aufnahmen von älteren Häusern und Hausgruppen, 1934, Blatt Nr. 24 (Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv). - Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, IX-12, 13. - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0586-0588: Brandkataster Gemeinde Wegenstetten 1850-1938. |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=47394 |
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