INV-WIN917 Ländestrasse 20, 1600 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-WIN917
Signatur Archivplan:WIN917
Titel:Ländestrasse 20
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Windisch
Ortsteil / Weiler / Flurname:Unterwindisch
Adresse:Ländestrasse 20
Versicherungs-Nr.:36
Parzellen-Nr.:979
Koordinate E:2659436
Koordinate N:1259291
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2659436&y=1259291

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1600
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus
Epoche / Baustil (Stufe 3):Spätgotik

Dokumentation

Würdigung:In der Grundanlage aus der Zeit um 1600 stammendes gemauertes Wohnhaus, das im Obergeschoss der strassenseitigen Fassade ein spätgotisch gekehltes Staffelfenster mit zugehöriger Fenstersäule zeigt. Das Gebäude ist ein wertvoller sozialgeschichtlicher Zeuge, denn sein Obergeschoss diente im 19. Jahrhundert trotz prekärer räumlicher Verhältnisse jahrzehntelang als Armenhaus. Das traufständig zur Aare liegende Gebäude ist prägender Bestandteil einer intakt gebliebenen idyllischen Häuserzeile an der Lände im Unterdorf. Mit drei weiteren Gebäuden (Bauinventarobjekte WIN918, WIN919 sowie Dorfstrasse 53) bildet es die älteste noch erhaltene Bausubstanz von Windisch.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die spätgotische Befensterung im Obergeschoss (es handelt sich um Neuanfertigungen von 1975) gibt einen Hinweis auf das Entstehungsdatum des Wohnhauses in der Zeit um 1600. Gemäss Recherchen des Historikers Max Baumann, sind als frühere Hausbesitzer Franz Ludwig Schatzmann und gegen Ende des 17. Jh. Friedli Hoffmann, genannt "Bützi", bekannt [1]. Die neben dem Hauseingang eingelassene skulpturierte Tafel mit Mühlrademblemen konnte bisher nicht in ihrer lokalgeschichtlichen Bedeutung aufgeschlüsselt werden. Gesichert ist lediglich, dass an dieser Stelle des Reussufers keine Getreidemühle existiert hat. Ende des 18. Jh. errichteten Daniel Koprio und sein Sohn Jakob hingegen in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses eine Sägerei, ein Lohstampfe, eine Gipsmühle, eine Öle und eine Strumpfwalke [2] (vgl. Bilddokumentation).
Ab 1777 war das Gebäude lange Zeit geschossweise unter zwei Parteien aufgeteilt, ähnlich wie das Wohnhaus an der Ländestrasse 8 (Bauinventarobjekt WIN918). 1837 richtete die Gemeinde im Obergeschoss das Armenhaus ("Spittel") ein. 1850 "lebten dort in einer Küche und drei Zimmern zwei Witwen mit zusammen sechs Kindern und dazu vier ledige Erwachsene, also insgesamt zwölf Personen!" [3].
1975 wurde das Haus von der Familie Kühnis übernommen. Wegen starker Senkungen im Bereich der rückwärtigen Trauffassade musste es bis auf Traufhöhe ausgekernt werden. Die Dachkonstruktion war bereits früher erneuert worden. Der westseitig zurückversetzte Scheunenanbau ist ebenfalls jüngeren Datums; an gleicher Stelle stand früher ein strohgedeckter Ökonomietrakt.
Beschreibung:Beim Wohnhaus Ländestrasse 20 handelt es sich um das dritte Gebäude einer vielteiligen Häuserzeile, die unmittelbar an der Reuss den westseitigen Abschluss der Bebauung im Unterdorf bildet.
Der aus verputztem Mauerwerk zweigeschossig aufgeführte Baukörper ruht unter einem steilen, nur knapp vorspringenden Giebeldach, das die alte Eindeckung mit Biberschwanzziegeln bewahrt hat. Die Vorderfront ist im Obergeschoss mit einem spätgotisch gekehlten Staffelfenster und zwei ebenfalls gekehlten Einzelfenstern versehen (Gewände 1975 erneuert). Der traufseitige, heute nicht mehr genutzte Hauseingang zeigt ein schlichtes Muschelkalkgewände. Seitlich schliesst ein gekuppeltes Fenster mit Steingesims und hölzernem Sturz an. Die stirnseitigen Tür- und Fenstereinfassungen bestehen aus Holz (erneuert).
Als Reminiszenz aus der Bauzeit haben sich in der oberen Stube zwei weitgespannte Fensterbögen aus Tuffstein erhalten [4]. Diese ruhen in der Mitte auf einem kräftigen Fensterpfeiler aus Sandstein mit kapitellartiger Auskragung, dessen Zierfasen am oberen Abschluss in Krallen auslaufen. Als weiteres historisches Ausstattungselement findet sich ein aus Zeihen zugekaufter Kastenofen von 1801, der möglicherweise aus der Werkstatt des Aarauer Hafners Abraham Hässig (1865–1827) und des Ofenmalers Johann Rudolf Hässig (1766–1822) stammt [4]. Unter dem Haus erstreckt sich ein kleiner tonnengewölbter Keller, ergänzt durch einen zweiten Gewölbekeller im rückwärtigen Hang.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Ein Zweig der Familie bewohnte lange Zeit ein Haus an der Reuss, das sogenannte "Bützi"-Haus. Dieses stand vermutlich ganz in der Nähe des hier besprochenen und wurde 1858 abgebrochen (Baumann 1983, S. 159).
[2] Baumann 1983, S. 288–289. 1602 war Christoffel Meier aus Windisch mit seinem Vorhaben, an der Reuss eine Getreidemühle zu bauen, am Widerstand des Königsfelder Hofmeisters gescheitert; angeblich bestand kein Bedürfnis für ein weiteres Mahlwerk; zudem befürchtete man eine Konkurrenzierung der Klostermühle und der Mülliger Mühle.
[3] Baumann 1983, S. 409.
[4] Ähnliche Leibungsnischen finden sich in der Stube des Wohnhauses Ländestrasse 8, 8a (Bauinventarobjekt WIN918).
[5] Vgl. Signatur- und Füllkachel in: Hinter dem Ofen 1995.
Literatur:- Hinter dem Ofen ist mir wohl. Kacheln und Öfen aus dem Aargau, 14.–19. Jahrhundert, Lenzburg 1995.
- Max Baumann: Geschichte von Windisch. Vom Mittelalter zur Neuzeit, Brugg 1983.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=48456
 

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