INV-WLO939 Otelfingerstrasse 3, 5, 1795 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-WLO939
Signatur Archivplan:WLO939
Titel:Otelfingerstrasse 3, 5
Bezirk:Baden
Gemeinde:Würenlos
Ortsteil / Weiler / Flurname:Ötlikon
Adresse:Otelfingerstrasse 3, 5
Versicherungs-Nr.:183A, 183B
Parzellen-Nr.:217, 218
Koordinate E:2670727
Koordinate N:1255748

Chronologie

Entstehungszeitraum:1795
Grundlage Datierung:Inschrift (Kellereingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:WLO942A
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:1795 (Kellereingang)
Würdigung:Stattliches ehemaliges Doppelbauernhaus von 1795, das eine überaus wichtige Stellung im Zentrum des im ISOS (Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz) als national bedeutend eingestuften Weilers Ötlikon einnimmt. Der auffallend stattliche, stirnseitig zur Strasse gestellte Baukörper ist in regionaltypischer Mischbauweise mit gemauertem Erdgeschoss und markantem Obergeschoss in Sichtfachwerk unter durchlaufendem Steilgiebeldach aufgeführt. Am Wohnteil hat das Gebäude sein äusseres Erscheinungsbild mit der prägenden Fensteranordnung weitgehend bewahrt. Wesentliche Elemente der inneren Raumstruktur und der historischen Ausstattung aber sind den zwei tiefgreifenden Umbauten von 1996/97 und 2008/09 zum Opfer gefallen. Im Originalzustand erhalten blieb ein mächtiger Gewölbekeller unter dem äusseren Wohnteil, welcher die frühere Bedeutung des Weinbaus bezeugt. Der ehemalige Ökonomieteil wurde volumengleich ersetzt, das Dachgeschoss zu Wohnzwecken ausgebaut. Trotz der grossen baulichen Eingriffe und dem empfindlichen Verlust an historischer Bausubstanz ist das markante Gebäude weiterhin ein prägender Bestandteil des Weilers Ötlikon.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Weiler Ötlikon ist aus einer kleinen Hofgruppe hervorgegangen, die vom Hochmittelalter bis ins 19. Jh. hinein eng an das Kloster Wettingen gebunden war [1]. Wohl deshalb konnte die Güterzersplitterung in engen Grenzen gehalten werden, so dass die Zahl der Häuser über lange Zeit nur unwesentlich anstieg. Noch Mitte des 17. Jh. bestand Ötlikon lediglich aus zwei Bauernbetrieben und einer Mühle. Auf dem Zehntenplan von 1699 ist eine haufenförmige Baugruppe mit vermutlich drei Wohnhäusern nebst der Mühle dargestellt (vgl. Bilddokumentation). Im ausgehenden 18. Jh. erfolgte dann eine westliche Erweiterung, als in kurzer zeitlicher Abfolge drei stattliche Bauernhäuser in giebelständiger Ausrichtung an die Otelfingerstrasse gestellt wurden. So entstand das auf der Michaeliskarte von 1840 ersichtliche Siedlungsbild, das dank dem eng umrissenen Baugebiet bis heute Bestand hat.
Das Doppelbauernhaus Otelfingerstrasse 3,5 wurde gemäss Inschrift am Kellereingang 1795 als mittleres der drei angesprochenen Gebäude erstellt. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1875 wird es als "Wohnhaus von Stein und Rieg mit 2 Wohnungen, 2 Stok, mit 1 gewölbten und 1 Tremkeller samt Scheuer, Schopf und Anbau mit 4 Schweineställen, mit Ziegeldach" bezeichnet [2]. Eigentümer der beiden quer zum First geteilten Haushälften waren die Geschwister Markwalder, Häuselis, sowie Kaspar Lang. Während der eine Hausteil bis ins ausgehende 20. Jh. in den Händen der Familie Markwalder verblieb, ging der andere 1897 von Kaspar Lang an Gottfried Mahler und später an die Familie Schmid über. Historische Aufnahmen aus dem früheren 20. Jh. zeigen das stattliche Gebäude mitsamt seinen Bewohnern (vgl. Bilddokumentation).
1996/97 fand ein tiefgreifender Umbau des inneren Wohnteils mit Totalerneuerung des Scheunentrakts zu einem Mehrfamilienhaus statt; 2008/09 folgte der Umbau des äusseren Wohnteils mitsamt Ausbau des Dachgeschosses [3]. Als Folge dieser Eingriffe hat das Gebäude einen erheblichen Verlust an historischer Bausubstanz namentlich im Innern erfahren.
Beschreibung:Das Haus Otelfingerstrasse 3/5 ist das mittlere von drei in regelmässiger Abfolge angeordneten Gebäuden, die mit Firstrichtung West-Ost giebelständig an die Otelfingerstrasse stossen. Seine breite östliche Stirnfront mit schöner Eingangssituation wendet sich einer dorfplatzähnlichen Erweiterung des Strassenraumes zu, wo ein grosser Lindenbaum das Ortsbild prägt. Der langgestreckte, unter einem ausladenden, geknickten Steilgiebeldach erstellte Baukörper besteht aus zwei quer zum First angeordneten Wohnungen, an die westseitig zum offenen Kulturland hin der ehemalige Scheunentrakt mit firstparallel getrennten Ställen anschliesst (heute durch einen Neubau im gleichen Volumen ersetzt). In für die Lägernregion charakteristischer Bauweise ist das Erdgeschoss des Wohnteils grösstenteils aus verputztem Bruchsteinmauerwerk aufgeführt, während das Obergeschoss ein hübsches Sichtfachwerk zeigt (Stirnseite teils nachträglich verputzt). An der südgerichteten Stubenfront ist anhand der Befensterung die innere Raumordnung der beiden gegengleich angelegten Hausteile unschwer ablesbar (alte Raumstruktur im äusseren Wohnteil noch vorhanden, im inneren Wohnteil stärker verändert). Zwei dreiteilige Reihenfenster – wovon das äussere holzgefasst und mit durchlaufender profilierter Brüstung – bezeichnen die Lage der einander benachbarten Stuben, während die seitlich anschliessenden Nebenstuben lediglich über ein Zwillings- bzw. ein Einzelfenster verfügen. Die Schlafkammern im Obergeschoss sind mit axial gesetzten Doppellichtern ausgestattet. In den ursprünglichen Verhältnissen waren die Wohnungen auf der nördlichen Hausrückseite über separate, mit zweiarmigen Steintreppen ausgestatteten Haustüren erschlossen. Zusätzliche Eingänge befanden sich an der Südseite für die innere Wohnung sowie an der östlichen Stirnfront für den äusseren Hausteil (Erschliessungssituation der inneren Wohnung heute verändert).
In wesentlichen Teilen ihren ursprünglichen Charakter bewahrt hat die nach Osten zur Otelfingerstrasse gerichtete Stirnfront. Hier tritt der stattliche, das Ortsbild nachhaltig prägende Charakter des ehemaligen Weinbauernhauses offenkundig zutage. Ein breites, hälftig ins Terrain eingetieftes Korbbogenportal führt in einen grossen, längsgeteilten Gewölbekeller, welcher den gesamten äusseren Hausteil einnimmt. Das zweiflüglige Türblatt ist mit einer kräftigen diagonalen Aufdoppelung versehen und am Scheitel findet sich ein Schlussstein mit dem kunstvoll eingemeisselten Baudatum 1795. Den Kellereingang beschirmt ein kleines, über eine zweiarmige Treppe zugängliches Podest mit dem Hauszugang. Die exzentrisch in die Stirnfront gesetzte Haustür hat sich mitsamt den vergitterten Seitenfenstern in ursprünglicher Form erhalten. Das spätbarock geprägte zweifeldrige Türblatt weist Füllungen mit geschweiften Eckmotiven, Beschlagwerk aus handgeschmiedeten Nägeln sowie Türschloss und Türring wohl ebenfalls aus der Bauzeit auf (nordseitiger Eingang des äusseren Wohnteils in ähnlicher Ausgestaltung). Unregelmässig angeordnete Fensteröffnungen mit verschiedenen Formaten fügen sich zu einem spannungsvollen und dennoch harmonischen Gesamtbild. Der Dachvorsprung ist auf kräftig dimensionierte Flugsparrendreiecke ("Zürivieri") abgestützt, ein regionaltypisches Gestaltungsmerkmal des spätbarocken Bauens. Unter ausladendem Schleppdach schliesst gegen Norden ein schmaler Annexbau an, welcher früher Abort und Schweinestall enthielt (heute Trafostation und Velounterstand). Ein schmaler Durchgang zwischen Hauptgebäude und Annexbau führt von der Strasse her zum rückwärtigen, durch den Annexbau "verborgenen" Hauszugang. Eine ähnliche Konstellation mit Hauptgebäude und abgeschlepptem Annexbau findet sich bei der Nachbarliegenschaft Otelfingerstrasse 1 (Bauinventarobjekt WLO937).
In den ursprünglichen Raumverhältnissen waren die zwei quer zum First geteilten Wohnungen gegengleich disponiert (vgl. Grundrissskizze Bauernhausforschung 1991) [4]. Das südseitige Vorderhaus nahmen jeweils Stube und Nebenstube ein, während sich im Hinterhaus die nebeneinander liegenden Küchen, der abgewinkelte Gang sowie jeweils eine Kammer in den Ecken (später zu Sanitärräumen umgenutzt) befanden. Im Gangbereich führten zwei Innentreppen hinauf ins Obergeschoss, welches die Schlafkammern enthielt. Im äusseren, strassenseitigen Wohnteil ist die horizontale und vertikale Raumgliederung auch nach dem Umbau von 2008/09 noch nachvollziehbar, wogegen der innere Wohnteil 1996/97 vollständig verändert und neu gestaltet wurde. An historischer Ausstattung haben sich im äusseren Wohnteil einfache Felder-Deckentäfer und ein Einbauschrank wohl aus dem ausgehenden 19. Jh. sowie ein brauner Heimatstil-Kachelofen von 1950 erhalten.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar II-27/5.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Materialien 227b2-3.
Anmerkungen:[1] Zur Geschichte von Ötlikon vgl. Witschi 1984, S. 150-151. Zur Entwicklung der Siedlung vgl. Räber 1996, S. 51-53.
[2] Gemeindearchiv Würenlos, Brandassekuranz-Kataster.
[3] Gemeindearchiv Würenlos, Baugesuchsunterlagen.
[4] Ausführliche Darstellung der Verhältnisse vor den Umbauten von 1996/97 und 2008/09 in Räber 1996, S. 330-334.
Literatur:- Peter Witschi, Ortsgeschichte Würenlos, Würenlos 1984.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996.
- Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. VII: Der Bezirk Baden II, Basel 1995, S. 266.
- Ortsgeschichtlich interessante Gebäude in Würenlos, In: Würenloser Blätter 2010, S. 128.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 133.
Quellen:- Gemeindearchiv Würenlos, A39, Gebäudeversicherung: Brandassekuranz-Kataster.
 

Related units of description

Related units of description:siehe auch:
DOK-WLO839.011 Doppelbauernhaus Nr. 183 A/B (= WLO939), Keine Angabe (Dossier (Dokumentationsobjekte))

siehe auch:
DOK-WLO839.016 Otelfingerstrasse 3/5 (= WLO939), 1795 (Dossier (Dokumentationsobjekte))
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=49182
 

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