1. Ausgangslage und strategischer Rahmen
Mit rund 3000 Landwirtschaftsbetrieben ist der Kanton Aargau der fünftgrösste Agrarkanton der Schweiz. Die Aargauer Landwirtschaft trägt mit ihren Ackerkulturen, den Spezialkulturen Gemüse, Obst, Beeren und Reben sowie der Tierhaltung massgebend zur Versorgung der Bevölkerung bei. Gleichzeitig pflegt sie die Kulturlandschaft und leistet einen Beitrag zur Förderung der Biodiversität. In der Strategie Landwirtschaft Aargau 2030 werden die verschiedenen Handlungsfelder zur Förderung und Entwicklung der Aargauer Land- und Ernährungswirtschaft aufgezeigt. Für die landwirtschaftliche Entwicklung ist zudem auch die kantonale Strategie umweltAARGAU relevant.
Raumplanerische Massnahmen der öffentlichen Hand sollen nach Art. 1 Abs. 2 lit. d Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG) unter anderem der Sicherung einer ausreichenden Versorgungsbasis des Landes unterstützen. Die Landwirtschaftszonen dienen dabei der langfristigen Sicherung der Ernährungsbasis des Landes, der Erhaltung der Landschaft und des Erholungsraums oder dem ökologischen Ausgleich und sollen entsprechend ihren verschiedenen Funktionen von Überbauungen weitgehend freigehalten werden (Art. 16 RPG).
Der Anteil des Landwirtschaftsgebiets an der Kantonsfläche beträgt 42 % und umfasst das landwirtschaftliche Kulturland mit den ökologischen Ausgleichsflächen. Im Richtplan wird es unterteilt in Fruchtfolgeflächen (FFF) sowie in das übrige Landwirtschaftsgebiet. Es kann von anderen Richtplaninhalten wie beispielsweise Landschaften von kantonaler Bedeutung (LkB) überlagert werden. Insbesondere die FFF sind als wertvollste Landwirtschaftsflächen dauerhaft zu schützen (Richtplankapitel L 3.1). Der zu sichernde Mindestumfang und die dabei geltenden Grundsätze gibt der Sachplan Fruchtfolgeflächen des Bundes vor. Entsprechend ist bei raumwirksamen Tätigkeiten die Verminderung des Landwirtschaftsgebiets, speziell der FFF, gering zu halten (Richtplankapitel L 3.1 > Planungsgrundsatz B).
Bei der Beurteilung der Zonenkonformität von Bauten und Anlagen in der Landwirtschaftszone gilt Art. 16a RPG. Für Betriebe mit überwiegend bodenunabhängiger Produktion landwirtschaftlicher oder gartenbaulicher Erzeugnisse, die über die innere Aufstockung eines Betriebs hinausgehen, sind gegebenenfalls entwicklungsfähige Betriebsstandorte zu finden und planerisch zu sichern (Richtplankapitel L 3.2). Hierbei gilt übergeordnet das raumplanerische Gebot der räumlichen Konzentration.
Der Erhalt der vielfältigen Bodenfunktionen und insbesondere der Bodenfruchtbarkeit durch die allgemeine Nutzungsplanung gemäss Richtplankapitel L 1.3 ist im Modul Umwelt beschrieben.
Das Ziel der Beitrags- und Aufwertungsgebiete nach Richtplankapitel L 3.4 ist die Förderung des ökologischen Ausgleichs im Landwirtschaftsgebiet. Die Planungsgrundsätze für Projekte zur landwirtschaftlichen Strukturverbesserung sind im Richtplankapitel L 3.3 aufgeführt.
2. Handlungsspielräume für Gemeinden
2.1 Landwirtschaftsgebiet
Das Landwirtschaftsgebiet und die FFF sind im Richtplan festgesetzt (Richtplankapitel L 3.1 > Planungsanweisung 1.1). Die Gemeinden sichern das Landwirtschaftsgebiet mit ihrer Nutzungsplanung, indem sie dieses den Landwirtschaftszonen gemäss Art. 16 RPG zuweisen (Richtplankapitel L 3.1 > Planungsanweisung 1.2). Die FFF sichern sie mit ihren allgemeinen Nutzungsplanungen, indem sie diese den Landwirtschaftszonen oder anderen Zonen mit entsprechenden Vorschriften zuweisen (Richtplankapitel L 3.1 > Planungsanweisung 2.3).
Insbesondere FFF, als hochwertigste Flächen des Kulturlandes, sind im besonderen Masse zu schonen und deren Verlust durch Anlagen und Bauten möglichst gering zu halten. Kann bei raumwirksamen Tätigkeiten eine Verminderung landwirtschaftlicher Flächen nicht vermieden werden, ist eine Interessenabwägung erforderlich. Dabei ist zu prüfen, ob der Flächenbedarf
- höher gestellten Interessen dient,
- auf landwirtschaftlich weniger gut geeigneten Flächen erfüllt werden kann,
- durch Umzonungen, Bodenaufwertungen, Kompensation oder Neuerhebung ausgeglichen oder vermindert werden kann.
Die Ermittlung der im Einzelfall beanspruchten Fruchtfolgeflächen erfolgt gestützt auf die neuesten verfügbaren Datengrundlagen. Planungen oder Vorhaben, die eine Beanspruchung von mehr als 3 ha FFF vorsehen, setzen einen Richtplanbeschluss voraus (Richtplankapitel L 3.1 > Planungsanweisung 2.2). Der Kanton teilt diese gemäss Art. 46 Abs. 3 Raumplanungsverordnung (RPV) dem Bundesamt für Landwirtschaft mit.
Eine räumliche Umlagerung des Siedlungsgebiets gemäss Planungsanweisung 1.2 des Richtplankapitels S 1.2 darf unter anderem zu keiner grösseren Beanspruchung der FFF führen. Einzonung und Auszonung gelten als gleichwertig, wenn sie flächen- und wesensgleich sind. Massgebend für den Wert des Landwirtschaftsgebiets und insbesondere der FFF sind aus agronomischer Sicht Grundstückform und -grösse, Hangneigung, Exposition, Bodenqualität sowie Lage und Erschliessung.
Objekte aus Meliorationsprojekten wie beispielsweise Bachöffnungen oder Hecken können im Rahmen der Gesamtrevision in die allgemeine Nutzungsplanung übernommen und grundeigentümerverbindlich gesichert werden.
Nicht im Kulturlandplan umzusetzen sind ökologische Ausgleichsflächen, die im Rahmen des ökologischen Leistungsnachweises (gemäss Direktzahlungsverordnung des Bundes) oder mittels Vereinbarungen (gemäss § 14 Dekret über den Natur- und Landschaftsschutz [NLD]) angelegt wurden. In begründeten Fällen – insbesondere, wenn das Einverständnis der Grundeigentümerschaft vorliegt – können diese Objekte mittels Kulturlandplan unter Schutz gestellt werden.
2.2 Bestehende landwirtschaftliche Betriebe
Die Revision der allgemeinen Nutzungsplanung ist ein geeigneter Zeitpunkt, die langfristigen betrieblichen Entwicklungsabsichten der Landwirtschaftsbetriebe zu erheben und deren geeignete Zonierung zu überprüfen. Dies gilt insbesondere für landwirtschaftliche Betriebe im Baugebiet, am Bauzonenrand und in schutzwürdigen Gebieten. Zu vermeiden sind Ein- und Umzonungen, die (Immissions-)Konflikte mit landwirtschaftlichen Betrieben nach sich ziehen können oder deren Entwicklungsspielräume einschränken. Aufgrund möglicher Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung sind bei Änderungen der allgemeinen Nutzungsplanung im Einzugsgebiet von Landwirtschaftsbetrieben die Immissionsabstände zu prüfen und zu sichern. Massgebend für die Beurteilung sind die rechtmässig ausgewiesenen Tierplätze der betreffenden Landwirtschaftsbetriebe. Wegleitend dazu sind die Richtlinien nach Anhang 2, Ziffer 512 Luftreinhalte-Verordnung (LRV). Auch weisen Landwirtschaftsbetriebe tierwohl- und witterungsbedingt oft unterschiedliche Betriebszeiten gegenüber üblichen Gewerbenutzungen auf. Ist ein Betrieb innerhalb der Bauzone am richtigen Standort und soll auch künftig an diesem Ort weitergeführt werden, kann eine entsprechende Bestimmung in der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) die Zonenkonformität der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Betriebs planerisch sichern. Dazu sind die zulässigen zonenfremden Nutzungen in den Nutzungsbestimmungen der betroffenen Bauzone explizit aufzuführen.
Bei der Beurteilung der Zonenkonformität von Bauten und Anlagen in der Landwirtschaftszone gelten die Bestimmungen von Art. 16a und Art. 24 ff. RPG sowie das raumplanerische Gebot zur räumlichen Konzentration. In der allgemeinen Nutzungsplanung wird zwischen erwerbsgerichteter Landwirtschaft mit Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital in einem bedeutenden Umfang (sogenannte Landwirtschaftsbetriebe im raumplanungsrechtlichen Sinne) und Freizeitlandwirtschaft unterschieden. Bauten und Anlagen für die Freizeitlandwirtschaft oder für Schrebergärten sind in der Landwirtschaftszone nicht zonenkonform. Auch gewerblich ausgerichtete Gartenbau- und Gartengestaltungsbetriebe sind aufgrund der fehlenden Standortgebundenheit, im Gegensatz zum produzierenden Gartenbau, ausserhalb der Bauzonen nicht zonenkonform. Diese Betriebe (inklusive Umschlagplätze, Depots und Magazine) sind in einer geeigneten Bauzone vorzusehen.
Die planerischen Handlungsspielräume für bestehende Landwirtschaftsbetriebe innerhalb von Landschaftsschutzzonen sind im Modul Landschaft und Landschaftsschutz ausgeführt.
2.3 Speziallandwirtschaftszone und Entwicklungsstandorte Landwirtschaft (ESL)
Für die bodenunabhängige Produktion, die über die innere Aufstockung hinausgeht, ist eine Speziallandwirtschaftszone nach Art. 16a Abs. 3 RPG an einem dafür geeigneten Standort erforderlich. Wegleitend ist hierfür die Arbeitshilfe Speziallandwirtschaftszonen. Standorte künftiger Speziallandwirtschaftszonen haben zum Ziel, die intensivierten betriebsbezogenen Nutzungsmöglichkeiten an einem Ort zu bündeln und so die Auswirkungen auf Umwelt und Landschaft zu minimieren. Solche Standorte müssen hohen raumplanerischen Ansprüchen genügen und bedürfen daher einer umfassenden Standortevaluation nach Planungsanweisung 1.4 des Richtplankapitels L 3.2. Für die Festlegung von Speziallandwirtschaftszonen sind nebst den betrieblichen Bedürfnissen zwingend auch die kantonalen Schutzinteressen zu berücksichtigen (Richtplankapitel L 3.2 > Planungsanweisung 1.5).
Für zukünftige, planungspflichtige, aber noch wenig konkrete Entwicklungsvorhaben der Landwirtschaft können die Gemeinden in der allgemeinen Nutzungsplanung ESL bezeichnen. Dies setzt eine ausführliche Untersuchung im Sinne einer landwirtschaftlichen Planung nach Planungsanweisung 1.4 des Richtplankapitels L 3.2 voraus.
2.4 Abstand zum Kulturland
Der Abstand von Gebäuden gegenüber dem Kulturland bemisst sich grundsätzlich nach § 29 Abs. 1 lit. a Bauverordnung (BauV), sofern die Gemeinde nichts anderes festlegt. Soll eine abweichende kommunale Regelung erlassen werden, sind die rechtlich verbindlichen Schutzwirkungen für das Kulturland zu beachten, die sich aus dem Bundesrecht ergeben. So müssen Bauten und Anlagen in der Bauzone, die in der Landwirtschaftszone nicht zonenkonform sind, so weit von der Kulturlandgrenze zurückversetzt werden, dass ihre Erstellung auf die Landwirtschaftszone keine nennenswerten Auswirkungen mehr hat. Welche Auswirkungen in welchem Ausmass zu erwarten sind, lässt sich grundsätzlich einzig aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilen (konkretes Projekt, Topografie, Art der landwirtschaftlichen Nutzung etc.).
3. Planungsinstrumente
Die Arbeitshilfe Speziallandwirtschaftszonen zeigt auf, welche zwingenden Vorgaben zur Festlegung von Speziallandwirtschaftszonen und ESL gelten, wo im Rahmen der Interessenabwägung Spielraum besteht und welches die Mindestinhalte einer landwirtschaftlichen Planung sind.
Zum nutzungsplanerischen Umgang mit Anlagen und Bauten der Pferdehaltung in der Landwirtschaftszone gibt die Wegleitung Pferd und Raumplanung des Bundesamts für Raumentwicklung Auskunft.
3.1 Umsetzungsbeispiele für die BNO