U9 Energie
Die Energieversorgung im Kanton Aargau ist garantiert, steht aber vor diversen Herausforderungen. Der Endenergieverbrauch pro Person ist rückläufig. Die erneuerbaren Energien, insbesondere Photovoltaik, legen zu, trotzdem sind weitere Anstrengungen nötig, um die Energieziele zu erreichen.
Eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung ist Voraussetzung für den langfristigen Wohlstand. Dies bedingt, dass ausreichend erneuerbare Energie zur Verfügung steht und diese effizient und suffizient genutzt wird, damit der Energieverbrauch pro Person gesenkt wird. Gemäss der kantonalen Energiestrategie "energieAARGAU" (BVU 2015) soll der Energieverbrauch pro Person gegenüber dem Referenzjahr 2000 bis 2035 um 43 % gesenkt werden. Gleichzeitig soll der Anteil fossiler Energie reduziert und allmählich durch Effizienzgewinne und den Zubau erneuerbarer Energien ersetzt werden. Dadurch soll die Versorgungssicherheit erhalten bleiben, auch vor dem Hintergrund reduzierter Kernkraftwerkskapazitäten über die Zeit. Mit seinen Zielvorgaben setzt der Kanton Aargau die Energiestrategie 2050 sowie die Klimapolitik des Bundes anteilig um.
Indikatoren: Endenergieverbrauch pro Person und Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch
Die wirtschaftliche und umweltverträgliche Sicherung der Energieversorgung wird anhand des Endenergieverbrauchs pro Person im Aargau und des Anteils erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch schweizweit gemessen. Der Endenergieverbrauch pro Person soll abnehmen, gleichzeitig soll der Anteil erneuerbarer Energien zunehmen. Der Endenergieverbrauch pro Person im Kanton Aargau wird näherungsweise bestimmt. Mangels kantonaler Daten wurde für die Energieträger Kohle, Holzenergie, Fernwärme, Industrieabfälle sowie die übrigen erneuerbaren Energien (biogene Treibstoffe, Biogas, Sonne, Umweltwärme) der nationale Pro-Kopf-Verbrauchswert gemäss Gesamtenergiestatistik des Bundes übernommen.
Mit dem Indikator wird die direkt konsumierte Energiemenge pro Person berechnet. Der Endenergieverbrauch umfasst den gesamten Verbrauch für Haushalte, Industrie, Dienstleistungen und Verkehr. Nicht berücksichtigt wird die notwendige Energie zur Bereitstellung der Energieträger sowie die sogenannte graue Energie in Importprodukten. Die Daten sind nicht witterungsbereinigt.
Endenergieverbrauch pro Person, Aargau, 2000 - 2023
langfristig (seit 2000) | positiv |
kurzfristig (seit 2020) | positiv |
Der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch umfasst Energien aus Wasserkraft, Sonne, Umweltwärme, Biomasse, Wind, erneuerbaren Anteilen aus Abfall sowie aus Abwasserreinigungsanlagen.
Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch, Schweiz, 2000 - 2023
langfristig (seit 2000) | positiv |
kurzfristig (seit 2020) | unverändert |
Stand 2024
Endenergieverbrauch pro Person nimmt kontinuierlich ab, erneuerbare Energien legen weiter zu, insbesondere die Photovoltaik
Die letzten vier Jahre waren geprägt vom Krieg in der Ukraine, Wetterextremen (Trockenheit, Hochwasser) und schlechter Verfügbarkeit von Strom der französischen Kernkraftwerke. Dies hatte Auswirkungen auf die Energieversorgungssicherheit, weshalb verschiedene Massnahmen beschlossen wurden im Hinblick auf die Wintermonate.
Der Endenergieverbrauch pro Person im Kanton Aargau nahm kontinuierlich ab. Zwischen dem Referenzjahr der kantonalen Energiestrategie 2000 und dem Jahr 2023 betrug die Reduktion rund 32 % (BVU 2024a). Dies deutet darauf hin, dass effizienzsteigernde Effekte (zum Beispiel durch technologische Fortschritte und zunehmende Substitution einzelner Energieträger sowie verschärfte energetische Vorschriften, Förderprogramme und Sensibilisierungsmassnahmen) die verbrauchsfördernden Effekte (Wachstum von Wirtschaft, Bevölkerung, Energiebezugsfläche und Motorfahrzeugbestand) überstiegen.
Die Entwicklung des Endenergieverbrauchs befindet sich auf Zielkurs der kantonalen Energiestrategie. Kurzfristig wird der Endenergieverbrauch insbesondere durch die Witterung und die Konjunkturlage beeinflusst. Längerfristig sind vor allem politische und technologische Rahmenbedingungen relevante Einflussfaktoren (BVU 2024b).
Der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch hat schweizweit von rund 17 % im Jahr 2000 auf gut 28 % im Jahr 2023 zugenommen (BFS 2024). Dabei konnte bei der Umweltwärme die grösste absolute Verbrauchssteigerung verzeichnet werden. Dies ist insbesondere auf den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen beim Heizungsersatz sowie bei Neubauten zurückzuführen (BFE 2023a).
2023 waren 63,3 % der Elektrizitätsproduktion der Schweiz erneuerbaren Ursprungs. Der Beitrag der neuen erneuerbaren Energien, namentlich Solarenergie, Geothermie, Wind, Holz, Biogas und Abfall, betrug knapp 6'800 Gigawattstunden (GWh) oder 10,2 % der gesamten Elektrizitätsproduktion (BFE 2024).
Der Anteil des erneuerbaren Stromverbrauchs am totalen Stromverbrauch im Kanton Aargau nimmt zu und wurde von 54 % im Jahr 2015 auf 69 % im Jahr 2023 erhöht (BVU 2024a). Im Kanton Aargau hat die installierte Leistung bei Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) seit 2012 stark zugenommen. Sie trugen 2023 mit einem Anteil von über 11 % zur gesamten erneuerbaren Stromproduktion des Kantons bei. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Stromproduktion aus PV im Jahr 2023 um über 34 % gestiegen. In den letzten Jahren ebenfalls zugenommen hat die Stromproduktion aus Biomasse/Biogas (inkl. Holz) – dies unter anderem auch dank einem Zubau der erneuerbaren Stromproduktion aus grösseren Holzheizkraftwerken (BVU 2024b). 2023 lag der Anteil des Kantons Aargau an der schweizweiten neuen erneuerbaren Stromproduktion bei 8,6 % (BVU 2024a). Obschon der gesteigerte Anteil des erneuerbaren Energieverbrauchs eine positive Entwicklung hinsichtlich der Dekarbonisierungsziele darstellt, verdeutlicht die Verteilung, wie stark das Energiesystem weiterhin von nicht erneuerbaren Energien abhängig ist. Die fortschreitenden, beschleunigten Investitionen in die Elektrifizierung, Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien sind deshalb von zentraler Bedeutung.
Die Zubaupotenziale für Strom aus Wasserkraft sind unter den aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen gering (BVU 2024b). Das höchste Zubaupotenzial aller erneuerbaren Energien weist die Sonnenenergie auf: allein im Kanton Aargau bietet eine verstärkte Nutzung der Sonnenenergie mittels Photovoltaikanlagen auf Dächern und Fassaden ein sehr grosses und trotz starken Wachstums noch gering ausgeschöpftes Potenzial von jährlich fast 7 Milliarden kWh (7 Terrawattstunden (TWh)) (BFE 2023b). Das Potenzial der Windkraft im Kanton Aargau beträgt nach derzeitigem Stand der Messungen 1,2 TWh pro Jahr (Meteotest 2022). Gemäss aktuellem Planungsstand könnten ab dem Jahr 2028 zwei geplante Windparks (Burg, Lindenberg) jährlich 29 GWh (0,029 TWh) elektrische Energie produzieren (BVU 2024b).
Herausforderungen
- Seit der Erarbeitung der kantonalen Energiestrategie energieAARGAU 2015 haben sich die Rahmenbedingungen verändert und die übergeordneten Ziele auf nationaler Ebene verschärft. Bei der derzeit laufenden Revision der Energiestrategie für den Zeitraum 2025-2035 gilt es, diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen und sie den neuen gesetzlichen Grundlagen anzupassen.
- Mit der Annahme des Stromgesetzes durch die Stimmbevölkerung werden verbindliche Ausbauziele für die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen festgelegt; damit muss das Ausbauziel der kantonalen Energiestrategie mehr als verdoppelt werden, was entsprechende Massnahmen zur Zielerreichung voraussetzt.
- Mit der Annahme des Klima- und Innovationsgesetzes durch die Stimmbevölkerung müssen bei der anstehenden Strategieüberarbeitung auch die neuen gesetzlich verankerten Treibhausgasminderungsziele berücksichtigt werden. Um im Gebäudebereich bis 2050 emissionsfrei zu werden – wie es das Klima- und Innovationsgesetz vorschreibt – müssen alle Öl- und Gasheizungen ersetzt oder mit erneuerbaren Brennstoffen betrieben werden. Dies setzt voraus, dass sich auch im Kanton Aargau die jährliche Austauschrate mehr als verdoppelt.
- Aufgrund der sehr langen Planungs- und Bewilligungsverfahren bei Windenergievorhaben werden die in der Energiestrategie gesetzten Ziele für mittels Windkraft produzierten Strom voraussichtlich nicht erreicht.
- Der Energiebedarf im Winter ist deutlich höher als im Sommer. Der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie, die intermittierende Stromerzeugung erneuerbarer Energien und das fehlende Stromabkommen mit der EU stellen die Stromversorgung insbesondere im Winter vor Herausforderungen.
- Die Energieversorgungssicherheit ist seit dem Jahr 2022 angespannt und bleibt es auf absehbare Zeit. Im Hinblick auf die Energieversorgung im Winter 2022/23 wurden verschiedene Massnahmen beschlossen. Hervorzuheben sind die Einführung der Wasserkraftreserve als zentrales Element der Winterreserve, der Bau und die Inbetriebnahme des temporären Reservegaskraftwerks in Birr sowie die Erhöhung der Kapazitäten im Übertragungsnetz. Künftige Reservekraftwerke sollen mit erneuerbaren Brennstoffen betrieben werden können.
- Der Ausbau der erneuerbaren Stromversorgung und die dezentrale Stromproduktion stellen das Stromnetz vor Herausforderungen. Zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit muss dieses erhalten und weiterentwickelt werden.
- Die volatilen europäischen Grosshandelspreise gefährden die Planbarkeit zukünftiger Erträge, zum Beispiel der Wasserkraft, sodass nur noch die notwendigen Investitionen getätigt werden. Investitionen sind aber zentral dafür, dass die Wasserkraft als Rückgrat der Aargauer Energieversorgung erhalten bleiben kann.
Spotlight Klima
Der Klimawandel ist eine der wichtigsten Herausforderungen, welche ein nachhaltiges Handeln erfordern. Die Spotlights-Klima beleuchten ausgewählte Massnahmen im Zusammenhang mit dem Klimawandel aus Sicht der kantonalen Verwaltung.
Weitere Informationen zum Klimawandel
Solaroffensive Kanton Aargau: Projekte mit grosser Ausstrahlungskraft
Die Solarenergie weist mit Abstand das grösste Potenzial für den Ausbau von erneuerbaren Energien im Kanton Aargau aus. Mit der Solaroffensive sollen im Kanton Aargau Rahmenbedingungen geschaffen und getestet werden, welche dort ansetzen, wo grössere Hindernisse im Zubau von Photovoltaik (PV) festgestellt wurden. Bisher wurden mit der Solaroffensive beispielhafte Projekte mit insgesamt Fr. 250'000.– finanziell unterstützt. Darunter befinden sich auch Agri-PV-Anlagen, welche positive Effekte bei landwirtschaftlichen Erträgen und Forschung erzielen sollen.
Solaranlagen auf Dächern kantonaler Liegenschaften: der Kanton Aargau nimmt seine Vorbildfunktion wahr
Die kantonseigenen Immobilien sollen gemäss der Immobilienstrategie des Kantons Aargau 2021–2029 nachhaltig bewirtschaftet werden. Dazu gehört auch der Einsatz von elektrischen und thermischen Solaranlagen bei kantonseigenen Immobilien. Mit den bis 2023 installierten Solaranlagen werden bereits 1'180 Kilowatt-Peak beziehungsweise 1'120'000 Kilowattstunden Strom pro Jahr produziert.
Verweise
Für das Thema "Energie" relevante SDGs der Agenda 2030
- SDG 7: Bezahlbare und saubere Energie
- SDG 12: Verantwortungsvoller Konsum und Produktion
- SDG 13: Massnahmen zum Klimaschutz
Das Thema "Energie" ist Teil vom Nachhaltigkeitsbericht des Kantons Aargau:
Quellen
Mitarbeit | |
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Referenzen |
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