G4 Sozialer Zusammenhalt
Der soziale Zusammenhalt hat diverse Facetten. Die Beteiligung der Bevölkerung an der institutionellen Freiwilligenarbeit stagniert in den Kantonen der Nordwestschweiz. Die Zufriedenheit der Wohnbevölkerung mit den persönlichen Beziehungen ist auf einem hohen Niveau und entwickelt sich positiv.
Zielrichtung aus Nachhaltigkeitssicht
Ein Gefühl der Verbundenheit mit den Mitmenschen und solidarisches Handeln der einzelnen Gesellschaftsmitglieder sind wesentliche Faktoren für den sozialen Zusammenhalt und das Funktionieren einer Gesellschaft insgesamt.
Sozialer Zusammenhalt bedingt sowohl eine Teilhabe aller sozialen Gruppen am wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Leben als auch einen Austausch innerhalb und zwischen diesen Gruppen. Umgekehrt wird er durch Ungleichheit, beispielsweise in Bezug auf Bildung, Einkommens- oder Chancengerechtigkeit geschwächt.
Der soziale Zusammenhalt wird anhand der Bereitschaft, Freiwilligenarbeit zu leisten, sowie der Zufriedenheit mit den persönlichen Beziehungen gemessen.
Stand Sozialer Zusammenhalt 2020
Der folgende Text beschreibt den Stand der Indikatoren G4.1 (2010–2016) und G4.2 (2007–2018)
Rund 44 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung in der Nordwestschweiz ab 15 Jahren hat 2016 mindestens eine unbezahlte Freiwilligenarbeit (institutionalisierte und/oder informelle) ausgeführt. 21 Prozent engagierten sich für Vereine oder Institutionen und setzten dafür im Schweizer Durchschnitt 12,8 Stunden pro Monat ein. Diese sogenannte institutionalisierte Freiwilligenarbeit ist seit 2010 stabil geblieben. 33 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung in der Nordwestschweiz ab 15 Jahren leistete 2016 informelle Freiwilligenarbeit wie Nachbarschaftshilfe, Kinderbetreuung, Dienstleistungen oder Pflege und Betreuung von Verwandten und Bekannten, die nicht im selben Haushalt leben. Männer engagieren sich häufiger im institutionalisierten, Frauen im informellen Bereich. Bei der institutionalisierten Freiwilligenarbeit dominiert bei den Männern das Engagement in Sportvereinen, Frauen sind eher in sozial-karitativen Organisationen aktiv. Über 53 Prozent der 65 bis 74-Jährigen engagieren sich in der Freiwilligenarbeit. Im Aargau sind es rund 56'000 Personen über 65 Jahre die Grosskinder hüten, Nachbarn helfen, in Vereinen und Organisationen tätig sind oder politische Ämter wahrnehmen. Im Aargau werden so rund 9 Millionen Stunden unbezahlte Arbeit geleistet (SAKE 2017 und BFS 2017b).
Schweizweit hat die Zahl an freiwillig Tätigen seit Ende der 1990er-Jahre in fast jedem Bereich abgenommen. Besonders stark betroffen ist der Einsatz für politische oder öffentliche Ämter. Im Vergleich zu 1997 reduzierte sich 2016 der Anteil der Personen, die Milizarbeit leisten um 73 Prozent (Freitag 2019). Mehr als ein Drittel der Schweizer Gemeinden bekundet erhebliche Schwierigkeiten bei der Besetzung der Gemeindeexekutive. Mit der Rekrutierung von jungen Erwachsenen unter 35 Jahren haben zwei Drittel der befragten Gemeinden besonders grosse Mühe (FH Graubünden 2019).
Neben den Vereinen sind auch Kirchen und private Organisationen wie das Schweizerische Rote Kreuz oder Pro Senectute Aargau, in die Freiwilligenarbeit involviert. In den letzten Jahren sind zahlreiche Initiativen mit Projekten im Asyl- und Flüchtlingsbereich entstanden. Im Aargau haben sich 2019 rund 1'400 Freiwillige im Asyl- und Flüchtlingsbereich engagiert.
Die Zufriedenheit mit den persönlichen Beziehungen ist sowohl im Schweizer Durchschnitt als auch in der Nordwestschweiz hoch. Nur rund 3 Prozent der Befragten gaben 2018 eine niedrige Zufriedenheit mit den persönlichen Beziehungen an. Bezogen auf den Erwerbsstatus zeigt sich, dass schweizweit Rentner und Rentnerinnen überdurchschnittlich, zufrieden sind mit ihren persönlichen Beziehungen, 33,6 Prozent der Aargauerinnen und Aargauer gaben 2017 an von Einsamkeit betroffen zu sein. Dieser Anteil hat sich seit der ersten Erhebung im Jahr 1997 kaum verändert. Besonders häufig von Einsamkeit betroffen sind Frauen (38,4 Prozent), Personen ohne nachobligatorische Schulbildung (43,0 Prozent) sowie 15- bis 39-Jährige (37,5 Prozent) (DGS 2020).
Indikator G4.1: Beteiligung der Bevölkerung an der Freiwilligenarbeit, Nordwestschweiz (Kt. BS, BL, AG)
Der Indikator zeigt den Anteil an der ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren, welcher Freiwilligenarbeit leistet. Das freiwillige solidarische Engagement der Bürgerinnen und Bürger ist Ausdruck ihrer Verbundenheit mit der Gemeinschaft.
Das Engagement der Bevölkerung an der Freiwilligenarbeit soll zunehmen.
Beteiligung der Bevölkerung an der Freiwilligenarbeit, Nordwestschweiz (Kt. BS, BL, AG), 2010–2016
langfristig (seit 2010) | positiv |
kurzfristig | Aussage nicht möglich |
Aktualisierung Daten 2023
Beteiligung der Bevölkerung an der Freiwilligenarbeit, Nordwestschweiz (Kt. BS, BL, AG), 2010–2020
langfristig (seit 2010) | positiv |
kurzfristig | negativ |
Indikator G4.2: Zufriedenheit mit persönlichen Beziehungen, Nordwestschweiz (Kt. BS, BL, AG) und Schweiz
Der Indikator zeigt den Anteil der Wohnbevölkerung ab 16 Jahren mit hoher Zufriedenheit in Bezug auf die persönlichen Beziehungen. Persönliche Beziehungen spiegeln den individuell wahrgenommenen sozialen Zusammenhalt wider.
Der Anteil der zufriedenen Wohnbevölkerung in Bezug auf die persönlichen Beziehungen soll steigen.
Zufriedenheit mit persönlichen Beziehungen, Nordwestschweiz (Kt. BS, BL, AG) und Schweiz, 2007–2018
langfristig (seit 2007) | unverändert |
kurzfristig (seit 2016) | positiv |
Aktualisierung Daten 2023
Zufriedenheit mit persönlichen Beziehungen, Nordwestschweiz (Kt. BS, BL, AG) und Schweiz, 2007–2021
langfristig (seit 2007) | unverändert |
kurzfristig (seit 2016) | unverändert |
Herausforderungen für das Thema Sozialer Zusammenhalt
- Der gesellschaftliche Wandel hin zu mehr Einpersonenhaushalten, kleiner werdenden Familien und Verwandtschaften, grössere geographische Distanzen sowie die verstärkte Erwerbsintegration beider Elternteile erschwert zunehmend die informelle Hilfe bei der Pflege und Betreuung von Angehörigen.
- Steigende Belastungen und Herausforderungen am Arbeitsplatz sowie geänderte Lebensgewohnheiten erfordern flexiblere Formen des freiwilligen Engagements bezüglich der Langfristigkeit und Regelmässigkeit von Verpflichtungen aber auch was den Inhalt der Freiwilligenarbeit betrifft.
- Die Arbeit von Milizpolitikern und -politikerinnen wird gesellschaftlich wenig honoriert und erschwert die Besetzung der Ämter.
- Die demografische Alterung erfordert mehr informelle Hilfe in Form von Pflege und Betreuung von Verwandten und Bekannten. Gleichzeitig nimmt die Mehrfachbelastung der erwerbstätigen Bevölkerung zu.
- Die steigende Lebenserwartung und die sich verändernden Familienstrukturen bedeuten eine Herausforderung für die Generationensolidarität, dies finanziell auf Bundesebene (AHV, Gesundheitskosten etc.), in jeder Gemeinde und für viele Projekte im kleineren Rahmen.
Quellen
Mitarbeit | |
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Referenzen |
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Links |
Für das Thema "Sozialer Zusammenhalt" relevantes SDG der Agenda 2030
Bericht Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau 2020
- Startseite
- Zusammenfassung
- Übersicht der drei Dimensionen
- Ergebnisse SDGs und Themenbereiche
- Aufbau und Konzept
Bericht Nachhaltige Entwicklung 2020 (PDF, 154 Seiten, 9,8 MB)
Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
Der Kanton Aargau trägt gemeinsam mit dem Bund zur Umsetzung der UNO-Agenda 2030 bei.
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