U10 Mobilität
Der Motorisierungsgrad der Aargauer Bevölkerung hat leicht abgenommen, liegt aber nach wie vor über dem Schweizer Durchschnitt. Die öV-Erschliessung im urbanen Raum ist relativ gut. Die Kapazitätsengpässe der Verkehrsinfrastruktur sind eine Herausforderung.
Zielrichtung aus Nachhaltigkeitssicht
Mobilität ist ein grundlegendes Bedürfnis der Menschen und eine zentrale Voraussetzung für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Ein für alle hürdenfrei zugängliches Verkehrssystem garantiert die Erreichbarkeit von Wohnorten, Arbeitsplätzen und Freizeitaktivitäten und ist so auch ein bedeutender Standortfaktor. Die durch Mobilität verursachten negativen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen wie Staustunden, Lärm, Emissionen und Landverbrauch sollen verringert werden. Mit seiner Mobilitätsstrategie "mobilitätAARGAU" strebt der Kanton ein mit der Raumentwicklung abgestimmtes Verkehrsangebot an, das effizient, sicher und umweltfreundlich genutzt werden kann. Ferner soll eine ökonomisch und ökologisch erstellte und betriebene Verkehrsinfrastruktur erhalten werden. Ein funktionierendes Gesamtverkehrssystem bedingt eine bedürfnisgerechte, solid finanzierte und widerstandfähige Infrastruktur.
Die Entwicklung der Mobilität in Richtung Nachhaltigkeit wird anhand des Motorisierungsgrads der Bevölkerung und des Anteils der Bevölkerung in den öV-Güteklassen gemessen.
Stand Mobilität 2020
Der folgende Text beschreibt den Stand der Indikatoren U10.1 (2000–2020) und U10.2 (2017/2019)
Nach einem stetigen Wachstum des Motorisierungsgrads der Aargauer Bevölkerung in der Vergangenheit, hat sich dieser seit 2016 eingependelt und lag 2020 bei 589 Personenwagen pro 1'000 Einwohnende (DFR 2020). In den Aargauer Kernstädten ist der Motorisierungsgrad deutlich kleiner als in ländlichen Entwicklungsräumen (DFR 2020). Nach wie vor liegt der Aargauer Motorisierungsgrad über dem Schweizer Durchschnitt (BFS 2020). Der Motorfahrzeugbestand im Kanton Aargau wächst seit 1975 ständig an und hat 2020 einen neuen Höchststand von 573'210 registrierten Fahrzeugen erreicht (DFR 2020). Auch der durchschnittliche motorisierte Tagesverkehr (gemessen auf den West-Ost-Achsen des Kantons) nahm in den letzten 10 Jahren jährlich um durchschnittlich 1,7 Prozent zu (BVU 2019).
2015 betrug die durchschnittliche Tagesdistanz summiert über alle Verkehrsmittel 39,1 Kilometer. Zwei Drittel davon wurden mit dem MIV (2010: 71 Prozent), 24 Prozent mit dem öV (2010: 20 Prozent) und 7 Prozent zu Fuss oder mit dem Velo (2010: 7 Prozent) zurückgelegt (BVU 2018 / BVU 2013). Damit hat sich der sogenannte Modal Split leicht vom MIV zum öV verlagert, während dem der Fuss- und Veloverkehr auf gleichem Niveau geblieben ist. Für 78 Prozent der Einkaufs- und 61 Prozent der Arbeitswege wurde 2015 das Auto eingesetzt (BVU 2018).
Seit 1994 stieg der Anteil des öffentlichen Verkehrs an der Tagesdistanz von 15 auf 24 Prozent stark an (BVU 2018). Mit ein Grund dafür ist die verbesserte öV-Erschliessung. 2019 wohnte die Hälfte der Aargauer Bevölkerung höchstens 300 Meter von einer Haltestelle mit einem 15-Minuten-Takt Bus oder 30-Minuten-Takt Bahn entfernt (entspricht der Güteklasse C). Dabei ist das öV-Angebot bereits heute differenziert nach Raumtyp: Im urbanen Raum wohnt 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung mindestens in der Güteklasse C. Im ländlichen Raum ist ein grosser Teil der Bevölkerung in der Güteklasse D und E, das heisst maximal 300 Meter entfernt von einer Bushaltestelle mit 30-, beziehungsweise 60-Minuten-Takt Bus. (BVU 2020a).
In den Morgen- und Abendspitzenzeiten stossen das heutige Verkehrsnetz und -angebot auf den Nationalstrassen, den Haupt- sowie Zulaufachsen in die Zentren an ihre Kapazitätsgrenzen. Auch auf der Schiene akzentuieren sich die Infrastrukturengpässe auf der Ost-West-Achse und in Richtung Basel. Engpässe zeichnen sich auch vermehrt an den Bahn- und Bushöfen ab (BVU 2016).
Die Art der Nutzung des Verkehrsangebots ist durch fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung im Umbruch. Diesen Herausforderungen begegnet der Kanton, indem er die Entwicklung und Erprobung von innovativen Mobilitätsformen im Rahmen von Pilotprojekten und Versuchsbetrieben unterstützt (BVU 2020b).
Indikator U10.1: Motorisierungsgrad Aargau
Der Indikator zeigt den Motorisierungsgrad der Bevölkerung und ergibt sich durch die Anzahl registrierter Personenwagen pro 1'000 Einwohnerinnen und Einwohner.
Gemäss kantonaler Mobilitätsstrategie soll der Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) am Gesamtverkehr in fast allen Raumtypen abnehmen (BVU 2016). Der Motorisierungsgrad als Indikator der Mobilität im Individualverkehr soll sinken.
Motorisierungsgrad Aargau, 2000–2020
langfristig (seit 2000) | negativ |
kurzfristig (seit 2016) | unverändert |
Aktualisierung Daten 2023
Motorisierungsgrad Aargau, 2000–2023
langfristig (seit 2000) | negativ |
kurzfristig (seit 2016) | unverändert |
Indikator U10.2: Anteil der Bevölkerung in den öV-Güteklassen A bis C, Aargau
Der Indikator zeigt die Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr (öV) anhand der öV-Güteklassen pro Einwohnerin und Einwohner. Die Güteklassen A bis F hängen von der Erschliessungsqualität einer Haltestelle d.h. vom Verkehrsmittel und vom Kursintervall ab, wobei A eine sehr gute öV-Erschliessung bedeutet. Das Verkehrsangebot und somit auch die Erschliessung nach öV-Güteklassen soll, gemäss kantonaler Mobilitätsstrategie, räumlich differenziert ausgestaltet werden: In Kernstädten, urbanen Entwicklungsräumen, ländlichen Zentren und entlang der ländlichen Entwicklungsachsen wird ein attraktives öV-Angebot angestrebt, in ländlichen Entwicklungsräumen eine bedarfsbezogene Erschliessung (BVU 2016).
Der Indikator Anteil der Bevölkerung in den öV-Güteklassen A bis C soll steigen.
Anteil der Bevölkerung in den öV-Güteklassen A bis C, Aargau, 2017 / 2019
langfristig (seit 2000) | Aussage nicht möglich |
kurzfristig (seit 2017) | unverändert |
Aktualisierung Daten 2023
Anteil der Bevölkerung in den öV-Güteklassen A bis C, Aargau, 2017 / 2019 / 2021
langfristig (seit 2000) | Aussage nicht möglich |
kurzfristig (seit 2017) | unverändert |
Herausforderungen für das Thema Mobilität
- Die überlastete Verkehrsinfrastruktur führt zu unberechenbaren Reisezeiten im MIV und abnehmender Fahrplanstabilität beim öV (BVU 2016).
- Der Bau von neuen Strassen und Schienen bedingt grosse Investitionen mit Folgekosten für den laufenden Betrieb und Unterhalt (BVU 2016).
- Die markante Zunahme der über 64-Jährigen führt zur Erhöhung der Verkehrsleistung dieser Altersgruppe. Zudem kommt es voraussichtlich zu einer weiteren Steigerung des Motorisierungsgrads in dieser Altersgruppe: Bis ins Jahr 2030 sollen 80 Prozent der Seniorinnen und Senioren einen Führerschein besitzen (heute ca. 60 Prozent). Das schlägt sich in einer starken Zunahme der Anzahl Wege mit dem Auto nieder, beim öV ist bei den über 64-Jährigen eine leichte Zunahme zu erwarten (BVU 2016).
- Im Güterverkehr wird eine immer stärker ausgeprägte auftragsorientierte Produktion, verbunden mit einer hohen Variantenvielfalt, vermehrt zu individuellen Anforderungsprofilen führen. Dies erhöht das Wachstum des Strassengüterverkehrs. Auch für den Schienengüterverkehr wird eine Zunahme prognostiziert. Die Entwicklung des Güterverkehrs stellt den Kanton Aargau vor grosse Herausforderungen: Gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft müssen mit einer nachhaltigen Nutzung der Verkehrsinfrastruktur für die gesamte Gesellschaft vereinbart werden (BVU 2016).
- Die Art der Nutzung des Verkehrsangebots steht vor einem Umbruch. Durch den Trend zu modularen Mobilitätslösungen wird die Grenze zwischen öffentlichem und Individualverkehr zusehends verwischt (Stichwort Sammeltaxis, Ridesharing etc.) (BVU, 2016). Dadurch ergeben sich neue Fragen zur zukünftigen Finanzierung des Gesamtverkehrssystems.
- Automatisierung und Digitalisierung führt im Verkehr zunehmend zu neuen Herausforderungen.
Quellen
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Referenzen |
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Für das Thema "Mobilität" relevantes SDG der Agenda 2030
Spotlight Klima
Dekarbonisierung des Verkehrs
"Der Verkehr ist gegenwärtig für den grössten Anteil der totalen Treibhausgasemissionen in der Schweiz verantwortlich (ungefähr ein Drittel, ohne internationalen Flug und Schiffsverkehr; BAFU 2020). Um das vom Kanton Aargau unterstützte Klimaziel des Bundes "Netto-Null" bis 2050 zu erreichen, sind im Verkehr grosse Anstrengungen notwendig. Mit der Mobilitätsstrategie "mobilitätAARGAU" strebt der Kanton ein mit der Raumentwicklung abgestimmtes Verkehrsangebot an, das den Fuss- und Veloverkehr sowie eine gute öV-Erschliessung fördert. Um künftig auf fossile Treibstoffe verzichten zu können, sind alternative Antriebssysteme und eine entsprechende Lade-/Tankinfrastruktur sowohl für den motorisierten Individualverkehr als auch den öffentlichen Busverkehr gefragt. Die Umstellung des Busverkehrs vom Verbrennungsmotor auf alternative Antriebssysteme ist am Anlaufen, dauert aber wegen des Flottenerneuerungszyklus über 10 Jahre."
BVU, Abteilung Verkehr
Der Klimawandel ist eine der wichtigsten Herausforderungen die ein nachhaltiges Handeln fordert. Die Spotlights-Klima beleuchten aktuelle Herausforderungen oder laufende Projekte in Zusammenhang mit dem Klimawandel aus Sicht der kantonalen Verwaltung.
Weitere Informationen zum Klimawandel
Bericht Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau 2020
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Bericht Nachhaltige Entwicklung 2020 (PDF, 154 Seiten, 9,8 MB)
Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
Der Kanton Aargau trägt gemeinsam mit dem Bund zur Umsetzung der UNO-Agenda 2030 bei.
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