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Neobiota

Neobiota in Gewässern

Nahaufnahme eines Höckerflohkrebses
Patrick Steinmann, AWEL ZH

Es gibt eine ganze Reihe von gebietsfremden Arten, welche in den Aargauer Gewässern bereits verbreitet sind. Für einige gebietsfremde Arten muss eine Einschleppung in naher Zukunft befürchtet werden, sofern keine geeigneten Gegenmassnahmen getroffen werden. Besonders der Hallwilersee und die grossen Flüsse sind im Aargau von der Einwanderung invasiver Arten betroffen.

Gebietsfremde Arten (Neobiota), die sich stark vermehren und ökologische und/oder ökonomische Schäden verursachen, werden als "invasiv" bezeichnet. Viele diese gebietsfremden Arten in unseren Gewässern stammen aus der Gegend des Schwarzen Meeres oder des Kaspischen Meeres (pontokaspischer Raum). Einige kommen aber auch aus Asien oder Nordamerika. Sie werden durch die Schifffahrt aus Übersee oder über die Binnenschifffahrtskanäle, über den Freizeitbootsverkehr, Gütertransport und absichtliches oder unabsichtliches Freilassen (zum Beispiel aus Aquarien) verbreitet.

Der Kanton Aargau organisiert seit 2020 Massnahmen zum Schutz des Hallwilersees vor der Einschleppung der Quaggamuschel und weiteren invasiven, gebietsfremden Organismen. Informationen dazu finden sie unter Neobiota Schutzmassnahmen für den Hallwilersee.

Artenportraits aquatischer Neobiota

Quaggamuschel

Quaggamuscheln können beispielsweise Bojen komplett bewachsen. © Sylvie Flämig, m|u|t

Herkunft und Verbreitung

Die Quaggamuschel "Dreissena rostriformis bugensis" ist eine Süsswassermuschel aus dem Schwarzmeerraum. 2015 wurde sie das erste Mal in der Schweiz nachgewiesen. Sie pflanzt sich bereits ab einer Wassertemperatur von fünf Grad Celsius fort und kann sich somit ganzjährig vermehren. Die Quaggamuschel besiedelt sowohl Seen als auch Fliessgewässer, indem sie als an Booten, Wassersportgeräten und Tauchausrüstung mitreist. Sie wurde bislang schon in einigen grossen Schweizer Seen nachgewiesen, zum Beispiel im Bieler-, Boden- und Genfersee. Wenn sie erst einmal ein Gewässer erreicht hat, ist sie nicht mehr einzudämmen und es entstehen grosse Schäden an der Infrastruktur und im Ökosystem. Die Quaggamuschel dringt in grössere Tiefen vor als die ebenfalls invasive Zebramuschel "Dreissena polymorpha". Sie erreicht somit Rohre und Filter für die Trinkwassergewinnung, die sie besiedelt und verstopft.

Drei Muscheln auf rotem Huntergrund. In der Mitte ist die Zebramuschel, die in der Schweiz schon weit verbreitet ist. Sie ist grösser und kantiger Oben und unten ist die leicht zu verwechselnde invasive Quaggamuschel.
In der Mitte ist die Zebramuschel, die in der Schweiz schon weit verbreitet ist. Oben und unten ist die leicht zu verwechselnde invasive Quaggamuschel. © Eawag, Linda Haltiner

Problematik und Umgang

Beispiele aus dem Ausland (USA, EU) zeigen, dass die Quaggamuschel grosse Schäden anrichten kann. Sie beschädigt Infrastruktur, unter anderem an Hafenanlagen oder durch das Verstopfen von Rohren und Filtern in Trink- und Kühlwasseranlagen. Dies verursacht Kosten in Millionenhöhe. Grosse Schäden entstehen auch in den Gewässer-Ökosystemen und Nahrungsketten, da grosse Bestände von Quaggamuscheln dem Gewässer massenhaft Algen entziehen können. Dadurch verändern sie die Verfügbarkeit von Nahrung für Planktontiere, beispielsweise für Wasserflöhe. Diese sind wiederum wichtig für Fische, die sich von ihnen ernähren. Dies hat auch einen direkten negativen Einfluss auf die Fangquoten in der Berufs- und Angelfischerei. Weiter konkurrieren die Quaggamuscheln mit einheimischen Muscheln oder Wirbellosen und verändern damit die Artenzusammensetzung. Schliesslich stört die Muschel auch, wenn sie in der Flachwasserzone an Badestränden oder an Booten wächst.

Mehr Infos

Quagga-Muschel sicher bestimmen, PH Karlsruhe, 2007 (PDF, 1 Seite, 322 KB)

Flohkrebse

Grosse Höckerflohkrebse "Dikerogammarus villosus" auf einem Stein. © Patrick Steinmann, Stein am Rhein

Herkunft und Verbreitung

Der grosse Höckerflohkrebs "Dikerogammarus villosus" ist einer der Vertreter aus dem Pontokaspischen Raum, der europaweit als invasiv in Erscheinung tritt. Er kommt bereits seit einigen Jahren in Aargauer Gewässern vor. Er wanderte wahrscheinlich mittels Ballastwasser in Frachtschiffen die Donau hinauf und konnte sich über die verbundenen Schifffahrtswege rasch in den Rhein ausbreiten. In der Schweiz wurden zunächst viele nicht zusammenhängende Vorkommen beobachtet. Dies unterstützt die Vermutung, dass Boote, Wassersportgeräte oder auch ausgeleertes Aquariumswasser eine Rolle bei der Verbreitung spielt.

Granataugen-Flohkrebs "Gammarus ischnus". © HYDRA, P. Rey

Problematik und Umgang

Seit wenigen Jahren ist eine zweite noch weniger weit verbreitete Flohkrebs-Art in den Fokus gerückt – der Granataugen-Flohkrebs "Gammarus ischnus". Er stammt ebenfalls aus der Region des Kaspischen und des Schwarzen Meeres. Beide Flohkrebse sind räuberische Allesfresser (andere Kleintiere, Insektenlarven, Fischeier). In der Limmat wurde ein dramatischer Rückgang in der Anzahl Individuen und in der Vielfalt der wirbellosen Tiere, insbesondere Eintags- und Köcherfliegenlarven, am Gewässergrund festgestellt. Als eine der Hauptursachen wird ein Zusammenspiel beider Flohkrebsarten vermutet. Um die weitere Verbreitung der invasiven Flohkrebse einzudämmen, läuft die Kampagne in mehreren Kantonen. Wichtig ist es, Boote, Sportgeräte und Tauchausrüstungen gründlich zu kontrollieren, zu waschen und trocknen zu lassen, bevor man in ein neues Gewässer geht.

Rotwangen-Schmuckschildkröte

Herkunft und Verbreitung

Die Rotwangen-Schmuckschildkröte "Trachemys scripta elegans", ursprünglich in Nordamerika beheimatet, hat als beliebtes Haustier ihren Weg in die Schweiz gefunden. Die Haltung dieser Wasserschildkröte bringt erhebliche Herausforderungen mit sich, da sie viel Platz benötigt und ein stattliches Alter von bis zu 50 Jahren erreichen kann. Infolgedessen wurden zahlreiche Schildkröten illegal in die freie Natur freigesetzt, was ökologische Probleme verursachen kann.

Schildkröte schwimmt in grünlichem Wasser. Auf den Wangen sind rot-orange Flecken, welche zeigen, dass es sich umd eine Rotwangen-Schmuckschildkröte handelt. Der Rückenpanzer hat zudem eine geometrische Musterung in Braun- und Gelbtönen..
Rotwangen-Schmuckschildkröte im Wasser. © Kanton Aargau

Problematik und Umgang

Als Allerfresser ernähren sich Rotwangen-Schmuckschildkröten unter anderem von Insektenlarven und Laich von einheimischen Amphibien. Sie können dadurch Schäden an der Biodiversität in Gewässerökosystemen verursachen. Seit 2008 gilt für die Rotwangen-Schmuckschildkröte ein Umgangsverbot gemäss Freisetzungsverordnung (FrSV). Aufgrund des Umgangsverbots ist der Handel mit und das Halten von Schmuckschildkröten verboten. Auffangstationen, die Rotwangen-Schmuckschildkröten halten wollen, können beim Bundesamt für Umwelt eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 15 Abs. 2 FrSV beantragen. Halter, die noch aus der Zeit vor Inkrafttreten der FrSV 2008 im Besitz einer Rotwangen-Schmuckschildkröte sind, müssen diese an eine bewilligte Auffangstation abtreten, können nach Abschluss eines Gebrauchsleihvertrages die Schildkröte aber weiter bei sich halten. Mehr Informationen dazu und eine Liste der bewilligten Auffangstationen sind auf der Seite des BAFU zu finden.

Es ist verboten, Rotwangen-Schmuckschildkröten in die Natur auszusetzen. Wenn Sie sich nicht mehr um Ihr Haustier kümmern können, wenden Sie sich an eine Auffangstation oder einen Tierarzt.

Schmalrohr / Afrikanische Wasserpest

Herkunft und Verbreitung

"Lagarosiphon major" ist eine Wasserpflanze stammt ursprünglich aus dem Süden Afrikas, von wo aus sie bereits zu Beginn des 20. Jahrhundert nach Europa gebracht wurde. Sie wird gerne als Zierpflanze in Aquarien gezüchtet und oft unter dem Namen "Elodea crispa" vermarktet. Es wird vermutet, dass sie durch das "Entleeren" von Aquarien in die Schweizer Seen kam, wo sie sich nun rasch ausbreitet. Grosse Seen mit ruhigem Wasser und besonders auch Häfen oder Teiche bieten dem Schmalrohr ideale Bedingungen. In der Schweiz sind der Lago Maggiore und der Genfersee besonders stark besiedelt. Bereits kleine Teile des Stängels können erneut wurzeln und wachsen. Boote und Wassersportausrüstung, an denen Pflanzenteile haften und in ein neues Gewässer transportiert werden, stellen daher ein grosses Risiko für die weitere Verbreitung dar.

Problematik und Umgang

Das Schmalrohr verringert die Wasserqualität, reduziert die Wasserzirkulation und beeinträchtigt die Schifffahrt, Freizeitnutzung sowie viele einheimische Arten. Die Bestände breiten sich schnell aus und bilden dichte, undurchdringliche Teppiche. Diese lassen weder Raum noch Licht übrig für einheimische Wasserpflanzen. Dadurch verarmt die Artenvielfalt längerfristig im Gewässer. Der hohe Sauerstoffverbrauch der Pflanze und Anstieg des pH-Wertes reduziert zudem die Wasserqualität und verkleinert den Lebensraum vieler Fisch- und Amphibienarten. Für die Schiffahrt und Freizeitaktivitäten (Kanufahren, Angeln, Schwimmen etc.) bedeutet ein starker Schmalrohrbestand Stauungen und Schlammablagerungen sowie einen unangenehmen Fäulnis-Geruch.
Der direkte Umgang mit "Lagarosiphon major" in der Umwelt ist gemäss Art. 15 Abs. 2 in Verbindung mit dem Anhang 2.1 Freisetzungsverordnung (FrSV, SR 814.911) verboten. Das Schmalrohr ist zudem auf der Liste der verbotenen invasiven Arten der Europäischen Union. Wichtig ist es, der weiteren Verschleppung entgegenzuwirken. Freizeitgeräte und Boote sollten nach jedem Verlassen eines Gewässers auf Pflanzenteile kontrolliert und gereinigt werden. Beim Kauf eines Aquariums oder weiterer Wasserpflanzen sollte auf alternative, nicht invasive Art ausgewichen werden.

Weitere invasive Neobiota

Weitere Tiere finden sie auf der Themenseite zu invasiven Neozoen.

Weitere Pflanzen finden sie auf der Themenseite zu invasiven Neophyten.